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Werners ,24. Februat“ und Grillparzers ,Ahnfrau“, Grillparzer ist sehr schief beurteilt, über Müllner wird so gut
wie gar nicht gesprochen, dagegen wird Otto Ludwigs „Erbförster“ mit Unrecht und jedenfalls ohne Begründung
unter’ die Schicksalstragödien gerechnet.
Die sprachliche Form der Arbeit ist scheinbar flüssig, versucht auch zuweilen poetisch zu werden; in Wahr-
heit aber sind Stil und Ausdruck weder gewandt noch präzis.
Im Ganzen macht die Arbeit den Eindruck eines nach einiger Überlegung der Sache rasch hingeschriebenen
Aufsatzes, dessen Verfasser zwar von der „Braut von Messina“ — in der von der Preisaufgabe gewiesenen Richtung —
eine gesunde und richtige Ansicht hat, sie aber nicht genügend wissenschaftlich zu begründen weiss und ebensowenig
diesen Mangel durch Vorzüge der Darstellung zu decken vermag.
2, Arbeit mit dem Kennzeichen: ! — ?
Der Verfasser geht gründlich und in seiner Art methodisch zu Werke. Nach einer kurzen Einleitung
sucht er zuerst den Begriff der Schicksalstragódie zu finden, indem er die Begriffe des Tragischen, der Tragodie und
des Schicksals erörtert und von verschiedenen möglichen Arten der Tragödie eine als Schicksalstragödie im engeren
und eigentlichen Sinne ausscheidet. Sodann untersucht er Schillers „Braut von Messina“ auf die Frage, ob die auf-
gestellten Merkmale der Schicksalstragödie hier zutreffen oder nicht, und kommt zu einer verneinenden Antwort.
Darauf wird dieselbe Untersuchung in Beziehung auf den „König Ödipus“ und die deutschen Schicksalstragödien der
Werner, Müllner, Grillparzer, Houwald angestellt — mit bejahendem Ergebnis. Endlich stellt der Verfasser eine
zusammenfassende Vergleichung der ,Braut von Messina* mit den anderen besprochenen Tragódien an, geht auch auf
gewisse historische Zusammenhänge ein und kommt zu dem Schlussergebnis, dass Schillers „Braut von Messina“ mit
der Schicksalstragödie nichts zu thun habe. — Ein Anhang giebt Nachweise über Citate und Litteratur, eine aus-
führliche Disposition der ganzen Arbeit und eine Anzahl von „Erweiterungen“ zu einzelnen Stellen.
Dieses Vorgehen kann jedenfalls eine wissenschaftliche Berechtigung beanspruchen. Der Verfasser hat
offenbar den Ausdruck „die Schicksalstragödie“ nicht in einem bestimmt umschriebenen litterarhistorischen Sinn,
sondern im Sinne einer ästhetisch-dramaturgischen Kategorie verstanden. Wenn ihm dies auch an sich nicht zum
Vorwurf gemacht werden darf, so hat es ihn doch in den Nachteil gebracht, die Grundlage seiner Arbeit in ästhe-
tischen und metaphysischen Erörterungen zu suchen, Untersuchungen anzustellen, denen er nicht ganz gewachsen ist
— Während er auf induktivem Wege aus dem litterarhistorisch vorhandenen Material mit leichterer Mühe und grösserer
Sicherheit zu dem für die Hauptfrage erforderlichen Begriff der Schicksalstragödie hätte kommen können.
In den grundlegenden Untersuchungen über das Wesen der Tragödie schliesst sich der Verfasser an Schillers
eigene Ausführungen (in den Aufsätzen: „Über das Pathetische“, „Über den Grund des Vergnügens an tragischen
Gegenstànden* und ,Über die tragische Kunst^) an, weil er im Streit der Meinungen über das Tragische Schiller
nur mit seinem eigenen Massstab gemessen wissen will. Obwohl dies bis auf einen gewissen Punkt berechtigt ist,
so bringt es doch auch eine gewisse Verengung des Untersuchungsfeldes mit sich und verleitet den Verfasser, da
Schiller selbst das Tragische nur unter dem Gesichtspunkt der Tragödie erörtert, die beiden Begriffe des Tragischen
und des Dramatischen nicht genügend auseinanderzuhalten. Das hängt auf anderer Seite auch damit zusammen, dass
der Verfasser — offenbar abgeschreckt durch die schwer auszurottenden thörichten Begriffe von der sogenannten
„tragischen Schuld“ — eine Untersuchung dieses Begriffes grundsätzlich auf die Seite schiebt, während doch die
Sache, um die sichs bei diesem unglücklichen Worte handelt, sowohl für die „Braut von Messina“ als für die
eigentliche Schicksalstragödie so wichtig ist wie für das Verständnis des Tragischen überhaupt.
Dass der Verfasser besser daran gethan hätte, seinen Begriff der Schicksalstragödie aus dem litterarhisto-
rischen Material zu holen, statt apriorisch zu Werke zu gehen, ergiebt sich auch daraus, dass er in den Analysen
der in Frage kommenden Tragödien viel sicherer geht und klarer spricht als in dem grundlegenden theoretischen
Teil seiner Arbeit. Im wesentlichen trifft sein Urteil das Richtige, und diejenigen Teile der Arbeit, welche sich
speziell mit der „Braut von Messina“ und mit ihrer Würdigung gegenüber den eigentlichen Schicksalstragödien be-
fassen, zeugen (abermals im wesentlichen) von einem üsthetisch-psychologischen Verstündnis des Schillerschen Stückes,
das sich vorteilhaft von vielen hergebrachten falschen Beurteilungen unterscheidet. So ist am Ende auch das Schluss-
ergebnis der Arbeit sachlich zutreffend.
Der Verfasser. hat im strengen üsthetischen und philosophischen Denken noch zu wenig Übung — und
manche Unklarheiten, schiefe oder unrichtige Auffassungen im Einzelnen hängen teils mit diesem Mangel teils damit
zusammen, dass er nicht selten mit dem sprachlichen Ausdruck zu ringen hat. Er greift deswegen zuweilen zu