Erweiterungsbau der Brauerei zum Münchner Kindl in München,
(Bierlokal.)
beliebig geformte Glashüllen, je nach Wunsch mit geschlif-
ARCHITEKTONISCHE MONATSHEFTE
Architekt: Professor Friedrich von Thiersch
fenen Ueberfang- oder Krystallgläsern, durch Vorstellen bunter |
Gläser oder Verhüllen der Lampen mit bunten leichten Stoffen,
Gaze, Papier, Gelatine, wobei mit der nötigen Vorsicht wegen
der Feuergefährlichkeit zu verfahren ist; bei Bogenlampen
durch Anwendung der Effektkohlen, die je nach Art der Koh-
lenstäbe mehr gelbes oder rötliches Licht geben, ausnahms-
weise und auf Bestellung aber auch anders gefärbtes Licht
durch Beimengung lichtfärbender Stoffe zur Kohlenmasse liefern
könnten. Mit geschliffenen und bunten Gläsern lassen sich
prachtvolle Effekte herstellen, die zu dem milden farbigen
Licht noch den stellenweise strahlenden Glanz und die
wechselnden Reflexe der Lichtbrechung ' in Prismen und
Facetten hinzufügen.
Schaufenster illuminationsmässig mit Festons, Guirlanden
und Gruppen von Lampen derart zu dekorieren, dass die Be-
leuchtung als Selbstzweck erscheint, wäre sinnwidrig und des-
halb unschön; es sei denn, dass für künstlerische Wirkung
ganz indifferente Dinge ausgestellt wären, wie Münzen und
Geldsorten, Fahrpläne, Karten oder eine monotone Anhäufung
irgend welcher gleichartiger Gegenstände. Für den zeitweisen
Wechsel des Lichtes sorgen Uhrwerke, die mit Schaltvorrich-
tungen verbunden sind. Ihre Installierung ist Sache des Elek-
trikers und beschäftigt uns hier nicht.
Dass für die Schaufensterbeleuchtung die ungemein präch-
tigen und anziehenden Effekte der Springbrunnen- und Staub-
fallbeleuchtung durch Strahlenbüschel des Bogenlichtes, nament-
lich bei Anbringung der Lichtquelle unterhalb des Wasser-
spiegels und Entsendung der Strahlen von unten nach oben
nicht beliebt sind, liegt neben anderen Gründen wohl darin,
dass diese Effekte in die Mehrzahl der Schaufenster nicht
hineinpassen; doch würden sie sich mit Pflanzen- und Blumen-
gruppen, mit Bouquets und Blüten wohl vertragen und mit ihnen
harmonisch zusammenwirken, wenn der ganze Schaufenster-
aufbau danach eingerichtet würde, etwa bunt phantastisch mit
Pendentifs und Hohlkörpern, aus deren Tiefe das strahlende
Licht hervorbräche. Bei derartigen Einrichtungen wäre gegen
die Wirkungen der Feuchtigkeit in derselben Weise Vor-
sorge zu treffen, wie dies in den Blumenläden überhaupt not-
wendig ist.
Die Anwendung der Parabolspiegel zur Projektion des
Lichtes in einer bestimmten Richtung, der Flachspiegel an
den Seiten, der Decke und dem Boden der Schaufenster und
innerhalb der Läden, der Multiplikation und Tiefenwirkung
durch Spiegelkombinationen, die Verwendung des polierten
Marmors und Stucco lustro an den Seiten des Schaufensters,
mit Lampenhaltern in Goldbronze, Schrägstellung der Fenster-
seitenwände etc., wenn der Innenraum stärker betont wird als
das Fenster dies sei nur an-
gedeutet, ebenso wie der Grund-
satz, dass auch auf dem bespro-
chenen Gebiet der Erfolg weniger
durch die Massenwirkung, als durch
geschicktes Masshalten und durch
Rücksichtnahme auf die Umgebung
erreicht wird. Im grossen und
ganzen aber gilt für eine veredelte
Schaufensterbeleuchtung dasselbe,
was für jede andere künstlerische
Anlage gilt: Mechanisch anzuwen-
dende, alle Fälle deckende Regeln
gibt’s dafür nicht; es bleibt eben
Sache des individuellen künstleri-
schen Empfindens und des lebendi-
gen Ausdrucks dafür, so dass sich
wohl Grundsätze entwickeln, jedoch
Rezepte nicht geben lassen.
Zum Schluss noch ein Wort
über die reine Reklamebeleuchtung,
die sich in ihrer schreiendsten, auf-
dringlichsten Form als plötzliche
Verdunkelung mit darauffolgendem
grellen Aufleuchten in einigen Grossstädten, hin und wieder
mit den zitternden Bildern kinematographischer Projektions-
darstellungen vereint, so unliebsam breit macht, dass man kaum
etwas sehnlicher wünschen möchte als die völlige Beseitigung
dieser unschönen und den Augen wehthuenden Beleuchtungs-
effekte. Kann man der Absicht, Aufsehen zu erregen und die
Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Stelle hinzulenken, ihre Be-
rechtigung nicht versagen, so muss doch gefordert werden, dass
diese Absicht sich nicht unschön und aufdringlich bemerklich
macht, denn es gibt auch ohne dies Mittel genug, den be-
rechtigten Zweck zu erreichen, wie die auffallende Beleuchtung
der Strasse vor dem Schaufenster, oder die der ganzen Häuser-
front bis zum Dach hinauf, die Verlegung von Lichteffekten
an die Firmenschilder u. dergl. Auch die Beleuchtung langer
gleichartiger Reihen von Schaufenstern, wie die der grossen
Warenhäuser, wirkt, einheitlich behandelt oder mit Steigerung
nach dem Eingang hin, fast unbewusst reklamemässig und
deshalb nicht abstossend, vielmehr in der Massenwirkung im-
ponierend und angenehm wie jede Darstellung der Herrschaft
menschlichen Geistes über die tote Masse.
Im vorstehenden ist eine Neuerung auf dem Gebiete der
Gasbeleuchtung unberücksichtigt geblieben, die noch zu jung
ist, um ein auf Erfahrung gegründetes Urteil zu gestatten. Es
ist geglückt, der Gasflamme nebst Glühstrumpf die bisher un-
mögliche Richtung nach unten zu geben. Bewährt sich die
Einrichtung, so ist ihr die weiteste Verbreitung sicher und die
Annahme gerechtfertigt, dass dieses „Grätzinlicht“ "die: elek-
trische Glühlampe vielfach aus dem Felde schlagen wird, da
es sich für gleichen Lichteffekt meist billiger stellt. St.
n
üm
in München,
A. Fritsche. zz
Aufgenommen von Architekt
A. Fritsche in Dresden.
Kreuzgang im Dom zu Meissen,