1903
ARCHITEKTONISCHE MONATSHEFTE
bei dem Gebrauch von Modellen
darin liegt, in Spielerei und Pup-
penstubenarchitektur zu verfallen,
wird sich bei ernstem künstlerischem
Streben leicht vermeiden lassen.
Es berührt wohlthuend, wenig-
stens das eine von der heurigen
Architekturabteilung im OGlaspalast
berichten zu können, dass für eine
relativ grosse Zahl der ausgestellten
Entwürfe zugleich Modelle vorhan-
den sind. Voran stehen die reiz-
vollen ArbeitendesArchitekten Hugo
M. Roeckl (München): 3 Land-
häuser, nach den Hauptfarben ihres
Anstriches grünes, rotes und gelbes
Haus genannt. Hier ist sogar die
ganze gärtnerische Umgebung im
Modell dargestellt.
Das sogenannte »grüne Haus«,
auf terrassenartig ansteigendem Ge-
lände mit dem Abhang eines Ber-
ges im Rücken angelegt, ist das
umfangreichste der 3 Villen; es ist
für 12 Betten, einen Saal, Speise-
zimmer u, s. W. projektiert. Um das
Haus, das im Grundriss nahezu ein
Quadrat bildet und dessen 4 Giebel
oben in einem Türmchen zusammen-
schliessen, - läuft im 1. Stockwerk
ein Umgang auf Holzsäulen, der
dem Ganzen bei aller Stattlichkeit
der Anlage doch etwas ungemein
Pan Wandarm, Entworfen von Architekt Hans Friedel in München.
Ausgeführt von R. Kirsch daselbst,
Die Gründe, warum dieser Teil der sonst überaus reichhaltigen und
gediegenen Ausstellung so auffallend stiefmütterlich — schon seit Jahren —
behandelt wird, kenne ich nicht. Vorab scheint kaum ein Architekt Interesse
daran zu haben, seine Arbeiten hier einem grösseren Publikum zugängig
zu machen. Dann aber ist’s wiederum nicht einzusehen, warum eigentlich
dieser Appendix nicht überhaupt ganz aufgegeben wird, Denn was sollen
nun eigentlich diese paar Skizzen bezwecken? Sie können doch kaum
daran denken, dem Besucher ein auch noch so flüchtiges und ober-
flächliches Bild geben zu wollen von dem gegenwärtigen Stand und den
Zielen baulichen Schaffens in Bayern bezw. München,
Eine Ausstellung von architektonischen Entwürfen u. s. w. in der Behagliches und Wohnliches verleiht.
Form, wie sie hier geboten wird, ist schlechterdings ohne erzieherischen | Ausserordentlich malerisch liegt
Wert. Warum veranstaltet man da nicht lieber eine geschlossene, selb- das »rote Haus« mitten im Grün
ständige Architekturausstellung? Die Wettbewerbe, die des ausgedehn-
der rührige Bayrische Architekten- und Inge- BR tenBaumgartens.
nieurverein fast ununterbrochen abhält und deren An Motive norddeutscher Bauernhäuser sich anlehnend,
oft recht erfreuliche Resultate jetzt meist in dem Stu- trägt das nur einstöckige Gebäude ein enorm hohes
diengebäude des Neuen Nationalmuseums zur Besich- Dach. Werden auch durch die geschickte Farbenzu-
tigung offen stehen, würden die schönste Basis für ein sammenstellung — Weiss für den Unterbau, Tiefrot
derartiges Unternehmen abgeben. Vielleicht wird der für das Ziegeldach und Grün für Läden und Dach-
Gedanke einmal in den massgebenden Kreisen auf- lucken — sehr feine malerische Effekte erzielt, so dürfte
gegriffen! Ein Versuch möchte sich wohl lohnen! sich andererseits doch das überaus hohe Dach gerade
Eine Forderung vor allem müsste aber dann an für ein Landhaus, das kaum anderen als Wohnzwecken
die ausstellenden Architekten gestellt werden — und ich zu dienen hat, nicht sehr praktisch erweisen. Das Haus,
bin überzeugt, dass sie sich unter dem Zwang der E für eine kleinere Familie bestimmt, enthält neben Speise-
Situation von selbst erfüllen würde —: es müsste die en ZEN DS % \ raum und Wohnzimmer 3 Schlafzimmer mit 7 Betten.
