Full text: Neubauten und Concurrenzen in Österreich und Ungarn : Organ für d. Hochbaufach u. seine Interessenten, I. Band (1895)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
Seite 82. 
  
  
  
  
  
  
Abort mit selbstthätiger Spülung von W. Kesselring in Strassburg, 
Elsass. — Durch Niederdrücken der drehbaren Sitzplatte wird ein 
das Spiilrohr @ nach 7 
dem Abortbecken 
zu abschliessendes 
Ventil 2. durch 
Hebelübersetzung 
cd geschlossen und 
das federnd auf 
seinen Sitz ge- 
drückte Zuflussven- 
tile geöffnet, so dass 
sich das Spülrohr 
und der Spülwasser- 
behälter selbstthätig 
mit Wasser füllen, 
SS 
Nach  Freigebung 
der Sitzplatte óffnen 
NAR 
sich das Spülwasser- 
behälterventil und 
  
das Spülrohrventil 
  
N 
  
à selbstthätig, und 70/07 À 
das Wasser stürzt 
in das Abortbecken, 
  
In der »Zeitschrift für Instrumentenbau« gibt Volkmar Müller 
die interessante Lösung des akustischen Geheimnisses des alten 
Gewandhaussaales in Leipzig. Dieser wegen seiner wunderbaren, ganz 
beispiellosen Akustik berühmte Concertsaal wurde wegen Baufälligkeit 
des Gebäudes unlängst demolirt. Im Untergang wurde sein Geheimniss 
offenbar; ein Spiel des Zufalls hatte da die Schwierigkeiten gelöst, 
denen gegenüber selbst die berufensten Fachmänner oft machtlos sind. 
Da die Frage der Akustik von Theater- und Concertsälen gerade jetzt 
in- und ausländische Fachmänner. viel beschäftigt, wollen wir die 
Lösung dieses Räthsels nach der Beschreibung der genannten Zeit- 
schrift mittheilen. »Der Schöpfer des alten Gewandhausconcertsaales 
war der Baumeister Fohanm Friedrich Dauthe. Der Bürgermeister 
Müller trug Dauthe im April 1780 auf, sich einmal das alte Zeughaus 
daraufhin anzusehen, ob sich nicht an der Stelle, wo sich früher die 
Rathsbibliothek befunden hatte, ein Concertsaal schaffen lasse. Bereits 
am 10. Mai 1780 übergab Daufhe folgendes, »ganz ergebenste Prome- 
moria«; »Nachdem wir aufgetragen worden, zu untersuchen, ob auf 
dem alten Bibliothekgebäude ein geräumiger Saal ohne Gefahr könne 
erbaut werden, so labe ich selbiges in Augenschein genommen, hie- 
bei ersehen, dass ein solcher von 40 Ellen Länge, 20 Ellen Breite 
und 12 Ellen Hóhe ohne Nachtheil dieses Gebäudes in das dritte Ge- 
schoss auf einem bisher ungenutzten Platze kónne erbaut werden. 
Um nun bequem auf ihn zu kommen, kónnte man nach der neuen 
Bibliothektreppe eine Thür herausbrechen, und sich dieser Thür 
bedienen. Damit aber die Wände dieses Saales das Gebäude nicht 
so belästigen, so wäre mein ohnmassgeblicher Vorschlag, anstatt 
sie auszumauern, selbige nur mit Brettern zu verschlagen und des 
  
     
  
  
Ungarn. Nr. 8. 
  
  
  
  
  
Winters wegen zu berohren.« Schon am 43. Juni 1780 verordnete der 
Rath, dass der Bau nach »beigehendem Vorschlage“ ausgeführt werden 
sollte. Im November 1780 war der Saal fertig, am 25. November 1781 
| fand das erste Gewandhausconcert statt. Von den Gebäuden, welche 
| unter dem Namen Gewandhausconcert bezeichnet wurden, war der den 
Concertsaal enthaltende Flügel der jüngere. Es wurde im Jahre 1849 
vollendet. Da es später lange Zeit in seinem Erdgeschoss die Waffen- 
vorräthe der Stadt barg, erhielt es auch den Namen Zeughaus. Unter 
dem Erdgeschoss lag der Tuchboden, auf den in den Messen die 
fremden Tuchhündler gewiesen wurden, darüber unter dem . steilen 
Dach ein zweiter Boden, der auch als Kornboden, später als Bibliothek 
Benützung fand. In diese von vornherein. gegebene Construction des 
  
g 
langen Gebäudes mit seinem mächtigen Balkenwerk setzte Dau/%e den 
berühmt gewordenen Concertsaal, dessen Form die einer grossen länglich- 
runden Holzschachtel war. Diesem Umstande ist vielfach einzig und allein 
die ausgezeichnete Klangwirkung des Raumes zugeschrieben worden. 
Das war unrichtig. Es trugen noch andere Voraussetzungen und Bedin- 
gungen zu diesem Ergebniss bei. Der Gewandhaus 
Theil betrachtet, losgelöst von seiner Umgebung, kann nur einer ein- 
seitigen Beurtheilung Raum gewähren. Erst wenn er mit seiner Um- 
gebung als verschmolzen betrachtet wird, klärt sich das Geheimniss 
auf. Zunächst war es durchwegs Holzwerk, « 
begünstigte. Es schuf eine wunderbare Resonanz. Der ehemalige, durch 
ial, als einzelner 
  
