Abteilung IV. — Abteilung V.
der große, fast quadratische Bau des Leoni das
(3. Jahrhundert v. Chr.), mit peristyler ionischer
Halle umgeben und mit einem dorischen Innenhof,
vermutlich das Absteigequartier vornehmer Fest
gäste. Vielfache Veränderungen des Innern haben
die ursprüngliche Anlage ganz verwischt. Nördlich
davon liegt eine Gruppe von Gebäuden, das He-
roon, der Theokoleon und die byzantinische
Kirche. Das erste ist ein Bau mit einem runden
Altar eines Heros, im Aufbau unbekannt; das
zweite das Priesterwohnhaus, ursprünglich acht
Räume um einen fein gegliederten quadratischen
Hof gruppiert, später erweitert und verändert durch
An- und Zubauten (sog. römisches Haus). Das
dritte Gebäude ist auf den Resten eines antiken
Baues, vielleicht eines Tempels aus dem 6. Jahr
hundert, errichtet als christliche Kirche nach dem
Untergang des Heiligtums. Der schmale antike
Bau südlich davon ist nicht zu deuten.
Nördlich dieser Gruppe liegt die große Pa-
lästra und das Gymnasion, die Vorbereitungs
stätten für die olympischen Kämpfer. Hier fanden
die Übungen statt für alle, die an den Wettspielen
teilnehmen wollten. Die Palästra ist ein geschlos
senes Hofgebäude mit kleinen und großen Sälen für
die Faust- und Ringkämpfe und sonstigen Unterricht.
Das Gymnasion enthielt den großen Spielplatz,
und eine zweischiffige Osthalle für Wettläufe bei
schlechtem Wetter. Ein reizender Torbau mit
korinthischen Formen bildete den Eingang dazu.
Gegenüber lag an der Nordwestecke der Altis
das Prytaneion, der Platz, wo die Sieger be
wirtet wurden. Doch sind nur dürftige Funda
mente erhalten. Noch ist der zierliche dorische
Rundtempel zu erwähnen, den nach älteren Vor
bildern Philippus II. von Mazedonien nach der
Schlacht von Chaironea (338 v. Chr.) als Denk
mal seiner Familie im griechischen Nationalheilig
tum aufzustellen sich vermaß. Endlich noch das
späteste Gebäude: das von Herodes Attikus
und seiner Gemahlin Regilla gegen 160 n. Chr.
erbaute Nymphäum, zur Erinnerung an die von
ihm angelegte Trink Wasserleitung. Die Exhedra
(halbrunder Platz) war mit einer Halbkuppel über
deckt und von zwei kleinen Rundtempelchen flan
kiert, in denen die Statuen der Stifter standen.
Tafel 68. Verschiedene griechische Ge
bäudearten. Propyläen sind Torbauten. Für
den griechischen Tortypus ist stets charakteristisch,
daß die eigentliche Türwand sich innerhalb einer
seitlich geschlossenen Vor- und Hinterhalle be
findet. (Der Grundriß der Propyläen von Sunion ist
demgemäß noch mit einer mittleren Türwand zu
ergänzen.) Das Motiv dieser beiden Hallen wird an
den Propyläen zu Athen, denen die eleusinischen
nachgebildet sind, dadurch gesteigert, daß in die
Mittelwand statt einer Öffnung fünf Türen gelegt
und die Außenhalle durch Einstellung von zwei
inneren Säulenreihen zu einem dreischiffigen Vor
saal erweitert wurde. Die Fassade war eine prostyle
Halle mit Giebel. Eine analoge Anordnung zeigt
auch das Tor von Priene, dessen Hallen von ioni
schen Säulen getragen wurden (vgl. Tafel 64).
Zu den griechischen Theatern vgl. Tafel 65.
Die Vereinigung von Theater und Hippodrom in
Pessinunt in Kleinasien ist eine römische Schöpfung.
Das Gymnasion zu Ephesus ist ebenfalls eine
römische Anlage. Bei der Besprechung der römischen
Thermen lernen wir den Typus genauer kennen.
Vitruvs Beschreibung vom griechischen
Wohnhaus trifft nur für spätgriechische und be
sonders reiche Anlagen zu, dagegen nicht für das
eigentliche griechische Wohnhaus der klassischen
Zeit. Dieses war stets ein Haus mit einem Hof,
an dem ein Hauptwohnraum (oecus) mit Vorraum
und etwaige Nebenräume lagen. Im Stadthaus
gruppieren sich die Räume eng zusammen, der
Hof wird zur alleinigen Lichtquelle. Erst im 2. Jahr
hundert v. Chr. wird dieser Hof, vielleicht auf Anre
gung von Ägypten aus, zum Peristyl, d. h. zum Säu
lenhof. Die Scheidung der verschiedenen Elemente;
Tor, Haupt- und Nebengebäude, verschwindet dabei
ganz. Das Haus wird zur architektonischen Ein
heit. Daß bei reichen Anlagen eine Verdoppelung
des Typus vorkam, ist wahrscheinlich, aber nicht
erwiesen. Die Einzelheiten der Zeichnung auf un
serer Tafel beruhen also ganz auf Annahme.
Abteilung V. Römische Baukunst.
Zeitabschnitte der römischen (itali sehen) Baukunst:
Zeit der Etrusker: 6.-3. Jahrhundert v. Chr.
Römische Republik: 510 — 30 v. Chr.
Zeit des Augustus: 30 v. Chr. bis 14 n. Chr.
Von Tiberius bis Trajan (das 1. Jahrhundert n. Chr.)
14—117.
Von Hadrian bis Alex. Severus (das 2. Jahrhundert
n. Chr.) 117-235.
Das 3. Jahrhundert bis Constantin 235—330 n. Chr.
Tafell. Fig.l—2. EtruskischeGräber. Hügel
oder Tumulusgräber: Die ursprüngliche Form des
über dem Toten aufgeschütteten Erdhügels wird mo
numental gesteigert zu einem großen kegelförmigen
Hügel. Eine niedrige Sockelmauer umgibt den Erdbau,
in dessen Mitte sich meist die Grabkammer befindet.
Fig. 3 u. 4. Sogenanntes Horatier- und Cura-
tiergrab bei Albano, eine späthellenistische Schöpf
ung, von altetruskischen Vorbildern ausgehend.
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