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I"V_ Bauperiode.
Neuntes Kapitel.
Pforzheim—Wildbad.
Technischer Referent: Abel; Administrativreferent: Grundier; Bauzeit: 1865 —1868.
Hatten sich bis zum Jahre 1865, in welchem das Gesetz über Erbauung weiterer Eisen
bahnen eingebracht wurde, die Segnungen dieses Verkehrsmittels in verschiedenen Landesteilen, nicht
aber auch in das Innere des Schwarzwaldes verbreitet, so erschien jetzt selbst die Erbauung der oben
besprochenen Bahnen von Zuffenhausen nach Calw, und von hier nach Horb und Pforzheim als
eine nur vorläufige und nicht genügende Abfindung für die Bewohner des Schwarzwaldes.
So wurde dieser Umstand, in Verbindung mit den Bedürfnissen der Heilquelle des Wild
bads, dem dortigen Holzreichtum und der dortigen Holzindustrie die Ursache, dass die Bahn Pforz
heim—Wildbad ebenfalls in jenem Gesetz vom Jahre 1865 mit der Bestimmung aufgenommen war,
zur Ausführung gestellt zu werden.
Die Bearbeitung des generellen Projektes wurde dem Baurat Abel zugeschieden. Von
Pforzheim ausgehend und südwestliche Richtung einhaltend, wurde sie von Birkenfeld an, immer
auf württembergischem Gebiet, und zwar im Oberamt Neuenbürg, derart geplant, dass dieser Ober
amtsstadt und einer Anzahl von Holzstapelplätzen Haltestationen sich anlagerten, wobei die viel
gekrümmte, von der Strasse beengte Enz und diese Strasse viele Korrektionen zu erfahren hatten,
welche die Bahn ziemlich teuer gestalteten. Billigere Erbauung wäre nur mittels Erbauung einer
Sekundärbahn möglich und um deswillen angezeigt gewesen, weil der vorliegende Schwarzwald
irgend welche westliche oder südwestliche Fortsetzung unthunlich erscheinen lässt.
Erbauung von Sekundärbahnen war aber um jene Zeit, wie bekannt, nicht als zulässig
erkannt und so kamen die Formen der Vollbahnen mit Steigungen von 1:100 bis 1:80 zur An
wendung und zur höchsten Genehmigung. Die Detailbearbeitung und Ausführung der Enzbahn
war einem Bahnbauamt Neuenbürg mit Bauinspektor Herrmann und dem Hochbauamt Heilbronn
mit Bauinspektor Schurr übertragen.
In dem Buntsandstein, Granit und Gneis wurde überall solides Bauland und brauchbarstes
Baumaterial aufgeschlossen.
Nicht besonders billig und noch weniger einladend für Bauten der Zukunft waren die
Erfahrungen, die auf dieser Bahn mit Grossakkorden gemacht wurden. Wissenschaftlich gebildete
und praktisch erfahrene Unternehmer waren es, die mit den nötigen Mitteln den Akkord über
nahmen, aber erheblichen Schaden erlitten, nachdem sie in den Gesamtakkord eingetreten waren,
an dessen Deckung nach längerem Hader und Prozess aber auch der Staat mit beträchtlichen
Summen teilzunehmen hatte. Also auch hier musste und zwar in grösserem Umfange die Königl.
Eisenbahnverwaltung die Erfahrung machen, wie schwer es für Private ist, bei besten Eigenschaften
grosse Unternehmungen in solider Weise durchzuführen. Es lässt sich nicht ermitteln, welcher
Teil des Mehraufwandes über den Ueberschlagsbetrag hinaus dem System des Grossakkords, und
welcher anderen Umständen angehört.
Doch geht so viel auch aus der Abwickelung dieses Bahnbaues hervor, dass Grossakkorde
für die bezügliche Bauverwaltung allzuviele Unliebsamkeiten, Streitigkeiten und Mehrausgaben mit
sich bringen, als denselben irgend nützlich sein, sich empfehlen könnte, und dass insbesondere dann
nachteilige Folgen zu gewärtigen sind, wenn die Akkorde auf mehr summarische als detaillierte
Einzelbestimmungen und Einzelpreise eingerichtet sind und vollzogen werden.
Vollendet wurde die Bahn und eröffnet unterm 11. Juni 1868. Der grossenteils in das
Urgebirge gelegte und aus dessen Steinen hergestellte Bahnkörper hat sich überall in bestem Zu
stande in all seinen Teilen erhalten. Die Längen- und übrigen Verhältnisse der Bahn Pforzheim—
Wildbad sind hiernach verzeichnet: