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§. 106. Schnurfeuer oder Drachen.
Die Schnurfcuer steigen an einer gespannten Schnur in di«
Höhe, welche man den Richtfaden nennt. Man wendet diese Ra
ketenart bei manchen Gelegenheiten, vorzüglich bei Theaterfeucrn
an, wenn man den Blitz darstellt. (Siehe den Artikel: Blitz.)
Bei andern Feuerwerken macht man davon Gebrauch, wenn
man die Zuschauer durch das Forttragen des Feuers mit Blitzes
schnelle zu einem sehr entfernten oder sehr erhöheten Stücke überra
schen will, oder wenn bei irgend einer Festlichkeit eine bedeutende
Person das Feuerwerk von ihrem Platze aus anzünden soll, wie die
ses der Gesandte der ottomanischen Pforte zur Zeit des ersten Frie
densschlusses 1797 that. Soll diese Raketenart angewendet wer
den, so hat man folgende Borsichten dabei zu beachten.
Die Schnurfeuer werden geladen, wie die fliegenden Raketen,
oder vielmehr sind sie nur fliegende Raketen ohne Stock und Garni
tur. Ist das Schnurfeuer geladen, so versieht man es mit der
Lunte und verbindet cs mit einer kleinen Röhre aus Pappe oder
Holz, welche sich auf der Richtschnur leicht bewegt (2. XIX.). Die
Richtschnur geht bis zu der Stelle, wohin das Feuer getragen wer
den soll. Muß das Schnurfeuer doppelt sein, um zu dem Punkte
zurückzukommen, von dem es ausgegangen ist, so versieht man die
Rakete, die das Feuer zuerst hintragen soll, mit einer Kappe und
communicirt diese mit der zweiten Rakete (3. XIX.). Diese zweite
Rakete dient dann, wie gesagt, zum Zurücklaufen zu dem Ausgangs
punkte. Ist die Entfernung sehr groß, so daß man befürchten muß,
eine einzige Rakete werde zum Durchlaufen desselben nicht ausreichen,
so communicirt man zwei Raketen in derselben Richtung, die Kappe
der einen mit dem Fuße der andern, indem man dafür sorgt, daß die
Schnürung oder der Kopf der ersten Rakete nach dem Abgangsorte
zu gekehrt sei, damit sie mit ihrem Fuße den Kopf einer zweiten
Rakete, und deren Fuß wieder den Kopf einer dritten u. s. w. an
zünden könne, falls zwei Raketen nicht ausreichen sollten; der Fuß
der letzten Rakete gibt dann sein Feuer an das anzuzündende Feuer
werkstück ab.
Baneux, vormaliger Entrepreneur und Director der Festlich
keiten im Tivoli, hat von dieser Rakelenart, welche er Fleder
mäuse nannte, eine ausgebreitete Anwendung gemacht; er ließ
durch ihre Hülfe in dem ganzen Garten vierzig bis fünfzig bengali
sche Flammen anzünden. Man hat ihm in dieser Beziehung man
ches Neue zu verdanken.
Manchat wohl darauf zu sehen, daß das ausströmende Feuer