Full text: Ein Jahrhundert Württembergischer Verfassung

  
  
  
  
E ET ZE FREIER REE E. 
§ - 
  
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der hervorgerufen war durch die langen Uriege, die Hungersnot von 
1816/17, dann die Wohlfeilheit der Früchte von 1819 und nicht zu- 
letzt durch den erdrückenden Wettbewerb des engliſchen Gewerbes, 
verlangte der erſte Haushaltplan, der mit rühmlicher Offenheit die 
wahre Lage enthüllte, die Bewilligung dreier neuer Steuern auf die 
bisher steuerfreien Kapitalien, Gefälle und Beſoldungen zur Deckung 
des damals als ungeheuer empfundenen Abmangels von mehr als 
einer halben Million, bei einem Geſamtbedarf von 10 Millionen 
Gulden (oder 17 Millionen Mark), während der Staatsbedarf für 
1918 auf 145 Millionen Mark angesetzt werden mußte. 
Die 2. Kammer bewilligte die neuen Steuern; die Erste wollte 
ſie ablehnen, aber die für diesen Fall vorgeſchriebene Durchzählung 
der Stimmen beider Kammern ergab die endgültige Annahme. Die 
2. Kammer hat dafür viel Vorwürfe von den Beiroffenen geerntet; 
aber es. gelang ihr so, den Haushalt ins Gleichgewicht zu bringen, 
obwohl zugleich eine drückende indirekte Stener, die Akziſe von dem 
ins Ausland gehenden Vieh, herabgeſetzt worden war. Um 10. Fe- 
bruar 1821 kann der Abgeordn. Weber berichten : „Die Finanzen sind 
in ſchsnster Ordnung, wie in keinem anderen mir bekannten Staat, 
eine von vielen verkannte Wohltat der Verfaſſung “.") Bei den fol- 
genden Haushaltplänen ging der Landtag diesen Weg weiter. Er 
heharrte auf den neuen direkten Steuern, beſ 
  
chloß dagegen neben Er- 
ſparnisſen von über einer halben Million die Aufhebung gehäſſiger und 
drückender indirekter Abgaben, Tabakmonopol, Frucht-, m 
Moſtakziſe, Stempel auf Schuldverſchreibungen u. a. 
Wesentlich erleichtert wurden dieſe Erfolge dadurch, daß Usnig 
Wilhelm im Grundgesetz die bedeutenden Domänen der Urone ohne 
Bedenken zum Staafsgut erklärt und nur eine Zivilliſte daraus sich 
ausbedungen hatte; er hat damit dem Land UKämpfe erſpart, die in 
anderen deutschen Staaten durch Jahrzehnie getobt und das Verfasſungs- 
leben vergällt haben. Selbſt in Baden hat man noch nach hundert 
Jahren nicht gewußt, ob und wie weit die Domänen Eigentum 
Jes Staates seien oder des Regenten und seiner Familie.?) In Baxern 
war es freilich ebenſo wie in Württemberg ; aber dort hatte das Grund- 
gesetz i. I. 1818 verſäumt für ein feſtes, unabhängiges Einkommen 
der Krone zu sorgen, ſo daß bei jedem Haushaltplan (bis 1834) ein 
ärgerlicher Streit über diesen zarten Punkt entſtand. Beſſer hat unsere 
Verfaſsſungsurkunde vorgeſehen, daß eine feſte Zivilliſte auf die ganze 
Regierungszeit eines Königs verahſchiedet werde. Dies geſchah noch 
im Juni 1820 in geheimer Sitzung. Es wurden dabei die Koſten 
des Hofiheaters vom Staat auf die Zivilliſte abgeſchoben und dieſe 
zum Ausgleich erhöht von den geforderten 800 000 fl. auf 850000 fl., 
1 p n 
9 yet! UL Bh 03:. Gh. Baden 1909 S. 57. R. Goldſchmit: Geschichte 
der bad. Verf.-Urkunde 1918 S. 31. 
 
	        
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