häufigere oder sogar allgemeine Anfertigung von Mo- N N Am zweckentsprechendsten in Anlage und Ein-
dellen verlangt werden. In unserer Zeit, wo jeder Maurer \} richtung scheint mir das »gelbe Haus« zu sein,
sich Architekt und Baumeister tituliert, hat man sich ; 11} Es steht in der Ecke eines Grundstückes, an dessen
unter dem Druck der Konkurrenz und dem schnell- //7/ einer Seite eine Fahrstrasse vorbeiführt; besonderer
lebigen Hin und Her der Aufträge gewohnt, schlecht Wert ist dabei auf die Ausnutzung des zur Ver-
und recht nach ein paar oft ziemlich dürftigen Plan- fügung stehenden, etwas knappen Raumes gelegt.
zeichnungen munter drauf los zu bauen. Oft wird nicht Das 2. Obergeschoss des nahezu quadratischen Ge-
einmal von bedeutenden Bauwerken ein Modell verlangt oder bäudes ist etwas zurückgebaut, so dass eine Art umlaufende
angeboten. Altane entsteht; die erzielten Räume, Speisesaal, Wohnzimmer,
Man weiss, wie sehr z. B. die italienische Renaissance das 4 Schlafzimmer mit 8 Betten,
aus der Hand des Baumeisters hervorgegangene Modell zu schätzen sind sehr vorteilhaft verteilt.
wusste; Baukonkurrenzen ohne genau ausgearbeitete Modelle Auch die Einrichtung des Gar-
wären damals schlechterdings undenkbar gewesen. So hat auch tens ist ausserordentlich ge-
in Deutschland besonders das Zeitalter des Barocks ausser- schickt durchgeführt; sehr nett
ordentlich viel mit Baumodellen ge- machen sich die kleinen Stroh-
arbeitet. Noch findet sich hüttchen in den Ecken
in der Sakristei mancher
Beleuchtungskörper von Paul Stotz, Kunst-
gewerbliche Werkstätte in Stuttgart.
der Gartenmauer.
ol
” Punkten und Zahlen eines
schlichten Dorfkirche ein
Holzmodell vor, das im
17. oder 18. Jahrhundert
irgendein biederer»Stadt-
und Gerichtsmaurermei-
ster« angefertigt hat.
Es ist klar, dass
man bei Architekturaus-
stellungen in erster Linie
sorgfältig ausgeführte
Modelle ins Treffen füh-
ren müsste. Ist der Ar-
chitekt doch erst eigent-
lich mit ihrer Hilfe im
stande, einem grösseren
Kreis von Interessenten
das, was er will oder ge-
wollt hat, eindringlich
vor Augen zu stellen, auch
dem Laien, der sich nie
und nimmermehr in dem
Wust von Linien und
Grundrisses oder Schnit-
tes zurechtfinden wird,
klar zu machen, wie sich
das Resultat seiner Be-
Auch die Archi-
tekten Henry Hel-
big&Ernst Haiger
(München) haben
ihre Entwürfe zu der
seinerzeit projektier-
ten Umgestaltung des
Glaspalastes in Mün-
chen für die Kunst-
gewerbeausstel-
lung 1904 durch
2 Modelle nebst Far-
benskizzen erläutert,
Ö Das einestelltdie neue
Fassade dar. Es ist
mehr als ein neues
Mäntelchen, das der
@ alte, unmoderne Ge-
| selle umgehängt be-
kommen sollte. Ein
mächtiger Bogenbau
im Sinne römischer
| Triumphbögen bildet
| den Mittelrisalit, dem
A sich einfach gehaltene,
niedere Seitenteile an-
schliessen, ebenfalls
Lüster in ge- Von en _
triebenem Mes- Wilhelm rechnungen und künst- hoch genug, das ganze Lampe von Hof- A Paul Marcus
sing. 6 Glüh- & Lind lerischen Ideen darstellen dahinterliegende kunstschlosser * in Berlin.
lampen, 1 Bogen- in München,
lampe.
wird. Die Gefahr, die
Krone. Entworfen und ausgeführt von R. Kirsch
in München.
Glasgerüste zu Ver-