Full text: China

Die historische Entwicklung der Chinesen bis zur Neuzeit (1800) gß 
Dagegen gibt, es eine ungemein umfangreiche, einheimische, histo 
rische Literatur, die die eigene Geschichte des Landes bis auf die 
ältesten Zeiten rückwärts darstellt, und zum Teil, wie das Buch 
Yükung, eine monumentale Sachlichkeit besitzt, wie sie der frühen 
historischen Überlieferung der meisten abendländischen Völker nicht 
zu eigen zu sein pflegt. Insbesondere gibt es für die geschichtsnäheren 
Zeiten weitläufige offizielle Annalen einzelner Dynastien der letzten 
zwei Jahrtausende, die aufgebaut sind auf bestem Urkundenmaterial. 
Um so vertrauenerweckender, als diese Annalen j edesmal im Auftrag der 
nachfolgenden Dynastien über die vorhergehende geschrieben werden, 
also jedenfalls ohne höfische Liebedienerei gegenüber den betreffenden 
Herrscherpersönlichkeiten, von denen die Rede ist. So sind zuletzt die 
Annalen der Mmg-Dynastie im Auftrag der Mandschu geschrieben 
worden, und jetzt schreibt die Republik die der Mandschu-Periode. 
Freilich sind die Originalwerke dieser historischen Literatur nur 
erhalten bis zum Jahre 213 v. Chr. rückwärts. In diesem Jahre er 
folgte die ungeheuerliche Bücherverbrennung, mit der Schihwangti, 
der Schöpfer der Großen Mauer von China, einen Grenzwall auch für 
die Entwicklung des chinesischen Schrifttums gezogen hat (vgl. S. 106). 
Eine sehr reiche und alte Literatur scheint damals in der Tat bis auf 
wenige Reste vernichtet worden zu sein und wurde erst später aus 
dem Gedächtnis wieder rekonstruiert. Natürlich sind dadurch diese 
letzteren, über jene Zeit hinausdatierten Schriften in ihrem histori 
schen Werte stark beeinträchtigt. Um so mehr, als hier der den 
Chinesen zu alter Zeit eigenen Hang zur Verherrlichung der Vergangen 
heit ein besonderer Spielraum eröffnet worden war. Gesteigert noch 
durch den Grundzug aller chinesischen geschichtlichen Literatur, die 
Geschehnisse nicht um ihrer selbst willen aufzuzeichnen, sondern um 
durch das erhabene Beispiel des Altertums auf die Mitwelt moralisch 
einzuwirken. 
Selbständige europäische Kenntnis chinesischer Entwicklung setzt 
erst mit Marco Polo im Kreuzzugszeitalter ein. Sie fließt reicher 
erst aus den Berichten der Jesuitenmissionare seit dem 17. Jahrhun 
dert und erwächst aus wirklicher näherer politischer Verflechtung mit 
dem Abendland erst seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts. 
b) Die Anfänge des chinesischen Volks. 
Herkunft und älteste erkennbare Sitze. 
Bei einer so uralten und trotzdem noch lebendigen Kultur wie der 
chinesischen interessieren gerade die Anfänge den Geographen doppelt 
wegen ihrer starken Erd Verbundenheit.
	        
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