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neue Rathaus in Stuttgart, dessen Entwurf von den Architekten Vollmer und Jassoy herrührt, welchen
auch die Ausführung übertragen ist. Ein Abdruck dieses Vortrags findet sich in der Beilage zum
Staatsanzeiger für Württemberg vom 27. Februar 1900. Nachdem sodann der Rektor der Hoch-
schule, Professor Dr. v. Weyrauch, das Ergebnis der Preisbewerbung vom Jahre 1899 mitgeteilt und
die Preisverteilung vorgenommen hatte, fuhr er in seiner Ansprache fort:
Hochgeehrte Festversammlung!
Ich habe die Ehre, folgende Königliche Entschliessung bekannt zu geben, welche mir von Seiner
Exzellenz dem Herrn Staatsminister des Kirchen- und Schulwesens zugegangen ist:
Seine Königliche Majestät haben durch Allerhöchste Ent-
schliessung vom 22. Januar d. J. gnádigst geruht, der Technischen Hoch-
schule in Stuttgart das Recht zu verleihen, nach Massgabe der in der
Promotionsordnung festzusetzenden Bedingungen
1. auf Grund der Diplomprüfung den Grad eines Diplom-Ingenieurs (ab-
gekürzte Schreibweise, und zwar in deutscher Schrift: Dipl.-Ing.)
zu erteilen,
2. Diplom-Ingenieure auf Grund einer weiteren Prüfung zu Doktor-
Ingenieuren (abgekürzte Schreibweise, und zwar in deutscher Schrift:
Dr.-Ing.) zu promovieren,
3. die Würde eines Doktor-Ingenieurs auch ehrenhalber als seltene
Auszeichnung an Männer, die sich um die Förderung der tech-
nischen Wissenschaften hervorragende Verdienste erworben haben,
zu verleihen.
Durch die soeben verkündeten Allerhöchsten Gnadenbeweise hat die Technische Hochschule
ein lange verfolgtes Ziel erreicht.
Der heutige Geburtstag Seiner Majestät gewinnt damit für uns historische Bedeutung; dem
Jahrhundert des Dampfes und der Elektrizität wird durch die Verleihung des Promotionsrechts an die
Technischen Hochschulen ein charakteristischer Stempel aufgedrückt. Die erste Empfindung, welche uns
hierbei beseelt, ist das Gefühl unauslöschlichen Dankes an Seine Königliche Majestät, dem ich hiermit
namens des Senats und der gesamten Hochschule freudig Ausdruck verleihe und dem sich alle tech-
nischen Kreise des Landes anschliessen werden. Je grössere Schwierigkeiten zu überwinden waren, um
so höher ist die Befriedigung, dass Seine Majestät der König die bedeutsame Stellung der technischen
Wissenschaften in unserer Zeit durch einen auch für weitere Kreise vers ändlichen Willensakt aner-
kannt haben.
Die Geschichte der Naturwissenschaft und Technik zeigt uns drei Epochen der Entwicklung
in Verbindung mit der Ausbildung wissenschaftlicher Institutionen: das Auftreten selbständiger Univer-
sitäten mit Befreiung der Wissenschaft aus den Banden der Scholastik, die Begründung der Akademien
mit Anerkennung des Experiments als Grundlage der Naturwissenschaft, und die Entstehung Technischer
Hochschulen mit systematischer Verwendung der Wissenschaft im Dienste des Menschen. Die letzte
Epoche von besonderer Tragweite hat durch die gnädigen Entschliessungen des Kaisers und Seiner hohen
Bundesgenossen an der Wende des Jahrhunderts einen gewissen Abschluss erlangt. Dasselbe Zeitalter,
welches Deutschland machtvoll an die Seite der vier alten Grossmächte treten sah, führte die technischen
Wissenschaften an die Seite der vier alten Fakultäten: und wie das neue Reich alle Vorurteile zu nichte
machte und sich als ein Hort des friedlichen Fortschritts erwies, so wird es zweifellos auch mit der
neuen wissenschaftlichen Grossmacht ergehen.