Full text: Architektonische Monatshefte. Vereinigt mit Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst, IX. Band (1903)

  
  
Berliner Kunstausstellung 1903. 
S Architekt: Hermann Jansen 
Bauernhaus bei Aachen. 
in Berlin, 
deutlich erhalten hat. 
Die Aptierung 
brachte hier zwar technische Schwierigkeiten (wegen der Ent- 
wässerungsanlagen), aber auch künstlerische Reize (Durch- 
der Festungswerke 
brüche bei den Thorburgen u. dgl.) mit sich. Unter der Be- 
schränkung durch vorhandene Eisenbahnlinien haben namentlich 
die Erweiterungen von Augsburg, Duisburg, Düssel- 
dorf und Oberhausen zu leiden, während Dortmund 
recht schwierige Zugangsverhältnisse zum Bahnhofe aufweist. 
Bei den Bahnhofanlagen wurde früher auf die gegebenen 
städtischen Verhältnisse meistens recht wenig Rücksicht ge- 
nommen. Durch Nüchternheit und Beschränkung auf das 
nackte Bedürfnis zeichnen sich die Erweiterungspläne für 
Dessau, Liegnitz, Spandau aus. Wie weit die Städte- 
verwaltungen sich für ihre eigenen Bedürfnisse in der Zukunft 
(Schulen, Kirchen, Stadthäuser, Spielplätze, Promenaden, Fried- 
höfe u. s. w.) geeignete Plätze und damit architektonische 
Mittelpunkte gesichert haben, lässt sich fast aus keinem der 
ausgestellten Pläne erkennen. Der erst später zur Ausstellung 
gekommene Plan für Flensburg zeichnet sich in dieser Hin- 
sicht und auch sonst durch seine geistvolle Durcharbeitung aus. 
Ausser den Plänen für bisher unbebaute Stadtgebiete sind 
auch eine Anzahl Umgestaltungen im Innern der alten 
Städte zur Ausstellung gelangt. Dabei handelt es sich ent- 
weder um die Freilegung einzelner Gebäude: Schloss und 
Stadtkirche in Darmstadt, Nikolaikirche in Stralsund, 
Schloss in Königsberg; oder um die Erweiterung vor- 
handener Verkehrswege: Ersatz der Badergasse durch die 
König Johann-Strasse in Dresden, Umgestaltung des Trödel- 
viertels in Halle a. S. (neue Strassenbreiten 6!/, 7’, 8 und 
9 m) Umbau nach erfolgter Neuaufteilung mangelhafter Ge- 
bäudekomplexe in Hamburg, Verbreiterungen mit seitlichen 
Platzanlagen in München, Schaffung neuer Ausgänge neben 
den vorhandenen Thortürmen in Nürnberg (den Rücksichten 
auf geschlossene Strassenbilder wird dabei weitgehend Rech- 
nung getragen). Endlich handelt es sich bei mehreren dieser 
Pläne auch um ganz neu anzulegende Verkehrswege: Fort- 
führung der Kaiser Wilhelm-Strasse durch das Scheunenviertel 
in Berlin (von einer künstlerischen Lösung wurde abgesehen, 
weil sie erhebliche Mehrkosten verursacht haben würde), 
Durchbrüche in den ältesten Stadtteilen von Frankfurt a. M., 
Anlage neuer Ausgänge und Baublöcke in Metz und Würz- 
burg u. a. m. 
Diese Umgestaltungen sind ja natürlich verkehrstechnisch 
von grösster Wichtigkeit und auch hygieinisch sehr wertvoll 
— man vergleiche nur das Dresdener Modell der Badergasse mit 
dem jetzigen Zustande —, baukünstlerisch sind sie mitunter nur 
bedauerlich. Niemand wird behaupten wollen, dass die un- 
säglich nüchternen Neubauten in Hamburg für die überaus 
malerischen zerstörten Strassenbilder Ersatz zu gewähren ver- 
möchten. Was für geheimnisvoll anmutende Gässchen, in 
Verbindung mit Wasserläufen, haben wir noch in mancher | 
deutschen Stadt: wer würde in Hannover eine Gasse voll 
ARCHITEKTONISCHE MONATSHEFTE 
| 
  
| tags 
poetischem Reiz, mit dem Wasserlauf der Leine. in. der Mitte, | 
vermuten, wie Otto Rauth sie gemalt hat? (Abteilung Ill, | 
Nr. 791); welche Fülle malerischer Vorwürfe bietet eine Strasse 
75 
| wie die Alte Ohle in Breslau! 
Heft 11 
(Abteilung III, Nr. 765.) Die 
Aufgabe für den deutschen Städtebauer besteht darin, das 
Geheimnis dieser alten, dem deutschen Gemüt sympathischen 
Strassen und Plätze zu erforschen und die modernen Schö- 
pfungen mit ihrem Geist zu erfüllen. Niemand sage, unsre 
heutigen Verkehrsanforderungen und Gesundheitsregeln ver- 
trügen sich damit nicht; nicht die Enge oder der Lichtmangel 
schafft intime Strassenbilder, sondern die räumliche Abgrenzung 
und die dem Auge bequeme Uebersichtlichkeit! O. Gruner. 
  
