Full text: China

Die Grenzen 
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halb so groß wie Ceylon ist. Die unter dem Wendekreise der Küste 
ebenfalls vorgelagerte, fast gleichgroße Insel Formosa ist seit der 
Niederlage Chinas im japanisch-chinesischen Kriege von 1895/96 ja 
panischer Besitz geworden, ebenso wie die von dort sich nach 
Japan hinüberschwingende Girlande der Liukiu-Inseln. Das Meer 
nördlich von der Formosa- oder Fokien- Straße bis gegen Korea 
nennen die Chinesen Tunghai, die „Ostsee“. 
Diese Küste ist vorwiegend felsig, und zwar herrscht fast überall 
der Granit, der in breitem Bande den Küstenbogen begleitet. 1 ) 
Er gibt ihr mit seinen jäh emporsteigenden Piks, wie der Inselfels 
von Hongkong, oder mit seinem, für den Granit so charakteristi 
schen wilden und phantasischen, teilweise vom Meere umspülten 
Blockgetrümmer, wie es die Umgebung von Amoy zeigt, das ab 
wechslungsreiche und vielfach landschaftlich sehr fesselnde Gepräge. 
Der Küstenbogen schneidet das Gebirgssystem Südchinas, den Rost 
paralleler, von Südwest nach Nordost streichender Bergketten, unter 
verschiedenen Winkeln ab. Die Folge davon und von einer seitdem 
eingetretenen positiven Strandverschiebung, einem Eindringen des 
Meeres in das Land, ist die, daß die Küste im einzelnen eine typische 
sog. Riasbildung zeigt, wie etwa die kleinasiatische amÄgäischen 
Meere. D. h. die einzelnen Bergzüge springen fingerförmig in die See 
vor; in die Täler dazwischen greift das Meer landwärts hinein. Eine 
Fülle von Inseln, Fortsetzungen des Felsgerüstes, ist, wie im Ägäischen 
Meere, dem Festlande vorgelagert, und im Innern der Buchten 
münden, wie in Kleinasien, Flüsse, deren Talkorridore einen Zugang 
in das Innere gewähren. Diese Gestaltung der Küste, mit ihren 
schützenden Vorgebirgen, ihren Hafenbuchten, mit ihrem noch weiter 
hinaus lockenden Schärengürtel von Inseln und Inselchen, ist un- 
gemein geeignet zur Erziehung zur Schiffahrt. In der Tat treibt auch 
die Bewohnerschaft dieser Küstengegenden seit unvordenklichen 
Zeiten eine solche. 
Hier liegt, fast genau unter dem Wendekreis, Kanton, das seit 
etwa 2000 Jahren ein Haupteintrittstor des Fremdhandels in China, 
zeitweilig das einzige, gewesen ist. Hier lag das mittelalterliche 
Zayton (wahrscheinlich Tsuantschou unweit Futschou), das nach dem 
vielgereisten Ibn Batuta der größte Hafen der Welt war und von 
wo aus Marco Polo 1292 mit einer chinesischen Staatsflotte nach 
Persien reiste. Hier reihen sich die ersten Vertragshäfen aneinander, 
deren Öffnung für den Auslandsverkehr die Engländer 1842 im 
1) S. die geologische Karte in Tiessen, China.
	        
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