Full text: ARCH+ : Studienhefte für architekturbezogene Umweltforschung und -planung (1968, Jg. 1, H. 1-4)

fang kommender Bauaufgaben sind Zweifel aufgekommen, 
ob wir uns weiter diese Art der Planung leisten können. 
Die Gefahr besteht, daß jetzt die Ansätze flexibler Typen- 
planung als zu aufwendig verdammt werden, und die For- 
schung über kurzlebige Bauten garnicht erst einsetzt. 
Stattdessen sollten die bisher gesammelten Erfahrungen aus- 
gewertet und neue Ansätze versucht werden, die der ge- 
stellten Aufgabe "Planung für Nutzungsprozesse" besser 
entsprechen, Bauplanung darf sich dann nicht mehr aus- 
schliesslich als technisch-aesthetische Aufgabe begrenzen, 
sie muß ihr Methodenrepertoire in Hinsicht auf die ge- 
änderten Aufgaben erweitern. 
Planung als Entscheidungsprozess 
Gibt es zur Lösung einer gestellten Aufgabe nur einen ge- 
eigneten Satz technischer Mittel, so ist Planung ein tech- 
nisch determinierter Prozess, diese Mittel in geeigneter 
Weise zur Lösung der Aufgabe einzusetzen. 
Kostenfragen gibt es nur zu Beginn, wenn der Aufgaben- 
steller entscheiden muß, ob er über die den technischen 
Mitteln entsprechenden Geldmittel verfügt. Die Bau- 
planung befand sich bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhun- 
derts in dieser Situation , es bestanden klar umrissene Bau- 
aufgaben und der Architekt kannte die angemessenen tech- 
nischen Mittel. Dieser Zustand besteht jetzt nur noch bei 
einfachen Aufgaben oder als Fiktion zum Selbstschutz des 
Planers. 
Die Wahlmöglichkeit zwischen alternativen technischen 
Mitteln ist fast unübersehbar groß geworden, jede Markt- 
lücke wird sofort von den Herstellern mit neuen Artikeln 
ausgefüllt, Es besteht aber auch Unsicherheit über die An- 
wendung dieser Mittel auf die Aufgabe, da der Nutzungs- 
prozess keine eindeutige Zuordnung von Mittel und Zweck 
zuläßt. In dieser Situation muß eine Neubestimmung der 
Planungsverfahren einsetzen. Sie müßte erreichen: 
|. Neue Definitionen der Aufgabenstellung, die Nutzung 
darf nicht mehr als statischer Zustand, sondern als ein 
ablaufender Vorgang aufgefaßt werden. Dieser kann 
prognostiziert oder simuliert werden, das Ergebnis ist 
ein "Modell des wahrscheinlichen Nutzungsprozesses" 
Dieses ersetzt das statische Raumprogramm bisheriger 
Art. Die Verfahren zur Herstellung dieser Modelle be- 
schreibt P. Jokusch als Bedarfsplanung im vorausgehen- 
den Aufsatz. 
) Bessere Kenntnis der technischen Mittel, Von einer 
ingenieurmäßigen Kenntnis der wesentlichen Baustoffe, 
ihrer Verwendung und ihrem Nutzungsverhalten sind die 
Bauplaner weit entfernt. Die herstellende Industrie 
scheint bis auf Ausnahmen auch wenig an einer objekti- 
veren Information interessiert zu sein. Firmenunabhängi- 
ge Bauforschung gibt es praktisch nicht: Für Baufor- 
schung gab der Bund 1967 ca. 1,3 Mio DM aus, das 
jährliche Hochbauvolumen beträgt 60 Milliarden DM; 
d.h. nur 0,002 Prozent des Umsatzes werden für 
öffentlich geförderte Bauforschung ausgegeben. (2) 
Es kann aber nicht erwartet werden, daß mehr in Bau- 
forschung investiert wird, solange die Bauplaner kein 
genügendes Interesse aufbringen oder nicht in der Lage 
sind, Forschungsaufträge ausreichend zu begründen. 
