Einleitung
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bis dahin flössen, zieht Gasser die Weberchronik nur noch sporadisch
heran, läßt sie aber doch bis zum Schlüsse nicht ganz aus dem Auge.
So entnimmt er noch dem dritten Hauptteil die irrige Notiz, daß
Jos Arzt im Jahre 1432 Bürgermeister gewesen. Daß er auch den
ersten Teil des Werkes gekannt, zeigt die Erwähnung der von den
Webern in der Lechfeldschlacht vollbrachten Heldentat und des von
ihnen erbeuteten Schildes.
Wenn, wie oben bemerkt, der ältere Stetten sagt, er habe die
Weberchronik für seine Geschichte der Stadt Augsburg nicht ausbeuten
können, so entspricht dies nicht ganz dem Tatbestand, denn in Wirk
lichkeit hat er sie „durch das Mittel" Gassers, der für ihn auf weite
Strecken eine Hauptquelle bildete, ohne es zu wissen, doch ziemlich stark
benützt. Das gilt im besonderen auch für die bei ihm sich findenden
Gesetze und Statuten; sie stammen, soweit das XIV. und XV. Jahr
hundert in Betracht kommt, fast alle aus Gasser-Jäger; erst von
1500 an geht Stetten unmittelbar auf die Ratsdekrete zurück, läßt
sich aber in bezug auf das Auszuwählende auch jetzt noch viel von
Gasser leiten. Auch Adelzreiter — eigentlich Pater Vervaux,
der Verfasser der „Annales Boicae gentis“ — hat die Stellen, die an
die Weberchronik anklingen, sicher aus Gasser. Aus Gasser und
Stetten haben aber auch bis in die Gegenwart herein all die vielen
neueren Historiker geschöpft, die sich irgendwie mit Augsburger Ge
schichte zu befassen hatten, so daß auf diesem Wege eine große Anzahl
von Stücken der Weberchronik weite Verbreitung fand?
Mit David Langenmantels bekannter Regimentshistorie der
Reichsstadt Augsburg steht die Weberchronik nur insofern in Zu
sammenhang, als der Jäger sch e Bericht über den Handwerker
aufstand in jene übergegangen und dadurch allgemein bekannt ge
worden ist; doch hat ihn Langenmantel nicht aus der Weberchronik
selbst, sondern aus Jägers Zunftehrenbuch genommen?
Die, wie wir schon bemerkt, vr. P. Dirr zu verdankende Ent
deckung, daß die „Weberchronik" ein Werk Jägers ist, hat die ihr
schon früher zugewandte Aufmerksamkeit der Augsburger Lokalhisto
riker neu belebt und Anlaß gegeben, daß sie, soweit dies möglich
war, in diesem letzten Band der Augsburger Chroniken zur Ver
öffentlichung kommt.
1. Vgl. Dirr, El. Jäger usw., l. c., S. 29 f.
2. Vgl. ebenda.