«z- ßesdncbte der Stadt
eine Druckerpresse, dieses ^auptwerkjeug der Rnbabnung einer neuen Zeit, befindet sich
in der 6rafenftadt 1483, wahrscheinlich die des Konrad fpner von 6erbaufen bei Blaubeuren,
der seit 1480 in Urach gedruckt batte und wobl 6raf 6berbard im Bart von da nach Stutt
gart gefolgt war. Seine Druckerei ging, wie es scheint, an den Stuttgarter Jobannes Hug
über, stellte aber schon i486 die Hrbeit ein. 1503 taucht der Dame eines Druckers Lien hart auf;
1522 und 23 druckt Hans Sporer (Johannes von Erfurt) einiges, wegen dessen ihn die Regie
rung „abschafft“; und erst 1597 erhält die Stadt einen ständigen Drucker.
Jn die Kunstgeschichte dieses Zeitraums, die von den schwäbischen Reichsstädten so viel
und jum Ceil höchst Bedeutendes zu berichten weiß, hat auch ein Stuttgarter seinen Damen für
immer eingetragen: Albrecht Georg oder Hberlin Jörg, den wir „als den eigentlichen Gründer
einer württembergiseben Bauschule zu bezeichnen haben", und der auch als Bildhauer genannt
werden darf. Er hat in den Jahren 1443—1492 den Umbau der Stiftskirche begonnen, die
Leonhards- und Spitalkirche erbaut, weiter im Lande herum die Stadtkirchen in Balingen,
Bietigheim, Klildberg, Cannstatt und Markgröningen, die Kirchen von Aidlingen, Münchingen,
Dettingen unter Leck und wohl noch mebreres andere.
Lebensweise und Sitte. Die Schwaben galten noch im 16. Jahrhundert für den leich
testen, wohllebendsten unter den deutschen Stämmen, Klenn der Klein, der an Stuttgarts flöhen
wuchs, und von dem das Scherzwort ging: die Stadt müßte in Klein ersaufen, wenn man die
Crauben nicht ablesen würde — wenn dieser Klein wobl größtenteils hier getrunken worden
ist, wenn es selbst in den Kanzleien Suppen-, Schlaf- und Untertränke gab, jeder neu ein
tretende Gemeinderat auf das Rathaus einen silbernen Becher zu stiften hatte, so werden Mäßig
keit und Dücbternheit, die Voraussetzungen eines geordneten gesitteten Volkslebens, nicht zu den
hervorleuchtenden Eigenschaften der alten Stuttgarter gehört haben. Das Vorhandensein zweier
frauenbäufer in der kleinen Residenz, beide „oben in der Stadt nahe bei der Mauer in der
Gaisgaß", die dem Heiligen jährlich ein Pfund und der Herrschaft 3 Gulden zinsten, teilt Stutt
gart mit allen Städten des Mittelalters.
Schließen wir diesen Abschnitt mit einem Kulturbild edler Art. Am Ausgang unseres
Zeitraums und noch in den nächsten hinein beherbergte Stuttgart einen Bildungsträger aller
ersten Rangs: den großen Gelehrten Johannes Reuchlin von Pforzheim (1455 — 1522). Jn
seinem weltberühmten Streit mit den Dominikanern hat er den Damen unserer Stadt überallhin
bekannt gemacht, aber auch zuvor schon eine sehr beachtenswerte Klirksamkeit hier ausgeübt.
Dem Grafen Eberhard im Bart, der ihn ,483 von Cübingen nach Stuttgart brachte, bat er als
Rat und Gesandter, wie im Hofgericht, welches damals abwechselnd in Cübingen und Stuttgart
gehalten wurde, die besten Dienste geleistet; den Dominikanern, die ihm hernach so schnöde ver
galten, war er ein uneigennütziger Anwalt; aber auch Bürgern hat er seine Rechts- und
Geschäftskunde treulich zugute kommen lassen, wie er es in der Vorrede zu seiner hebräischen
Grammatik selber beschreibt: jeden Cag kommen Leute zu ihm, welche nicht etwa über klassische
fragen, sondern über Holz- oder Klegrechte, Abtritte, Pfützen und andere Händel alltäglichster
Art Auskunft verlangen und denen er in echtem Schwäbisch Bescheid zu erteilen habe. Der
große Humanist hatte sich ein Haus beim Stift, die spätere Stiftsprädihatur, zunächst bei der
herrschaftlichen Kelter (jetzt wahrscheinlich Stiftstraße 10), erworben und wohnte darin mit seiner
vielleicht von Ditzingen stammenden Gattin, die ihm wenige Jahre im Cod voranging und
gleich ihm ihre Ruhestatt in der St. Leonhardskirche gefunden hat (nicht in der Spitalkirche,
an welcher nur Reucblins voraus gefertigtes Grabmal angebracht ist, aus der Zeit, da er noch
frieden mit den Dominikanern hatte).
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