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Die Copepoden bilden eine Gruppe von kleinen Krebstieren, welche sowohl in den Oberflächenschichten des
Ozeans, als in den stehenden Binnengewässern, von den Tümpeln und Gräben der Ebene bis zu den großen Seen
des Alpenvorlandes und den Glazialseen des Hochgebirges, in ungeheurer Individuenzahl auftreten, und, indem sie sich
einerseits vorzugsweise von einzelligen pflanzlichen Organismen (Algen, Diatomeen) nähren, andrerseits selber zahl-
:ceichen Tieren, namentlich Fischen (z. B. Heringen, Felchen) als Nahrung dienen, einen äußerst wichtigen Faktor
der Oekonomie des Wassers bilden. Abgesehen von dem sich hieraus ergebenden allgemein biologischen und
praktischen Interesse haben diese Tiere in neuerer Zeit noch eine weitere Bedeutung gewonnen, indem sie zu den
wichtigsten und günstigsten Objekten der Zellen- und Befruchtungslehre gehören. Von den verschiedensten Gesichts-
punkten aus ist also eine genaue Feststellung der Fortpflanzungsgeschichte der Copepoden von hohem Werte, ins-
besondere die Lösung der Frage, ob hier eine strenge Periodizität, ein Auftreten regelmäßiger Fortpflanzungszyklen
ler eine größere Abhängigkeit von örtlichen und meteorologischen Verhältnissen wahrzunehmen ist.
Der Verfasser hat mit einer Gründlichkeit und Selbständigkeit, wie sie bei einem Anfänger nur selten zu
re tritt, auf Grund des einheimischen Materials, welches von nahezu 200 verschiedenen Gewässern aus allen Teilen
irttembergs stammt, die einschlägigen Verhältnisse untersucht und ist dabei zu Resultaten gelangt, welche in ver-
chiedener Hinsicht eine wertvolle Grundlage für spätere Forschungen bilden werden. Insbesondere dürfte die erst-
malige genauere Feststellung der Copulationsvorgänge und der Dauerzustände einiger Formen, das lebhafte Interesse
der Biologen wachrufen, Die Form der Darstellung verdient gleichfalls alle Anerkennung; einige kleinere, im Hin-
blick auf die Kompliziertheit mancher Resultate wohl zu entschuldigende Unklarheiten, werden aufgewogen durch die
Übersichtlichkeit in der Einteilung und Anordnung des Stoffes,
Im ganzen zeigt die Arbeit, daß der Verfasser eine nicht geringe natürliche Beobachtungsgabe und ein ernstes
vissenschaftliches Interesse mit der Befähigung verbindet, die Resultate theoretisch zu verarbeiten und von allge-
meineren Gesichtspunkten aus zu beleuchten. Die Arbeit entspricht so, namentlich bei Berücksichtigung der verhält-
äßig kurzen, kaum zwei Jahre umfassenden Beobachtungszeit, auch den höchsten Erwartungen, welche bei Stel-
eines derartigen Themas gehegt werden konnten. Ich bitte daher die Abteilung, den Verfasser für den vollen
vorschlagen zu wollen.
Diesem Antrag wurde vom Senat stattgegeben. Verfasser der Arbeit und Empfänger des
Preises ist: Eugen Wolf von Stuttgart-Berg, von Herbst 1900/1902 ordentlicher Studierender
Naturwissenschaften an hiesiger Technischer Hochschule.
VI. Aufgabe der Abteilung für Allgemein bildende Fächer.
Das Verhältnis von Landschaft und Architektur in der ästhetischen Wirkung.
Über die beiden eingegangenen Arbeiten berichtete der Referent:
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1. Die Arbeit mit dem Kennwort: Carl Theodor
besticht äußerlich durch lebhafte und warme Schreibart und durch meist gut ausgewählte und eingefügte Bilder.
i rerüt jene Lebhaftigkeit und Würme allzuoft ins Sehwülstige und dadurch ins Unklare, auch laufen nicht
sprachliche Verstöße mitunter.
Sachlich zeigt der Verfasser ein gutes, wenn auch noch nicht abgeklärtes Empfinden für ästhetische Wirkungen
in der Landschaft und in der Architektur, auch für das Verhältnis zwischen beiden, Aber der Aufgabe, dieses Ver-
hältnis innerhalb der jeweilig gegebenen ästhetischen Wirkung in seinem Wesen zu untersuchen und darzustellen,
ist er nur unvollständig gerecht geworden, wie er denn schon die Formulierung der Aufgabe willkürlich verschoben
hat. Er spricht zu viel von den Aufgaben des Architekten und zu wenig von den inneren Ursachen des ästhetischen
Zusammenwirkens beider Faktoren in einer und derselben Gesamtwirkung, er erörtert Vorhandenes und historisch
Gewordenes in einer Weise, die zuweilen nur in losem Zusammenhang mit dem eigentlichen Thema steht, auch nicht
immer auf vollständigen und richtigen Vorstellungen von der Sache beruht, er stellt an manchen Punkten ästhetische
Gesetze auf, in der Regel aber, ohne sie aus den Tatsachen abzuleiten oder in ihrer Wirksamkeit sachlich genauer auf-
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