Geschichte der Stadt
nebst Patenen, und über 100 Meßgewänder mit Goldstickerei — machte man einen Hrmen-
kasten, dessen Einkünfte wie die Opfer über die Kirchen- und Schulkosten hinaus den Hrmen
zukommen sollten. Der lateinische Schulmeister ffl. Alexander flßärklin (Marcoleon), ein Domini
kaner, der Glaubens halber nach Eßlingen hatte gehen müssen, wurde zurückgerufen, und die
deutsche Schule in ein besseres fokal verlegt; das Dominikanerkloster erhielt die Stadt zu
einem Bürgerfpital zur „Unterhaltung sowohl armer dürftiger Leut als auch anderer verpfän
deter Personen“.
Die durchgreifende Veränderung in Kirche und Staat, auch in der Gemeinde, sofern 1537
der Herzog von sich aus Rat und Gericht der Stadt erneuerte, fing kaum an sich zu befestigen,
als ein lang gefürchteter Religionskrieg, der sogenannte Schmalkaldische, wieder alles, auch das
fortbestehen des Hauses Württemberg, in frage stellte. Jm Dezember 1546 verließ Ulrich Stutt
gart und begab sich in seine alte Zuflucht Hohentwiel. Die Hauptstadt unterwarf sich dem
kaiserlicken Heerführer Herzog Alba und mußte fast 5 Jahre lang eine spanische Besatzung dulden.
Der Herzog konnte nur, nachdem er vor dem Kaiser in Heilbronn eine Hrt fußfall getan, in
seine Residenz zurückkehren. Jn den Kirchen wurde ein Mittelding zwischen alter und neuer
Religion bis zur Berufung einer allgemeinen Kirchenversammlung, das verpönte Interim, ein
geführt. Hber eben jetzt sollte für das vielgeprüfte Land eine neue Zeit heraufziehen. Ulrich
schloß am 6. Dovember 1550 zu Cübingen sein bewegtes Leben und hinterließ feinem 35 Jahre
alten Sohn Christoph das nach allen Seiten schwierige, einzig durch die Liebe des Volks er
leichterte Merk einer Landesverwaltung, deren Segnungen bis heute nicht aufgehört haben sich
fühlbar zu macken.
Christoph (geboren zu Urach 12. Mai 1515), war ganz in der fremde aufgewachsen, in
Stuttgart kaum mehr als zweimal vorübergehend, 1534 und 1542, gewesen; fortan als Regent
hat er, wiewohl auch an andern Orten nicht wenig bauend, die Stadt, für die der Vater fast
nichts hatte tun können und vielleicht auch nicht wollen, zum Ueil über feine Kräfte bevorzugt.
Er ließ ,553 ff. durch den Stuttgarter Meister Cretfch die mittelalterliche Burg feiner Väter zu
einem großen Renaissancesckloß umbauen, errichtete 1555 im Lustgarten ein Lusthaus (das später,
im Unterschied von dem Beerfchen des Herzogs Ludwig, sogenannte alte oder kleine Lusthaus
an der planie), legte 1559 eine stattliche Orangerie an, errichtete 1560 einen neuen fflarstall
(jetziges Medizinalkollegium), erweiterte 1566 die Kanzlei beim Schloß und baute ein Zeug- und
Bindhaus, falken- und Jägerhaus, sowie den Bauhof, alles im Curnieracker, neue Stadttore
u. s. f. Verehrt und geliebt im ganzen Reich wurde der überall vermittelnde, ratende und
helfende fürst in seiner Residenz, bei Kindstaufen, Hochzeiten, großem Schützenfest und sonst, viel
besuckt, wiederholt auck. 155b und ,562, von dem ihm nahe befreundeten König Maximilian.
Immer aber sah den trefflicken fürsten seine Hauptstadt von treuen, bedeutenden Ratgebern für
die Anordnungen in Staat und Recht, wie für die Neuordnung in Kirche und Schule umgeben.
Der (Ueilderstädter Johannes Brenz, der schon dem Herzog Ulrich wirksam gedient hatte und von
Christoph zur höchsten kirchlichen Würde des Landes erhoben wurde, indem er ihm 1553 die
Propstei an der jetzt evangelischen Stiftskirche übertrug, war ein in der ganzen protestantischen
Welt hochgeachteter Cbeologe und Kirchenmann. Der Jurist Kaspar CUild, aus einer Vaibinger
familie, erwarb sich dauernde Verdienste um die Verbesserung des Candrechts, wie um die geist
liche Verfassung des Herzogtums, insbesondere die Erhaltung des Kirchenguts. Gleich tüchtige
Männer waren der Kanzler Johann feßler von Stuttgart, der Vizekanzler Hieronymus Gerhard,
der vielverschickte Diplomat Eißlinger, die Räte Knoder und Bertfchin. Einen „unermüdet
fleißigen, geschäftsgewandten Kabinetchef“ hatte der fürst an dem Kammersekretär franz Kurz
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