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getrotzt..) Um \o mehr glaubten sie einschreiten zu sollen, wenn nun
wirklich Dinge vorfielen, die in Meiternichs Augen als Demagogen-
tum erſcheinen mußten. Das traf auf Liſts Eingabe zu. Die Ab-
weiſung seines ersten Begnadigungsgeſuches i. I. 1824 wurde aus- |
drücklich damit begründet, daß durch Liſt nicht nur die innere, ſondern
auch die äußere Ruhe des Staates gefährdet worden ſei und bereits |
Unannehmlichkeiten mit dem Ausland die Folge des Cisſtiſchen Ver-
brechens gewesen ſeien.
Daß die Regierung. sich gedrungen fühlte, durch Ciſts Ausſchluß
aus der Kammer den Großmächten ihren guten Willen und die Macht
zur Unterdrückung wirklicher Ausschreitungen zu zeigen und einem An-
ſinnen Metternichs zuvorzukommen, ist sonach verständlich. Unver-
ſtändlich aber bleibt und nicht zu rechtfertigen, daß darauf auch das
Gericht glaubte, Liſt nicht bloß zu zehnmonatiger einfacher Festungs-
ſtrafe verurteilen zu sollen, sondern zu Feſtungsstrafe „ mit angemessener
Beſchäftigung“. Das war eine, von dem Geſetz über Staats- und
Majeſtätsverbrechen nicht gebotene Strafschärfung, und ſie erſt hat
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Liſts bedingten Ausschluß zu einem unbedingten gemacht und damit
die Kammer der unſchätzbaren Mitarbeit Liſts für immer beraubt.
Auch der Riß innerhalb der Kammer blieb. Die Flitterwochen
des Verfaſſungslebens waren zu Ende.
Am 26. Juni 1821, anderhalb Jahre nach der Eröffnung,
konnte der erſte Landtag geſchloſſen werden. König Wilhelm tat dies
ſelbſt mit einer Thronrede, worin er sich allen äußeren Anfeindungen
zum Trotz aufs neue offen zur Verfassung bekannte, indem er den Tag
ſegnete, „an dem durch freien Vertrag unsere Verfassung in das Leben
getreten“, und indem er es mit Vergnügen und Dank anerkannte, daß
vieles erreicht, vieles in die Wege geleitet worden und daß bei mehr
als einem der Beratungsgegenslände die Einsichten und patriotischen
Gesinnungen der Stände der Regierung von großem Nuyten gewesen
fen: Daß dieser erſte Candtag faſt ganz glatt verlaufen iſt und viel
nützliche Arbeit geleistet Hat im Unterſchied von denen der Nachbar-
staaten, verdankte Württemberg auch dem Umstand, daß die Erinne-
rung an ein Zuſammenarbeiten von Regierung und Volksvertretung
trotz Aufhebung der alten Verfaſſung i. I. 1806 nicht erloſchen war
noch in den Verſammlungen von 1815bis 21 saßen mehrere Mitglieder,
die den alten Ausſchuß- und Landtagen vor 1 806 angewohnt hatten
und daß sich in den Verfaſſungskämpfen von 1815 bis „1819 eine
Gewshnung an konstitutionelle Regierungsweise und eine Ubung nin
der Handhabung ihrer Formen auf Seiten der Regierung wie der
Stände gebildet hatte.
1) UK. J. Weber a. a. O. 1, 16. 19. 24/25.