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Einleitung
er die Weberchronik, ohne hierfür das nötige Material gesammelt
und vorbereitet zu haben, begann, dachte er auch schon an deren Be
endigung, denn er wollte sie seinem Gönner, dem Zunftmeister
Mang Seitz, unterbreiten, der, wie jedermann sah, nicht mehr lange
zu leben hatte, und raffte nun, um die leeren Blätter zu füllen, eiligst
alles zusammen, was er an chronikalischen Notizen erreichen konnte,
und so kamen wir um eine richtige Weberchronik.
Aber auch das, was er statt einer Weberchronik in diesem Buche
bietet, zeigt an vielen Stellen Spuren dieser verderblichen Eilfertig
keit. Hier nur einige Beispiele: Unter 1410, wo er von den Argon
(Egen) erzählt, macht er sich grober Personenverwechslungen schuldig;
den Bankrott des Hans von Hoy, der in das Jahr 1456 fällt, setzt er
unter 1423; unter dem Jahre 1476 sind gleich alle drei Einträge
falsch eingereiht, denn die hier erzählte Niederlage des Abtes von
Kempten war nicht 1476 sondern 1460, die kaiserliche Begnadung der
Kaufbeurer mit einem Markt erfolgte im Jahre 1467, die der Augs
burger mit einem neuen Stadtgerichtsprivileg im Jahre 1482. Als
Todesjahr Kaiser Maximilians, der doch „Bürgermeister" der Stadt
Augsburg war, wird 1518 angegeben, der Schweizerkrieg desselben
wird in das Jahr 1498 verlegt, der Feldzug der Schmalkaldener gegen
Heinz von Wolfenbüttel von 1542 in das Jahr 1541 usw.
Besonders mißlich ist es, daß er ein paarmal Begebenheiten, die
unter irgendeinem Gesichtswinkel etwas Gemeinsames haben, aber
zeitlich weit auseinander liegen, unter dem Jahre, das für eine der
selben zutrifft, zusammenstellt und so den Irrtum erweckt, daß dieses
Jahr für alle gelte. Auch kommen verschiedene Notizen vor, mit
denen nichts anzufangen ist, weil sie zu unbestimmt sind, als daß
man sähe, um was es sich eigentlich handelt, oder weil sie sich sichtlich
unter ein falsches Jahr verirrt haben, ohne daß sich das richtige fest
stellen läßt. Man sieht, die Benützung der „Weberchronik" ist für
jeden, der nicht in der Lage ist, die einzelnen Angaben auf ihre
Verlässigkeit zu prüfen, eine gefährliche Sache.
Die Persönlichkeit Jägers bleibt, wie in anderen seiner Arbeiten,
so auch hier, insofern streng im Hintergrund, als er nicht das Geringste
einfließen läßt, woraus man auf seine äußeren Lebensverhältnisse
oder auf seine sonstige schriftstellerische Tätigkeit einen Schluß ziehen
könnte, und da es, wenigstens für die „Nachkommen", den Anschein
haben sollte, als wenn die Chronik von einem Weber geschrieben