Full text: Geschichte der Stadt Stuttgart

Tom 16. bis ins 19. Jahrhundert 
batte denn der reichere Spital, der auch für das Seelbaus den ffleblbedarf liefern mußte, einzuspringen 
und das Defizit zu decken; so war es nur natürlich, wenn im Jahre >813 das Siechenhaus und der 
Spital in finanzieller Hinsicht vereinigt wurden. Schon früher waren Siechenhaus und Seelbaus ver 
bunden worden. Hlle diese drei Anstalten gingen also im ,y. Jahrhundert in dem Spital, dem 
Bürgerfpital, auf, der jetzt dem Stiftungsrat — 6emeinderat und Geistlichen — unterstellt wurde. 
Jm Jahre 1572 entstand aus Anlaß einer Seuche ein weiteres Krankenhaus durch Bei 
träge des Herzogs, der Landschaft und der Bürger: das Lazarett in der Sßlingervorstadt an 
der nach ihm benannten Gaffe. Die Anstalt wurde vom Herzog dem Magistrat übergeben, der 
damit die Verpflichtung übernahm, für ihre Unterhaltung Sorge zu tragen. Seit Gründung des 
neuen Katharinenhospitals (1820) hat man das Lazarett nicht mehr für Kranke benutzt. 
Die Fürsorge für die Armen erforderte noch weiter die Aufmerksamkeit des Magistrats. 
Jn schlechten Zeiten, besonders in Kriegszeiten, wurden häufig Klagen über das Ueberband- 
nebmen des Bettels laut. Um diesen Klagen abzuhelfen, mußte die Stadtverwaltung scharfe 
Maßnahmen gegen den Bettel ergreifen; andererseits mußte sie das Almosenwesen selbst regeln, 
um wirklich bedürftige Arme der Stadt nicht notleiden zu lassen. Das Almosensammeln der 
Armen wurde eingeschränkt, nur wer die obrigkeitliche Erlaubnis in Gestalt einer Bettelmarke 
besaß, durfte in den Häusern herumgehen. Dafür wanderten allwöchentlich Mitglieder des Magi 
strats durch die Stadt, um das öffentliche Almosen einzuziehen. 
Außerdem wurden Stiftungen zu gunften der Armen und notleidenden gemacht und vom 
Magistrat verwaltet. Diese Stiftungen, unter dem Damen des „gemeinen Almosens" von zwei 
Almosenpflegern verwaltet, wurden im Jahre 1536 von Herzog Ulrich aus dem eingezogenen 
Kirchengut erheblich vermehrt und in dem sogenannten Armenkasten vereinigt. Dach Einfüh 
rung der Keformation wurden die Güter und Einkünfte der Kirche vom Herzog eingezogen. 
Die Anficht der Keformatoren, ;. B. Melanchthons, war, daß diese Mittel zur Unterhaltung von 
Kirche und Schule, und was übrig bleibe, zur Unterstützung der Armen verwendet werden solle. 
So schenkte denn im Jahre 1536 Herzog Ulrich folgende kirchliche Einkünfte dem Vogt, Gericht 
und Kat der Stadt: Das Einkommen der Heiligen von St. Bernhard, St. Urban, der Kirchen 
von Heslach, Berg und 6ablenberg, zusammen 246 Pfund Heller 4 Schilling 5 Heller; das 
Einkommen zweier Pfründen mit zusammen 80 Gulden; die Einkünfte der kleineren Laien 
bruderschaften im Betrag von 102 Pfund Heller 2 Schilling, das der großen Salvereginabruder 
schaft mit 197 Pfund 15 Schilling nebst 400 Scheffel Getreide und vier Eimer Klein; weiter 
vom Einkommen der Stiftskirche 70 Pfund, vom Bebenhäuserhof 30 Pfund ,6 Schilling; dazu 
kam das jährliche fürstliche Almosen mit 40 Pfund und ein Viertel des Ertrags von dem 
gestifteten Hof zu fellbach mit 20 Scheffeln Dinkel. Zusammen betrugen die überwiesenen Ein 
künfte 570 2 / 3 Gulden, 430 Scheffel frucht und 4 Eimer Klein. Die für den evangelischen 
Gottesdienst entbehrlichen Meßgewänder und Gefälle sollten ebenfalls zu gunften der Armen ver 
wendet, die älteren verschenkt, die neuen, wertvollen verkauft und der Ertrag dem Armenkasten 
einverleibt werden. Der Armenkasten wurde Besitzer sämtlicher Kirchen und friedhofe der Stadt* 
und der Vororte; als Schulgebäude wurde ihm das ehemalige Beguinenhaus zwischen der Stadt 
und der Hohen Krähen, am platze des späteren Eberhard Cudwigsgpmnafiums, zum Eigentum 
übergeben. Als weitere Einkünfte wurden ihm die Abgaben für das Begräbnis innerhalb der 
Kirchen und das Kirchenopfer beim Abendmahl und bei Hochzeiten und Kaufen zugewiesen. Seit 
der Reformation gingen Sonntags nach dem Gottesdienst die sogenannten Glockleinsträger auf 
den Gaffen umher und sammelten Geldbeiträge für die Armen, unter der Woche wurden in 
Butten auch Daturalbeiträge entgegengenommen. 
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