Peter Jockusch
EINIGE PROBLEME DER BEDARFSPLANUNG
Dargestellt an Beispielen aus der Universitätsplanung
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Die Qualität von Bauten wird nicht mehr nur nach archi-
tektonischen Kriterien, sondern mehr und mehr nach sol-
chen der Nützlichkeit und Zweckerfüllung gemessen. Ob
ein Bau seinen Zweck erfüllt, wird nicht allein von der
Leistung der Architekten und Ingenieure bestimmt. Der
Bauplaner kann Mängel in der Aufgabenstellung nicht
beheben. Er ist abhängig von den Entscheidungen und
Planungen, die v or der Bauplanung liegen, die also
zur Aufgabenstellung führen: Die Planungsphase zwischen
Nutzerwunsch und Bauprogramm, die vorläufig hier
Bedarfsplanung genannt sein soll, wird damit
zu einem notwendigen Teil der Planung.
Es gibt bisher keine komplette Theorie, keine einheitliche
Methodik der Bedarfsplanung, obwohl an zahlreichen
Stellen Grundlagen hierfür erarbeitet werden.
Aus den bisher bekannten Fragestellungen und Lösungen
ergeben sich im wesentlichen vier Problembereiche, die
eng untereinander in Beziehung stehen und die unter dem
Begriff Bedarfsplanung zusammen gesehen werden müssen,
Diese Bereiche seien hier durch vier Fragen gekennzeich-
net.
]) Welche Nutzungen müssen inder
Hochschule untergebracht: werden?
Hierzu gibt es Ansätze zur Systemanalyse des
Hochschulbereichs, Es geht darum, die Aufgaben der
Hochschule in Hinsicht auf den Kapazitätsbedarf zu defi-
nieren. Der Zustrom und Abstrom des Systems und die
Wege und Leistungen des Durchstroms werden in Hinsicht
auf direkt erforderlichen und auf induzierten Kapazitäts-
bedarf analysiert und Interdependenzen festgelegt. Sys-
temansätze liegen vor entweder für Teilbereiche der Hoch-
schule (z.B. Lehrsysteme, Mensen, Bibliotheken (1) oder
für den gesamten Hochschulbereich mit verengter Frage-
stellung (z.B. Modelle für die Ausbildungskapazität (2)
oder Entscheidungsfluß im Hochschulsystem (3) oder die
Hochschule als Produktionsbetrieb (4).
Peter JOCKUSCH, 1934. Studium an der Staatl. Kunstakad,
Stuttgart, Architekturstudium München, Karlsruhe, Dipl.1960.
Arbeit in Werken der industriellen Wohnungsproduktion.
Planung Universität Bochum, Gutachtliche Tätigkeit für
Bauwirtschaftsfragen. 1965 Visiting Lecturer, School of
Arch., Hull, und Mitarbeit am Inst. of Advanced Archi-
tectural Studies, York University. Veröff.: 1966 Industri-
alisierung im Wohnungsbau (Promot.), 1967 Gesamtplanung
britischer Hochschulen. Ab 1966 Leiter der Arbeitsgruppe
Bedarfsbemessung wiss. Hochsch. im Zentralarchiv f. Hoch-
schulbau u.i. Finanzministerium B.W, .
Seit 1968 Mitarbeiter des Zentralarchivs für Hochschulbau,
Stuttgart.
Ansätze für eine Gesamtsystematik werden für die Strö-
mungsgrößen der Hochschulbevölkerung oder für die
Analyse aller Zu- und Abströme des Systems bearbeitet (5).
2) Wieviel Raum benötigt man, um
eine bestimmte Nuftfzungsmenge
unterzubringen?
Diese Frage zielt auf Methoden der Berechnung von
Kausalzusammenhängen zwischen verursachenden Nutzun-
gen und verursachten (Räume) Größen.
Hierzu sind bereits zahlreiche Untersuchungen durchgeführt
worden (6). Den bisher vorliegenden, meist für lokale ,
kurzfristige Fragestellungen entwickelten Verfahren fehlt
ihre Einbindung in eine Makrosystematik; sie sind deshalb
meist nicht kompitabel.
3 Wannwird wieviel Raum für welche
Nutzungsmengen benötigt?
Diese Frage zielt auf die Prognose des Wachstums und der
Veränderungen des Hochschulwesens. Hier werden makro-
politische Zielsetzungen und Alternativen nach Art, Zeit
und Umfang in das System (Frage 1) eingegeben und mit
den Methoden (Frage 2) auf Konsequenzen für ihre Reali-
sierung hin simuliert,
Auf diesem Gebiet sind Konzepte und Pläne zahlreich
vorhanden (7). Es fehlt aber an der Systemanalyse und an
verläßlichen quantitiven statistischen Grundlagen, um
politische Alternativen bewerten und nötige Maßnahmen
zur Realisation konzipieren zu können.
4) Wie, wann, mit welchen Mitteln
läßt sich diese Frage nach Raum am
besten bedienen?
Hierzu werden "Strategien der Vorsorge" zu entwickeln
sein, mit denen sich rechtzeitig ein auskömmliches Raum
angebot machen läßt, und zwar so, daß man auf die zum
Teil recht sprunghaften, diskontinuierlichen Forderungen
des politischen Bereichs reagieren kann. Dies sollte ge-
schehen ohne große Wertverluste des Bestandes und unter
größtmöglicher Beibehaltung der mittelfristigen Konzepte
zur Bauplanung.
ARCH + 1(1968) H.4