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Erster Abschnitt.
Stuttgart im JVftttelalter, in der 0rafenzeit.
ie Hnfängc. 3m weiten Deckartal blühte das früh zur Reichsstadt gewordene
Gelingen kräftig auf, war der alte Römer- und 6augericbtsort Cannstatt ein ver
kehrsreicher platj an mehreren Hauptstraßen, als im engen Seitental des Defenbachs
erst eine einzige Niederlassung, ein „Stutengarten“, ein herrschaftlicher foblenhof, sich
befand. Dach den alten Chronisten wäre dieser von Kaiser Ottos des Ersten Sohn Liudolf,
den sein Vater 950 zum Herzog von Schwaben einsetzte, erbaut worden. Dieselben Chroniken
reden dann von badischen Markgrafen als Befitjern des Gestüts und Gründern eines Mohn-
orts dabei, sowie von einem Speirer Domherrn Bruno als Erbauer des Schlosses Stuttgart über
einem riesigen Meinkeller. Es ist möglich, daß diese Erinnerungen auf das Calwer Grafen
baus zurückgehen, dessen Rechtsnachfolger in der mittleren Deckar- und der Murrgegend die
Markgrafen von Baden gewesen find, und das einen Geistlichen Bruno zu feinen Ungehörigen
zählte, ünd nicht unwahrscheinlich lautet jene Keller- und Schloßgründung in einem Cal, von
dem die ältesten urkundlichen Dachrichten fast nur solche über Eigentum und Ertrag von Mein
bergen find: 1229 Besitz des Klosters Bebenhaufen in Stuttgart und Cunzhofen, zwischen der
untern Mönchhalde und der (üolframshalde, 1250 und 1263 Meinberge des Klosters Sirnau am
Berg Steinibus, 1259 Meinberge des Klosters Pfullingen. Mo aber starker Meinbau ist, da
müssen auch Kleingärtner angesiedelt sein, und so mag um die alte Burg her schon lange vor
der ersten Dennung von Stuttgart und Cunzhofen 1229, Berg 1241, Steinehaus 1250, Meißen
burg 1263 ein allmählich zur Stadt auswachsender Meiler Stutgarten bestanden haben. Huch
die Markgrafen von Baden als Besitzer im Cale find keineswegs bloß sagenhaft: als Graf
(Brich und Gräfin Mechthilde von Mirternberg 1259 Meinberge des Clariffenklofters Pfullingen
in Stuttgart von allen Hbgaben befreiten, genehmigte Markgraf Rudolf von Baden als Ober
eigentümer die Schenkung den Donnen.
So ist es denn nicht unwahrscheinlich, daß Stuttgart mit seinen Zubehörden an das Haus
Württemberg durch die eben genannte Mechthilde, Cochter des badischen Markgrafen Hermann V,
gekommen ist, als Graf (Brich I, mit dem Daumen (1241—65) sie als feine erste Gemahlin heim
führte. Diesen Ulrich sehen wir 1263 apud Wizeburc, auf der Meißenburg über Stuttgart, ur
kunden, woraus vielleicht zu schließen ist, daß er noch keine wohnliche Burg in Stuttgart selbst
besaß. Doch Graf (Brich II (1265—1279) wird unter 17 urkundlichen Dachweifen feines Hufent-
baltes nie als in Stuttgart weilend aufgeführt. Dagegen nannte sich ein Dienftmannengefchlecbt,
wie solche auch in Cunzhofen und Berg saßen, 1270 bis 1305, in welchem 3abr der Herrenhof