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Einige ‘Projectanten legen grosse Teiche an zur
Veranstaltung von Wasserfesten, hierdurch wird aber der
dem Verkehr in der Ausstellung gewidmete Platz allzusehr
beschränkt.
Die Vertheilung der einzelnen Gebaáudégruppen ist
überaus mannigfaltig. Einige verbauen das Marsfeld in
compacter Weise, gewissermassen ein Dach, unter welchem
sich eine grosse Zahl von gleichen Abtheilungen befindet,
was sehr ókonomisch, aber einfórmig wáre. Die meisten
Projecte bieten aber einen zum Theil allzu exotischen
Reichthum an Abwechslung in den Formen der Gebàáude.
Manche bauen für jede Gruppe ein Gebäude. Dies macht
es móglich, dass jeder Besucher nur das zu sehen braucht,
was er zu sehen wünscht und nicht durch andere Besucher,
welche blos von einer Gruppe zur andern passiren, ge-
stört wird. Auch lässt sich so die Eintónigkeit vermeiden,
was die Orientirung erleichtert.
Im Allgemeinen zeigt sich in den Projecten eine
unverkennbare ^ Anlehnung an die vergangenen Aus:
stellungen, die hoffentlich bei dem definitiven Projecte
vermieden werden wird. ?
Was Silhouetten, sowie Decoration des Innern und
Ac ssern betrifft, so zeigt sich ein unerschópflicher Reich-
thu.n an kühnen, reizenden und geschmackvollen Ideen,
von denen wir im Text und als Tafel zwei Beispiele
reproduciren.
Herr Alfred Picard, der General-Commissär der
Ausstellung, hat bereits auf Grund der prämiirten Projecte
den Plan der künftigen Ausstellungsbauten in seinen grossen
Linien festgestellt, und zwar:
Seite 31.
Der Industriepalast wird beseitigt und eine grosse
Avenue vom Invalidenhôtel zu den Champs-Elysées mittelst
einer monumentalen Brücke über die Seine geschaffen.
Der Haupteingang der Ausstellung befindet sich auf der
Place de la Concorde ganz nahe dem Herzen der Stadt.
Beim Beginne der Cours-la-Reine und der Esplanade der
Invaliden werden die Ausstellungen der decorativen Kiinste,
besonders der franzosischen, gruppirt.
Der Elektricitátspalast kommt neben den Haupt-
eingang, um bei Tag durch seine groteske Archi
tektur, bei Nacht durch seine Beleuchtung anzuziehen.
Die Ufer der Seine werden von malerischen Facaden be-
gleitet, welche auch für Fussgänger von dem anderen
Ufer aus sichtbar sein müssen. Die Maschinengallerie wird
wieder für die Ausstellung der grossen Maschinen ver-
wendet und unter Aufsetzung eines Domes besonders in
den Facaden umgebaut. Der Eiffelthurm bleibt erhalten.
Die Paläste der schönen Künste und der Gewerbe werden
demolirt, das Marsfeld nivellirt, so dass sich eine immense
geneigte Ebene von dem Maschinenpalast bis zur Seine
ausdehnen und Raum für die Bewegung, und den Aufent-
halt von Hunderttausenden bieten wird. Die Ausstellung
der Colonien wird sehr ausgedehnt und auf den Abhängen
des Trocadero installirt.
Alle Maschinen werden durch Elektricität angetrieben
werden, welche Kraftquelle Nachts die Beleuchtung liefern
und stets ein genügendes Mittel zur Erzielung fabelhafter
Effecte bieten wird.
Eine Hochbahn wird längs der Einfriedung die ganze
Ausstellung umfahren. Benzion.
BAU- UND KUNSTCHRONIK.
