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Nachdem noch in einer Konferenz zwischen Oberbaurat Etzel mit den grossherzoglichen
Oberbauräten Sauerbeck und Keller die beiderseitigen Wünsche und Bedürfnisse und sonst alle ein
schlägigen Verhältnisse in Erwägung gekommen und zum Ausdruck gebracht waren, wurde von
der Königl. württembergischen Regierung auf den Bau durch das Metterthal verzichtet und nunmehr
der Staatsvertrag über die heute bestehende Bahn abgeschlossen, höchsten Orts genehmigt, und hierauf
die definitive Projektbearbeitung der Bahn mit der Brücke bei Bietigheim in Bearbeitung genommen.
Nunmehr erforderte die Fertigung dieses Projektes der Brücke über die Enz bei Bietigheim
von ihren Oberingenieuren viele Mühen und Sorgen, namentlich auch deshalb, weil von vornherein nur
Steinpfeiler mit hölzernen Brückenträgern angenommen waren, welche nicht sowohl ihrer erstmaligen
Herstellung, als vielmehr eventueller Erneuerung wegen zu vielen Bedenken Anlass gaben! Die Er
neuerung der tragenden Holzteile auf Höhe von ioo Fuss während des Betriebs und nach Umständen
die Auswechselung des gesamten Oberbaues sind Eventualitäten, welche der umsichtige Techniker des
Baues nicht unbeachtet lassen durfte. Es sah auch Etzel sich veranlasst, an Stelle des Holzbaues den
Steinbau, nämlich steinerne Gewölbe über den Steinpfeilern mit Sprengbogen auf Widerlagerhöhe zu
beantragen. Die massigeren Kosten und die geringere Last der Brücke mit Holzüberbau hatten bei
deren Bearbeitung veranlasst, ihre Dimensionen möglichst leicht (mit kühnen Bauformen) zu entwerfen,
um die Kostenvermehrung möglichst nieder zu halten, welche Konstruktion von anderen Technikern
wiederum beanstandet, als nicht hinreichend tragfähig erklärt wurde. Nachweise genügender Stabilität
wurden durch diese Beanstandungen nötig und führten dazu, eine Reihe ausgeführter auswärtiger Brücken
konstruktionen zu sammeln und aufzuzeichnen, Festigkeitsproben des Steinmaterials aus der Umgebung
wie aus ganz Württemberg vorzunehmen und Stabilitätsrechnungen über die Brückenteile anzustellen.
Mit dem also gewonnenen Beweismaterial für Zulänglichkeit der projektierten Brücken
dimensionen gelang es Etzel, den Antrag auf Erbauung einer steinernen Brücke mit Halbkreisbogen
form und eingesprengtem Flachbogen bei seiner württembergischen Baubehörde zur Annahme zu
bringen, nachdem durch spezielle Bearbeitung von Plänen und Ueberschlägen die Baukosten
beträge festgestellt waren. Diese Kosten der für den 1000 Fuss langen, ioo—iio Fuss hohen
Viadukt waren eingerechnet und zwar für den Fall der Ausführung mit Steinpfeilern und hölzernem
einfachen oder doppelten Holzoberbau zu 340000—430000 Gulden; mit Steinpfeilern und steinernen
Halbkreisbogen, mit oder ohne Verspannungsgewölben zu 610000—680000 Gulden. Andere Fragen
z. B. über die Anlegung einer Station für eine Abzweigung nach Pforzheim, ferner über die Ueber-
schreitung der Wasserscheide mit oder ohne Tunnel (bei Oelbronn) waren zum Teil im Verkehr
und Zusammenwirken mit den schon genannten Oberbauräten Sauerbeck und Keller nach dem
Etzelschen Plane zum Au»trag gekommen. Mit Ablauf des Jahres 1851 waren die der Feststellung
der Bahn Bietigheim—badische Landesgrenze entgegenstehenden Hindernisse gehoben. Das generelle
Projekt über den Bietigheimer Viadukt war fertiggestellt, dasjenige über die Westbahnlinie über
haupt vollendet, die Einsprache der Stände gegen Erbauung der Bahn ohne Abschluss eines Staats
vertrags war beseitigt, nachdem ein solcher unterm 4. Dezember 1851 abgeschlossen und von
dem Könige genehmigt war. Von der in die Nähe des Eckenweiher Hofs zurückgelenkten Bahn
konnte bei Mühlacker nach Pforzheim abgezweigt werden, wie vereinbart war. Schon am 31. März
1851 hatte der König der auf jetzt zu 5 900000 Gulden Baukosten berechneten Bahn seine Zustim
mung erteilt, und es wurden für die Detailbearbeitung drei Bauämter, nämlich:
1) Bietigheim mit Bauinspektor Bekh,
2) Maulbronn „ „ Schlierholz,
3) Bruchsal „ „ Pressei, und wurde
4) zugleich ein Hochbauamt Bruchsal mit Bauinspektor Spindler bestellt.
Im Anschluss an die generellen Pläne und Voranschläge gelangten die spezifizierten Plätte et£.
wie auch die Bauarbeiten ohne erhebliche Anstände zur Vollendung, so dass die Bahn am 27. September
1853 in Betrieb gestellt werden konnte. Nur eine Störung in den Baugeschäften trat ein, welche
als ungewöhnlich hier ausführlicher erwähnt zu werden verdient. Wie in Württemberg in mehreren