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3. Entscheidungsverfahren, die eine rationale Wahl unter 
möglichen planerischen Alternativen ermöglichen. Die 
Entwicklung und Anwendung dieser Verfahren setzt 
Arbeiten über die Punkte 1 und 2 voraus. Sind Nutzungs- 
prozess und bautechnische Mittel bekannt, so werden 
die Entscheidungen in den meisten Fällen darin be- 
stehen, den geringsten Aufwand zu bestimmen, mit dem 
bautechnische Mittel Nutzungsanforderungen erfüllen 
können. Die Entscheidungsverfahren werden also haupt- 
sächlich ökonomische Methoden benutzen, in ihrer Ge- 
samtheit sollen diese als Planungsökonomie bezeichnet 
werden. 
Andere Entscheidungsverfahren werden z.B. die Zeit 
als Zielgröße verwenden, wenn es darum geht, in 
möglichst kurzer Zeit zu planen und zu bauen, doch 
wird ihr Anwendungsbereich verglichen mit dem der 
planungsökonomischen gering sein. 
4 Erweiterung des Aufgabenbewußtseins. Planen und 
Bauen sind nur eine mögliche Antwort auf Nutzungs- 
aufgaben. Gebäude, Geräte und Personen sind in we! 
ten Bereichen konkurrierende Investitionsformen, die 
sich gegenseitig substituieren können. Ohne diese Er- 
kenntnisse kann es keine absolute, sondern nur die in 
sich beste Baulösung geben (s. dazu auch Aufsatz P. 
Jokusch). 
Fragestellungen der Planungsökonomie 
Wie dargestellt, ist die Planungsökonomie ein Hilfsmittel 
der Bauplanung, sie existiert nicht neben ihr als Zutat, 
sondern mit ihr, indem sie alltägliche Fragen der Pla- 
nungspraxis entscheiden hilft, die bisher unbewußt, zu- 
mindest nur gefühlsmäßig oder erfahrungsgemäß ent- 
schieden werden. Zur Eingrenzung ihres Anwendungsbe- 
reiches ist es erforderlich, ihre Fragestellungen wenig- 
stens im Überblick darzustellen. 
Dazu betrachten wir den Planungszyklus von Gebäuden 
und ordnen planungsökonomische Fragestellungen darin 
ein: 
I. Bauen - eine der möglichen Investitionsformen 
Am Anfang stehe der Wunsch eines Nutzers nach mehr 
oder geeigneterer Fläche. Er wird sich in einer be- 
stimmten finanziellen Situation befinden, die zu berück- 
sichtigen ist. Zur Erfüllung seiner Nutzungswünsche muß 
er sie baulich interpretieren, denn zunächst hat 2r nur 
eine betriebliche Leistungsvorstellung als Produktions- 
ziel o.ä. Diese Interpretation geschieht als Bedarfspla- 
nung. Nach ihren Feststellungen sind alternative Ent- 
scheidungen möglich: Soll man Fläche mieten, kaufen, 
umbauen oder neu planen und bauen, oder kommt man 
durch den Kauf einer neuen Maschinen, den Einsatz von 
mehr Personal mit der vorhandenen bzw. weniger Fläche 
aus ? Sind die technischen Voraussetzungen geklärt, so 
ist ein Kostenmodell aufzustellen, das dem Nutzer eine 
Entscheidung erlaubt. Welcher Architekt ist in der Lage 
dem Nutzer in dieser Situation eine Entscheidungshilfe 
anzubieten ? Er möchte planen und bauen, alles andere 
ist nicht sein Beruf. Der Nutzer befaßt sich aber auch 
nur gelegentlich mit Baufragen, so daß Grundsatzent- 
scheidungen leicht in die falsche Richtung gehen können. 
Der Architekt müßte in der Lage sein, anhand von Kosten- 
richtwerten die zu erwartenden Bau- und Betriebskosten 
festzustellen und diese einschließlich der Nebenkosten mit 
den Miet- bzw. Kaufangeboten vergleichbar zu machen. 
ARCH + 1(1968) H.4
	        
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