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Diarium Paul Hektar Mairs von 1560—1563
*Jacob Wideman wird selb 6 gefangen und hergefüert
M 547 b. Auf den ... tag october ist der Jacob Wideman zü Schongaw
im Bayrlandt selb 6, darunder 2 edelleit, gefangen worden*.
1. Widemann hatte sich nach seinem Entweichen aus Haldenwang <s. S. 86,
Anm. 5, S. 88, Anm. 1) zunächst nach Höchstett gewandt, um sich mit anderen
Kleideru zn versehen, war dann, in einem Fasse versteckt, nach Ochsenfurt gefahren
und über Würzburg, Frankfurt, Mainz, Köln, Hamburg nach Lübeck gereist, immer
in der Hoffnung, wieder als Kriegsmann unterzukommen. Dann hatte er sich, da
er sich krank fühlte, nach Karlsbad begeben und von da nach Prag, wo er unter
dem Namen Georg von Pernstorff auftrat und mit Martin Klinger, dem Inhaber
des oben (©. 68, Anm. 1) erwähnten merkwürdigen Freiheitsbriefes, zusammen
traf. Er zog nun zur Ausbeutung dieses Privilegs mit Klinger, einem jungen
Adeligen Heinrich von Wesenegk und seinem früheren Knecht wieder nach Ober-
deutschland heraus, wanderte mit diesen nach mancherlei Kreuz- und Querzügen
ins Gebirge nach Seefeld, nördlich von Innsbruck, und kehrte, als er von den
Rüstungen hörte, die von dem Grafen Ludwig vou Ottingen und von Schertlin
(s. oben S. 99) vorgenommen wurden, nach Schongau um, um sich bei der einen
oder der anderen der beiden Kriegsparteien anwerben zu lassen. Hier, in Schongau,
wurde er erkannt. Der dortige Pfleger Zacharias Höhenkircher machte sich mit
mehreren Bewaffneten am 12. Oktober an ihn heran, um ihn samt seinen „Ge
sellen" gefangen zu nehmen, stieß aber, während sich die andern willig „greifen"
ließen, bei Widemann aus den heftigsten Widerstand. Er schoß ein paarmal
seine Büchse ab und schlug wütend um sich, wurde aber endlich, trotzdem er am
Morgen zum Schutze gegen Verwundungen durch Büchsenschüsse ein „Zauber
kügelchen" verschluckt hatte, von einem der Leute des Pflegers, der auf ihn schoß,
schwer verwundet und mit scharfen Hieben niedergestreckt. Er wäre, wie er sagte,
lieber zehnmal gestorben, als daß ihn die Augsburger in die Hände bekämen, was
nun, wie er wohl einsah, bevorstand. In der Tat traten diese durch ihren Advokaten
Zimmermann sofort mit dem Schongauer Pfleger in Verbindung, sorgten für die
Heilung Wiedemanns und veranlaßten den Höhenkircher, die Gefangenen eingehend
zu verhören. Nachdem diese der größeren Sicherheit willen am 17. Oktober nach
München in den Falkenturm abgeliefert worden waren, entsandten die Augsburger
ihren Bürgermeister Leonhard Christoph Rehlinger und den Advokaten Dr. Sebastian
Christoph Rehlinger an den herzoglichen Hof, um die Auslieferung der Häftlinge an
den Rat von Augsburg zu betreiben, die auch von dem Herzog gegen einen Revers der
Stadt, daß dies unbeschadet seines, des Herzogs, Landeshoheit geschehe, genehmigt
wurde. So wurden die Gefangenen am 23. Oktober sämtlich nach Augsburg gebracht,
wo sie, vor allen Wiedemann, neuerdings in scharfes Verhör genommen wurden, da
man hoffte, von ihnen noch weitere Übeltaten, die sie etwa vollbracht, zu erkunden
und namentlich die Namen derer, die den Räubern die „Gelegenheit verraten", zu
erfahren. Es kam aber dabei nicht viel heraus, was man nicht schon vorher wußte.
Weiteres s. unten S. 130. — Am meisten Schwierigkeiten wurden dem Rate
durch Klinger und Wesenegk verursacht, da der Rat nicht recht wußte, wie er sich
wegen des Privilegs des ersteren gegen diesen verhalten solle, und sich erst durch
Befragung der juristischen Fakultäten von Freiburg, Ingolstadt und Tübingen Klarheit
verschaffen mußte; bezüglich Wesenegks aber lagen wohl schwere Verdachtsmomente
einer geplanten Beraubung von Augsburger Boten vor, doch war noch keine
vollendete Tat nachzuweisen. (Urgichten und Übeltäter-Akten des Jahres 1561.)—
Klinger wurde im März 1563 auf viele Fürbitten hin freigegeben und gegen das
Gelübde, sich für immer dem Kampf mit den Türken (in Ungarn) widmen zu wollen,
an den König Maximilian, der sich seiner besonders kräftig angenommen, nach
Innsbruck gesandt. Wesenegk gewann erst am 7. September 1563 die Freiheit. In
den Ratsdekreten heißt es unter diesem Tag: „Hainrich von Weseneck, ein edelman
auß dem land zu Taxen, hat sich zü Jacoben Widenman von Höchstet, einem wissent-