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Diarium Paul Hektar Mairs von 1560—1563
seilen gerissen, ist im doch der gesell zu starck gewesen und im die thür
mit gwalt verhöpt, daß der mann aus dem Haus nit hat kumen
mögen, doch hat der mann so heftig und laut umb hilf geschrieen, bis»
die nachbaurn zugelaufen und mit ainer axt die thir mit gwalt ge
öffnet und den mann errettet haben? s
Da ist der gesell in ain kamerv geflohen und zu ainem fenster
aus - auf die gassen komen. da ist im das volck, so in disem lerman zu
gelaufen, nachgeeilet und haben in bei der stat Kalckhitten ergriffen
und in in das thorheuslin gefuert. darinnen ist er verwart worden, bis
man die sacha den Herren burgermaistern anzaigt, welche« vonstundan w
bevelch geben, daß man in aus dem thorheuslin geholet und also
bei hohem tag bloß in dem hembdk in die Eisen gefuert«.
Was man mit ime handlen, wirt die zeit zü erkennen geben*,
diser Hanns Berlin hat sein behausung uff dem Gensbihel* bei des
Tirols Heusern gehapt. bald darnach hat man das weib in irem Haus i»
aufgehept und auch in die Eisen gefuert.
Zwo schwestern kandtengießerin machen zinnine plappart
M 591a. Auf aftermontag adj. 2. novembris hat man alhie die Ursula
und Magdalen, die kantengießerin, baid schwestern, auf den Branger
gestölt und sie baid an die sürnen und durch die backen gebrant. auch 2»
ist inen die stat ewigklich verpoten worden? dise haben zinnene
plapart gemacht, dieselbige vir voll und gut ausgeben.
a) bis daß. b) in die lamer. c) fenster hinaus M; .fenster auf die gaffen" Chron. B.
d) .die Handlung" Chron. B. e> dem Herren b. angezaigt, welcher, k) .bei Hellem tag
in dem hemet" Chron. B. g) Statt des noch folgenden heißt es in Chron. B: Balt darnach
hat man das weib auch gefangen und in die Eisen gelegt, nachmals hat man den gesellen
mit rueten ausgchauen, und ime die stat ebigclich verboten worden.
1. Der Vorfall war nicht am 27., sondern am 29. Oktober 1563 zwischen 10 und
11 Uhr vormittags, während sich die Frau Berlins auf dem Markte befand. Die
uns erhaltenen Angaben, die Berlin den Bürgermeistern über den „Mordhandel"
machte, stimmen in allem mit der Erzählung in unserem Texte überein. Der er
griffene Bursche hieß Christoph Klimmer. Er hatte sich der Frau Berlins bereits im
vorigen Jahre im kleinen „Brechhaus" genähert, hatte sich dann ein paar Dieb
stähle zu schulden kommen lassen fUrgichten vom 6. und 8. Oktober 1562) und war
aus der Stadt verwiesen worden. Nach Ablaus eines Jahres, während dessen er sich
auf dem Lande als Bauernknecht fortgebracht, war er dann in die Stadt zurück
gekehrt und hatte bei der Berlin Unterschlupf gefunden. Verhört wurde er am
29. Oktober, am 1. und 3. November 1563 (Urgichtensammlung).
2. S. unten S. 228.
3. Der Gänsebühel hinter der St. Maxkirche; der im Text genannte „Tirol" ist
der bekannte frühere Augsburger „Bauvogt" und vielseitige Künstler Hans Tirol.
4. Vgl. Gasser c. 1904; Stetten, S.575. — Die beiden Fälscherinnen hatten
bei ihrem vor etwa dreiviertel Jahren verstorbeuen Vater öfter gesehen, wie er