Full text: China

Das Chaos 
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Bis auch er in der letzten Entscheidungszeit sich an den Kämpfen um 
die Einigung Chinas maßgebend beteiligte. 
Zeitweilig im Vordergrund stand auch Marschall Suntschuanfang, 
der sich zum Herrn der reichen und für den Europäer wichtigen Ge 
biete am unteren Yangtsekiang gemacht hatte, besonders der Provinz 
Kiangsu mit dem Hafen Schanghai, der stärksten Geldquelle des Lan 
des. Ein sehr gewandter, kultivierter Mann, an den Umgang mit den 
Fremden und ihre Anschauungen gewöhnt und doch auch, wie alle, 
mit Betonung ein Verfechter der Unabhängigkeit Chinas. 
Ein ganz ungeheures Ansehen im neuen China genoß und genießt be 
sonders jetzt der vorher schon geschilderte Kantonese Dr. Sunyatsen. 
Er ist nach seinem Tode 1925 — wohl nicht ohne propagandistische 
Absicht — von seinen Anhängern vollständig zu einem Nationalheros 
ähnlich wie Lenin in Rußland gemacht worden; ja seine Verehrung 
hat geradezu etwas Religiöses bekommen. In seiner chinesischen 
Lebensbeschreibung (s. S. 211 Anm. 1) wird er immer nur „der Herr“ 
genannt, und in allen öffentlichen Schulen wird die Wochenarbeit mit 
einer Verlesung seiner Hauptgrundsätze begonnen. Von unserer Feme 
aus gesehen macht er bei seinen Lebzeiten einen so alles überragenden 
Eindruck nicht. Zwar ist er der Vater der Revolution gewesen; aber 
in der weiteren Entwicklung dieser ist die Leitung doch seinen Händen 
stark entglitten. Er bleibt bis zu seinem Ende mehr ein Agitator als 
erfolgreicher Politiker oder Heerführer. Sein Leben verfließt in äußer 
ster Unruhe. Bald ist er in China, bald wieder im Auslande; bald ist 
er ein in Opposition zu Peking gewählter „Präsident“ Chinas, bald 
ebensolcher „Oberbefehlshaber aller Truppen“, bald ist er wieder ver 
jagt und im Exil. Schon unter Yüanschihkais Präsidentenschaft stiftet 
er 1913 eine Erhebung gegen dessen von ihm selbst unterstützte Zen 
tralregierung an, die sog. zweite Revolution; später die dritte, vierte 
usw. Zeitweilig ist er unbedingter Herr in Kanton und verändert in 
diesen Jahren recht gewaltsam die alte Stadt baulich in modernem 
Sinne. Von hier aus versucht er 1922 eine erneute Erhebung des 
Südens gegen den Norden; sie mißlingt wieder; er wird aus Kanton 
vertrieben, um 1923 wieder dorthin zurückzukehren und aufs neue 
als Oberbefehlshaber einen erfolglosen Feldzug zur Bewältigung der 
chinesischen Wirren zu unternehmen. Dazwischen veröffentlicht er 
unablässig Proklamationen und Bücher und hält Vorträge, um das 
Volk mit seinen modernen und liberalen Ideen zu durchdringen und 
es zum Nationalitätsbewußtsein zu erziehen. 
Sein bedeutendstes Werk ist die Schaffung und Organisierung der 
Kuomintang-Partei, die von ihm 1912 auf der Grundlage seiner frü
	        

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