Die Aussage des Auslobers, daß sich keine befriedigenden
Lösungen erreichen lassen werden, sagt vielleicht zweier-
lei:
1. Seine bisherigen Erfahrungen bei Bauplanungen waren
schlecht, und er rechnet vorsorglich damit, daß es
auch diesmal nicht besser sein wird.
? Er fordert die Entwerfer auf, es mit den Standortfragen
nicht allzu genau zu nehmen, da er selber keine Kri-
terien liefern kann und auch nicht die Absicht hat, die
Entwürfe nach topologischen Gesichtspunkten zu beur-
teilen.
Oder, wenn dies eine polemische Interpretation wäre, er
hat die Möglichkeiten der Standortwahl bereits erforscht
und festgestellt, daß unter den gegebenen Umständen
tatsächlich nichts Gutes zu machen ist, möchte aber nie-
mand zeigen, auf welchem Wege er zu diesem Ergebnis
gekommen ist,
Mit anderen Worten, die meisten Planungsaufgaben sind
Entwurfsarbeiten, und es entscheidet der baukünstlerische
Seschmack darüber, wie die Bauten aussehen sollen, de-
nen solche Aufgabenstellungen zugrunde liegen. Man wird
sich darin schon irgendwie einrichten. Es kostet zwar auf
diese Weise viel Geld, aber nicht das Geld derjenigen,
die solche Planungen zu verantworten haben.
Um auf das Thema des Symposions zurückzukommen, des-
sen Sinn und Zweck es sein soll, darüber zu diskutieren,
in welcher Form Architekturtheorie in die Architekten-
ausbildung integriert werden kann, möchte ich einige Vor-
schläge machen, die vielleicht zugleich als Antwort auf
das Problem der Architekturtheorie und Architekturkritik
gelten können.
Architektur, als Tätigkeit des Entwerfens von Bauwerken,
sollte, wenn nicht ganz ersetzt, dann wenigstens ergänzt
werden durch einen neuen Zweig: Bauplanung.
Der Bauplanung sollten alle bekannten Methoden erschlos-
sen werden, die in der industriellen Planung für struktu-
rell ähnliche Fälle bekannt sind.
Da private Planungsbüros im allgemeinen innerhalb der
ihnen gebotenen Objektaufgaben übergeordnete methodo-
logische Entwicklungsarbeit nicht leisten können, ist es
in erster Linie die Aufgabe der öffentlichen Institutionen,
vor allem aber der Universitäten, Institute für wissen-
schaftliche Entwicklungsarbeit auf dem Gebiete der Bau-
planung einzurichten,
Die notwendige Umstrukturierung im Bauplanungswesen
müßte im Ausbildungswesen beginnen. Wie man hört, fin-
den bereits jetzt viele Absolventen des Architekturstudiums
keine Arbeit mehr. Es könnte demnächst behauptet wer-
den, Architekturstudium sei Ausbildung zur Arbeitslosig-
keit, Die bekannte Ausrede, Hochschulabsolventen hät-
ten noch keine Erfahrung, umschreibt schamhaft die Tat-
sache, sie haben nicht das gelernt, was sie für die Pla-
nung wissen müssen. Sie können allenfalls entwerfen, aber
dafür besteht kein so großer Bedarf. Das heißt, die Aus-
bildung muß den Anforderungen der Bauplanung angepaßt
werden.
Es gilt schließlich im Bauwesen, meinetwegen auch immer
noch in der Architektur, einige historische Widersprüche
aufzulösen, diejenigen zwischen Technik und Ästhetik,
Inhalt und Form, Theorie und Praxis in einer Manung, die
praktische Erfordernisse als menschliche erkennt und
menschlichen Bedürfnissen mit allen Mitteln der Erkennt-
nis und des Wissens zur praktischen Erfüllung verhilft.
(Vortrag auf dem Internationalen Symposion "Architektur-
theorie" im Dezember 1967 in Berlin)
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