Zweiter Abschnitt.
Vom 16. bis ins 19. Jabrkundert.
ie erste Blütezeit der deutschen Städte fällt in das Mittelalter, mit dem 16. Jahrhun
dert war der Höhepunkt erreicht, von da an begann eine Periode des Stillstands oder
Diedergangs, bis dann das 19. Jahrhundert einen neuen raschen Huffchwung des
Städtewesens brachte. Dur Residenzstädte haben auch während jenes Zeitraums ein
gewisses Wachstum zu verzeichnen, dank dem Verkehr und der Rrwerbsgelegenheit, die ein Hof
mit sich brachte. Huch die Wohlfahrt unserer Stadt, besonders der Handwerkerbevölkerung,
war durchaus von der Hnwefenheit des Hofes abhängig; wenn er mit feinen zahlreichen Be
diensteten und Beamten wegzog, stockte das ganze Erwerbsleben (vgl. oben S. 34). Datürlich
bedeutete die Däbe des fürsten auch eine Beschränkung in der Verwaltung der städtischen Hn-
gelegenheiten ; die Besetzung der städtischen Hemter konnte ohne oder gar gegen den Willen des
Herzogs nicht vorgenommen werden. 6s mußte dem Herzog besonders daran gelegen sein,
daß die ihm genehmen Persönlichkeiten in die Hemter berufen wurden, wenn er wollte, daß
die Verwaltung seiner Residenz in feinem Sinne geführt werde. Ein maßgebender Einfluß auf
die städtischen Hngelegenbeiten stand ihm schon dadurch zu, daß an der Spitze der Stadt ein
herzoglicher Beamter stand: der Vogt.
Per Vogt wird vom Herzog ernannt und führt sein Hmt, so lange es dem Herzog
beliebt, der ihn absetzen oder in einer anderen Stellung verwenden kann; oft führt er sein Hmt
auf Lebenszeit, ünter den Stadtvögten treffen wir manche Hdelige, unter den Bürgerlichen teils
Einheimische, teils Huswärtige; die Vorbildung hatten sie sich in herzoglichen Diensten geholt,
einer war auch Doktor der Medizin. Der Vogt war sowohl staatlicher als städtischer Beamter;
in der Eigenschaft als Beamter der Stadt hatte er bei seinem Hmtsantritt dem ältesten Richter
den Diensteid zu leisten. Hls Staatsbeamter ist er expeditionsrat des Herzogs: die Verord
nungen der Regierung gehen an ihn, der für ihre Husführung Sorge zu tragen hat; die an
den Herzog gerichteten Hnliegen der Stadt gehen ebenfalls durch seine Hände. Er überwacht
als Vertrauensmann der Regierung die Mahlen zu den städtischen Hemtern, nimmt den Ge
wählten den Diensteid ab und übt die Kontrolle der städtischen Organe und ihrer Verwaltung
aus. Deben der staatlichen Hufsicht über die gesamte Verwaltung der Stadt hat der Vogt
eine umfangreiche richterliche Tätigkeit: er führt den Vorsitz im Stadtgericht. Hl$ Leiter der
Beratungen über Stadtangelegenheiten stand seiner Person ein großer Einfluß auf den Gang
der Verhandlungen zu. Wir haben auch Dachrichten, daß einzelne Vögte ihre mächtige
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