Einteilung
Unter den Augsburger Historikern des XVI. Jahrhunderts, von
denen fast jeder eine eigenartige, markante Persönlichkeit darstellt, ist
Clemens Jäger, der Verfasser der Weberchronik, sowohl in Hinsicht
auf die merkwürdigen Kurven seines Lebenslaufes und seiner geistigen
Entwicklung als auch wegen der Vielseitigkeit und des Umfanges seiner
literarischen Leistungen vielleicht der interessanteste. Er war bis zu sei
nem vierzigsten Lebensjahre Schuhmachermeister, zuletzt Zunftmeister
seines Handwerks, muß aber schon von Jugend auf von einem alle
Hindernisse besiegenden Drang nach höherer geistiger Bildung erfüllt
gewesen sein, wobei sich nach und nach besonders eine Neigung zu ge
schichtlichen Studien und das brennende Verlangen, sich selbst einmal
als Historiker zu betätigen, entwickeltes Wirklich gelang es ihm, sich wie
sein Alters- und Berufsgenosse Hans Sachs im Laufe der Zeit über
den engen Gesichtskreis eines gewöhnlichen Handwerkers weit hinaus-
zu schwingen und sich Kenntnisse anzueignen, die ihn in den Stand
setzten, kleinere historische Arbeiten in Angriff zu nehmen, und in ihm
die Hoffnung erweckten, daß sich, wenn er nur von seinem Handwerk
loskäme, die Träume seiner Jugend noch erfüllen könnten. Das Glück
wollte es, daß er im Jahre 1541 eine freiwerdende Ratsdienerstelle
erhielt und ihm dabei der hochwillkommene Auftrag erteilt wurde,
nebenbei die Bestände des arg verwahrlosten städtischen Archives zu
säubern, zu sichten und wenigstens im rohen zu ordnen,? was ihm
natürlich neue mächtige Anregungen gab, ihm die wichtigsten Quellen
der Stadtgeschichte vor Augen brachte und den Weg zur Abfassung
von vier großen, 1544 und 1545 vollendeten Werken bahnte,^ die ihm
den Ruf eines trefflichen Kenners der Stadtgeschichte verschafften und
1. Eine ausführliche Biographie Jägers von Ro th in der Zeitschrift des Hist.
Vereins für Schwaben und Neuburg (fünftig citiert „Z. S. N.") Bd. XLVI, S. 1 ff.
2. L. c. S 22 ff.
3. Dirr, Clemens Jäger und seine Augsburger Ehrenbücher und' Zunft-
chroniken, ebenda, Bd. xxxvi, S. 1 ff., 7 ff.
Städtechroniken XXXIV.