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III. Bauperiode.
Vierzehntes Kapitel.
Uebernahme des Finanzministeriums und der Eisenbahnverwaltung durch Staatsrat v. Sigl.
Die besprochenen Aenderungen in der Organisation und in dem Personaldienst war voll
zogen, als die Leitung des Finanzministeriums und mit ihr die Verwaltung der Eisenbahnen provi
sorisch in die Hände des Staatsrats v. Sigl überging.
Von dem neuen Departementschef wurden in früherer Weise, wenn auch weniger per
sönlich, die Geschäfte weitergeleitet.
Wenigstens wurden die Einzel Verfügungen weniger durch den Minister selbst behandelt;
sie blieben mehr den Referenten und Vorständen der Abteilungen anvertraut, welche dadurch mehr
Einfluss und Befugnisse erlangten. Ausserdem wurden Aenderungen im Personalstande beider
Kollegien eingeführt: Direktor v. Schwarz übernahm die Leitung der Postverwaltung, Oberbaurat
v. Klein wurde zum Direktor, Vorstand der Eisenbahnbaukommission, ernannt und ferner wurden
dem damaligen Vorstande der Eisenbahndirektion, Oberfinanzrat v. Dillenius, etwas weitgehende
Einräumungen bezüglich seiner Befugnisse zugestanden. Ueberall hat Staatsrat v. Sigl der Förderung
des Eisenbahnbaues und Betriebes seine eifrigste Fürsorge gewidmet und eine von ihm erdachte
Erweiterung des bestehenden Eisenbahnnetzes in gemeinschaftlicher Sitzung der Kollegien der
Eisenbahnbaukommission und der Eisenbahndirektion zur Beratung gestellt; sie erhielt daselbst die
Zustimmung dieser Kollegien, nicht aber auch jene des Königl. Geheimenrats und infolgedessen
auch nicht die allerhöchste Genehmigung.
Wie erstmals von Minister v. Knapp wurden jetzt von Staatsrat v. Sigl die dem Gesetze
vom Jahre 1858 entsprechenden Bahnen zur Durchführung geleitet. Soweit dieselben der ständi
schen Verabschiedung ermangelten, wurde dieselbe durch ihn eingeleitet, und zwar durch einen
den Ständen des Königreichs vorgelegten Gesetzentwurf vom Jahre 1864.
Durch einen mit der grossherzogl. badischen Regierung abgeschlossenen Nachtragsvertrag
erlitt dieser Vertrag später eine Aenderung, indem Württemberg die Bahnstrecke Jagstfeld—Neckarelz
an Baden abtrat, dagegen die Erbauung von Jagstfeld-Osterburken übernahm. Deshalb wurde im
Jahre 1864 die erstgenannte Vorlage von der Regierung aus den Kammern zurückgezogen und
in vorstehendem Sinne und mit einigen Erweiterungen im Jahre 1865 aufs neue vorgelegt, wobei
zu bemerken ist, dass die v. Siglsche Vorlage vom Jahre 1864 die Bahnen
1) Heilbronn—Neckarelz,
2) Mühlen—Rottweil,
3) Heilbronn—Hall,
4) Goldshöfe—Ellwangen—Krailsheim
umfasst hatte.
Die ersten Vorbereitungen über den Bau der Bahnen in den nordöstlichen Landestcilen
waren jetzt getroffen.
Die Bahn Heilbronn—Hall—Hessenthal—Krailsheim war durch die vorbesprochenen Auf
nahmeprojekte und Beschlüsse über dieselben im wesentlichen festgestellt; die Leitung der dortigen
technischen Arbeiten war dem Oberbaurat v. Gaab auf seinen Wunsch abgenommen und an den
Bauinspektor Abel übertragen.
Derselbe, welcher über einige Zeit dem Oberbaurat zur Unterstützung zugeteilt war und
einen grösseren Teil der Arbeiten schon kennen gelernt hatte, erhielt den Auftrag zu deren Detail
bearbeitung von Heilbronn bis Krailsheim nach der Richtung über Weinsberg—Oehringen—Wester
nach—Hall—Hessenthal—Ilshofen—Vellberg und Eckartshausen.