Full text: Architektonische Monatshefte, VIII. Band (1902)

Gebäude. der v., Nyegaardstiftung in Altona. Architekten Kühn und Baumgarten in Berlin, 
Einige Begleitworte zu meinen hat der Theseus von Canova, der früher in dem kleinen Tempel 
n . . in gestanden, durch die jetzige Aufstellung in dem grösseverschlin- 
(Tafel 11, 12) Projeet-Skizzen für das genden Prachttreppenhause des k. u. k. Hofmuseums gewonnen? 
Museum der Stadt Wien. Die Ausstellungen der Wiener Secession haben der überwiegenden 
Mehrheit der Kunstverständigen klar gemacht, dass richtig dimen- 
Das Project konnte nach dem den Concurrenten vorliegen- sionierte Räume eines der wichtigsten Erfordernisse des modernen 
den Programm sehr verschieden aufgefasst werden. Will man Ausstellungswesens sind, Die Erfahrungen, die dort gemacht 
einen Monumentalbau? Will man einen Nutzbau? Man wusste zu- wurden, waren bei der Grundrissausbildung die einzige Richtschnur, 
erst nicht, worauf man den Schwerpunkt zu verlegen hatte. Die nach der ich vorgieng: für Ausstellungs- und Sammlungszwecke 
Nähe der Karlskirche degradierte das Aeussere zu einem Kunstwerk hrauchhbare Räume zu schaffen. mit entsprechenden Lichtquellen 
zweiten Ranges, zu einer blossen Coulisse, zu einer 
Schauvorbereitung für die genial erdachte Archi- 
tekturpracht Fischer von Erlachs, 
Waren nun wenigstens für das Innere die 
Verhältnisse derartig, dass an eine monumentale 
Grundrissgestaltung gedacht werden konnte? Haben 
wir überhaupt schon ‚die Erfahrung in modern 
künstlerischer Hinsicht für ein so grosses Monu- 
mentalgebäude? Nothdürftig können wir uns jetzt 
mit eigenem Gestammel ein Zimmer wohnlich 
machen, Aber die Aufgabe, ein grosses Gebäude 
mit vielen Räumen und mehreren Stockwerken, 
stellt bezüglich Raumkunst erheblich höhere An- 
forderungen an den Baukünstler als ein Wohnhaus, 
Es war mir bei Beginn der Arbeit sofort klar, 
dass die moderne Architektur, welche sich mit 
ihren Hauptprincipien und Kunstformen so eng 
an die Zweckbestimmung des Bauwerkes klammert, 
auch eine andere raumkünstlerische Ausgestaltung 
anstreben müsse und dies eben Gelegenheit sei. 
sich zu erproben, 
Das Naheliegendste scheint im Anfange eine 
grosszügige achsiale Anlage mit monumentalem 
Vestibule und hallenartiger Mittelanlage. Schiefe 
Ecken werden nach berühmten Muster durch Winkel- 
halbierende symmetrisch gestellt etc. Diese Lösung 
hat etwas von dem Ei des Columbus an sich und 
ist ungemein einfach vornehm. Sie setzt leider vor- 
aus, dass alle Menschen, welche diese Räume be- 
treten, Geometer und Ingenieure sind und bei 
Genuss der Schönheit dieser Räume fortwährend 
Mittelachsen im Auge behalten, Luftlinien ab- 
gehen etc, damit man von den vielen Schönheiten 
der Grundrisslösung einen Begriff bekommt. 
Das schöne‘ »Ornament« des Grundrisses ist aber 
beim ausgeführten Bauwerk spurlos verschwunden; 
derartige Grundrisslösungen werden auch meistens 
nur für Preisrichter erfunden und von diesen ge- 
schätzt. 
Eine grosse Halle im Mittelraum ist ebenso 
unzweckmässig. Zu Ausstellungen ist dieselbe höchst 
unpraktisch. Wir sehen jedes Jahr, wie in den 
grossen Raum des Wiener Kunstgewerbemuseums 
Einbauten gemacht werden müssen, um menschlich 
dimensionierte Raumnischen zu erhalten, die das 
Aufstellen von Kunstwerken ermöglichen. Oder v. Nyegaardstiftung in Altona, Architekten Kühn und Baumgarten in Berlin,
	        

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