Wettbewerbe in England. Auch in England, wo
Wettbewerbe besonders von Seite der Gemeindeverwal-
tungen und verschiedener Corporationen in grosser Zahl
ausgeschrieben werden, ist es damit nicht zum Besten
bestellt. Aus den folgenden Ausführungen, welche wir
einer englischen Quelle entnehmen, ist zu ersehen, in
wie nachahmenswerther Weise sich die englischen Archi-
tekten in jüngster Zeit selbst geholfen. haben und noch
weiter helfen wollen. Der Verfasser schreibt: Die Zeit ist
glücklicher Weise vorbei, wo ein Architekt von Erfahrung
den cynischen Rath befolgte, sich niemals in einen Wett-
bewerb einzulassen, ohne einen Freund im Richtercollegium
zu-haben; oder wo ein Preisrichter, der, was selten genug
geschah, ein Fachmann war, jedes ihm vorgelegte Project
verwarf und dafür die Aufforderung annahm, selbst ein
solches zu entwerfen, gegen das Versprechen, mit der
Ausführung desselben betraut zu werden. ene Eingabe,
welche 335. Mitglieder des Vereines britischer Architekten
und rund 1000 Nichtmitglieder an den Präsidenten und
den Vorstand dieses Vereines vor ungefähr 15 Jahren
richteten — wodurch die Unterfertigten sich verpflichteten,
sich an keinem öffentlichen Wettbewerb zu betheiligen, wenn
nicht ein Fachmann als Preisrichter fungire — zeigte den
Ausschreibern. von Wettbewerben, dass die Architekten
mit der Vertretung ihrer eigenen Interessen Ernst machten.
Dieser Beschluss wurde bald nachher durch die Bildung
einer Vereinigung noch mehr bekráftigt, deren jedes Mit-
glied sich dahin verpflichtete, jede Einladung zu einem
öffentlichen Wettbewerbe zu ignoriren, wenn nicht von
vorneherein die Bestimmung getroffen worden war, dass
auch ein fachmünnischer Beisitzer dem Richtercollegium
angehore. Diese Bewegung war so erfolgreich, dass seither
alle achtbaren Ausschreiber öffentlicher Wettbewerbe Bei-
sitzer unter den hervorragendsten Architekten wählen,
oder solche häufig durch den Präsidenten‘ des Vereines
britischer Architekten namhaft machen lassen. Die weitere
Verpflichtung, »dass jeder Ausschreiber eines Wettbewerbes
und jeder Beisitzer eines solchen sich vollständig des Mit-
bewerbes und des Mitarbeitens als Architekt an dem aus-
| geschriebenen Werke enthalten solle«, ist auch, wenigstens
soweit als. es fachmännische Beisitzer betrifft, genau ein-
gehalten worden. Nichtsdestoweniger gibt es noch eine
grosse Zahl von kleineren Gemeinden und Corporationen
in verschiedenen Theilen des vereinigten Königreiches,
welche Einladungen erlassen, Bauprojecte unter hóchst
drolligen und sonderbaren Bedingungen vorzulegen. Hier
folgt nun‘ eine Aufzählung derartiger englischer Wettbe-
werbsausschreibungen, welche mit ihren unfachmännischen,
kleinlichen, ja selbst unehrlichen Bestimmungen lebhaft an
ähnliche Vorkommnisse erinnern, die-häufig genug auch
bei uns sich ereignen.
Der englische Verfasser fahrt dann fort: Zweifellos
gibt es eine grosse Zahl von Beispielen solcher thórichter
und ungerechter Preisausschreibungen und wäre es bei der
Mehrzahl derselben vollkommen gerechtfertigt, die Aus-
schreiber derselben an einem Pranger öffentlich anzunageln;
für einige Unschuldige, welche aus Unwissenheit und Un-
erfahrenheit in derselben Art wie die.Schlauen Wettbe-
werbe ausschreiben, mag dies allerdings ein wenig hart sein.
Es ist daher nicht wünschenswerth, durch solche Mittel
Abhilfe zu suchen; aber der Erfolg der vorerwáhnten
Bewegung sollte zu einer weitergehenden gemeinsamen
Action der Architekten in dieser Angelegenheit ermuthigen.
Wenn von einer móglichst grossen Vereinigung von Fach-
mánnern ein Comité gewahlt werden würde, welches vom
Vereine selbst ganz unabhängig wäre und gewisse Voll-
machten besitzen müsste, dann wäre es möglich, in be-
stimmten, festgesetzten Intervallen eine Liste jener öffent-
lichen Preisausschreibungen zu veröffentlichen, deren
Bedingungen ausgesprochen unbillige sind; und wenn
gleichzeitig die grosse Mehrzahl der geachteten und sich
selbst achtenden Architekten es ernstlich unternehmen
würde, jeden solchen Wettbewerb zu ignoriren, dann
würden die Ausschreiber derselben die Lage begreifen
und ein immer wiederkehrender Skandal wäre beseitigt.
Wenn doch auch hierzulande die Architekten, die ja ein
gleiches Interesse zu vertheidigen haben, sich zu einem ähn-
lichen gemeinsamen Vorgehen zusammenfinden würden. A.
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