  
las seine Klangwirkung 
mächtige Eichensäulen gestützte Tuchboden unterhalb des Concert- 
saales setzte nirgends den Tonschwingungen Widerstand entgegen, 
der Gewandhaussaal selbst aber, seiner früheren Stützen beraubt 
wurde von oben durch ein Sprengwerk getragen, welches das Eck- 
biegen der Balkendecke verhinderte. Mit Hilfe dieser Hängebalker 
die in den steilen Dachstuhl eingesetzt waren, die also den Saal 
gleichsam schwebend erhielten, ist der Klangschönheit des Raumes 
eine weitere Vollkommenheit verliehen‘ gewesen. Die Wände 
mitten in das Gewandhaus hineingebauten standen auf einer 
durch das ganze Gebäude gehenden Balken! die nur an ihren 
Ausläufern in die Umfassungsmauern hineir ten. Dieser grosse 
gleichsam schwingende Raum, der durch das 
eine ganz eigenartige elastische Spannnng erhielt, stützte sich endlich 
   
  
   
os 
  
  
  
  
  
   
   
esammte Balkenwe 
uf ein langes, von senkrechten Holzpfeilern getragenes Zwischenstock, 
  
e ehemaligen Tuchböden, den eigentlichen Resonanzboden, dessen 
  
Wirkung insofern eine kräftigere wurde, als er in seinen Dimensionen 
diejenigen des Concertsaales weit überstieg. Nirgends also eine Be- 
rührung mit dem Mauerwerk, überall vielfache schwebende und 
schwingende Leiter der Tonwellen und mitten darin-der über 20 
lange Saal, in Form eines Rechteckes gehalten, an den Ecken is 
artig ausgebogen, an der Decke abgerundet, rings umgeben v 
  
schalten Wünden. Kein stórender Punkt verminderte die Kra 
Tonwellen, selbst die in den Plafond eingelassene Beleuchtung 
von drei Kronleuchtern zeigte nur Glanz und keinen Kórj 
Erzielung der herrlichen Akustik des alten Gewand Ww 
demnach einzig und allein dem Zusammentreffen einer Reihe günstiger 
architektonischer Momente zu verdanken. Nur einer aus dieser Kette 
sen, hätte das Weiterklingen, das Weitertónen in seiner Reinheit 
    
    
aussaal 
  
  
  
  
reitelt. So aber konnte, durch kein Mauerwerk unterbrochen und 
intrichtigt, die Gesammtanlage ihre el: 
Masse äussern. In dieser von jeder Beeinflussu 
körper befreiten elastischen Spannung der Holzconstruction, im Reso- 
nanzboden; wie endlich in der Form des Musiksaales la 
Geheimniss des Gewandhaussaale lessen Losung die Demolirung des 
Gebäudes erst offenbarte.« 
    
stisch 
pannung in vollstem 
  
lurch fremde Bau- 
  
  
  
das akustische 
  
TAFEL-ERKLARUNGEN. 
Tafeln 55 und 56: Concurrenzproject für eine Bade- 
anstalt. Architekt: Arthur Sebestyen in Budapest. Alljáhrlich ver- 
anstaltet der ungarische Ingenieur- und Architekten-Verein eine 
Reihe von Wettbewerben theils actuellen, theils akademischen 
Charakters; zu den Ersteren gehôren Concurrenzen fiir that- 
süchlich aufzuführende Bauten, für Regulirungspline und für 
schematische Vorschlige für am Lande zu errichtende Nützlich- 
keitsbauten (wie z. B. kleinere Spitäler, Weinkeller im Sand- 
boden, u. s. w.); zu Letzteren sind diejenigen Concurrenzen zu 
zühlen, welche hauptsüchlich zur Weiterbildung der jungen Archi- 
tekten-Generation bestimmt, ihren akademischen Charakter schon 
durch die Beschaffenheit ihrer Preise (Medaillen, Ehrenpreise, cé 
Reisestipendien) zum Ausdruck bringen. 
Das Programm der letzten grossen Jahres-Concurrenz 
forderte den Entwurf eines den modernen Anforderungen ent- 
sprechenden, in unmittelbarer Nähe einer grösseren Stadt, an 
einem See gelegenen Bade-Etablissements, mit einem Dampfbad 
und Wannenbädern für Damen und Herren. 
Von den bis zum Termine von 7. Jänner 1895 einge- 
langten drei Entwürfen veröffentlichen wir diesmal das mit 
dem zweiten Preise (silberne Vereinsmedaile) bedachte Project 
des Herrn Architekten Sebestyen. 
  
  
  
    
Grundris 
  
  
  
  
  
 
	        
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