Beschreibung der Abbildungen. 
Tafel 81. Wohnhaus in Berlin, Thomasiusstrasse 25. 
Architekt: Paul Jatzow in Berlin. 
Das Wohnhaus Thomasiusstrasse 25 liegt in einer der vornehmsten 
Strassen des Nordwestens von Berlin. Der Grundriss ist insofern be- 
merkenswert, als er ein sehr interessantes Beispiel für eine Grundrisslösung 
mit Mittelflügel gibt, ohne die Wohnräume zu zerreissen und ohne die 
Treppe mit reinem Oberlicht zu beleuchten. Die Fassade ist in flachen 
Putzprofilen mit Antragstuck ausgeführt, während der Portalbogen in kräf- 
tiger Profilierung aus sächsischem Sandstein hergestellt ist. Das Vestibül 
ist in echtem Marmor ausgeführt, die Ornamente angetragen und ange- 
quetscht, die Beleuchtungskörper aus Bronze. Das Haus wurde unter der 
Leitung des Architekten Paul Jatzow-Berlin in 10 Monaten erbaut und 
kostet ca. 350 Mk. pro Quadratmeter bebauter Fläche. Maurerarbeiten 
ausgeführt von Chr. Joh. Neumann; Zimmererarbeiten W. Gebhardt; 
Sandsteinarbeiten Schilling; Antragstuck Wohlfahrt; Malerarbeiten 
A. Bay. 
Tafel 82. Brunnen in der Au in München. Architekt: 
Professor 7heodor Fischer in Stuttgart. 
Der die Brunnenschale bekrönende Reiher mit Fisch, sowie der Kinder- 
reigen unter der Schale sind in Bronzeguss ausgeführt, der Brunnen im 
übrigen in Kalkstein. Die Skulpturen sind von Bildhauer Joseph Floss- 
mann in München, 
Tafel 83. Das neue Staatsministerium in Berlin. Archi- 
tekt: Geheimer Baurat Paul Kieschke in Berlin. Mittelbau 
mit dem Haupteingang. 
Zum Artikel »Das neue Staatsministerium in Berlin«, 
Tafel 84. Wettbewerbsentwurf für das Landeshaus in 
Wiesbaden. Architekten: P. Bonatz und F. Paulsen in Stutt- 
gart. — Angekauft, 
Der Entwurf des Landeshauses sucht den durch das Grundstück ge- 
gebenen Bedingungen nach Möglichkeit gerecht zu werden. Die stumpf- 
winklige Gestalt des Bauplatzes an zwei in ihrer Bedeutung stark von- 
einander abweichenden Strassen liess eine schulmässig symmetrische Lösung 
des Grundrisses mit Betonung der Winkelhalbierenden als gesucht er- 
scheinen. Um die Wirkung des Baues von der Hauptschauseite, dem 
Kaiser-Friedrich-Ring, zu erhöhen, wurde die Anlage nach dieser Richtung 
konkav gestaltet. 
Analog seiner Bestimmung zerfällt der Bau in drei Teile: einen lang- 
gestreckten Flügel am Kaiser-Friedrich-Ring, bestimmt für Bureaux der 
verschiedenen Landesbehörden, einen zu diesem senkrecht durch die ganze 
Tiefe des Grundstücks sich erstreckenden Trakt für den Landtag und einige 
Bureauräume, und einen selbständig angehängten Flügel mit der Dienst- 
wohnung des Landeshauptmanns, dieser Teil an der Moritzstrasse. Da das 
Programm die Möglichkeit 
L. Stube pn 
) au 
   
  
der Zuziehung eines Teils 
der Repräsentationsräume 
des Provinziallandtags zur 
Wohnung ‚des Landes- 
hauptmanns verlangt, so 
sind seine Diensträume in 
einen niedrigen Zwischen- 
bau verlegt. Diese Räume 
würden bei Festlichkeiten 
die Verbindung herstellen, 
der hinter ihnen liegende 
Flur erleichtert die Bedie- 
nung. — Die Trennung der 
einzelnen Raumgruppen er- 
möglicht erstens die An- 
lage der Dienstwohnung 
des Landeshauptmanns 
nach den für moderne vor- 
nehme Einfamilienhäuser 
gültigen Grundsätzen. Die 
zahlreichen Bureauräume 
folgen in schlichter Reihe 
einem 3m breiten Korridor, 
Für die repräsentativen 
Räume des Provinzialland- 
wurden ferner in 
reichem Masse die Mittel 
zu  höherer-- architektoni- 
scher Anlage und Ausge- 
staltung gewonnen, 
Stube 
Stube | 
Küche 
  
    
     
     
ML 
  
  
    
  
Speise -Zimmer 
— wa 
Wohn - 
1. Salon Zimmer 
Z 
. = 
TE 
er] Zim 
  
Wohnhaus in Berlin, 
Thomasiusstrasse 25, 
Architekt: Paul Jatzow 
in Berlin, 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.