Prof. E. Heinle, M. Church, H. Dehlinger
STUFENWEISE OPTIMIERUNG:
Vergleichende Bewertung von Entwürfen am Beispiel der
Planung des Olympischen Dorfes
Der Vorgang und seine Begründung:
Man kanndie Wege zur Lösung eines komplexen Problems
kennzeichnen durch das Gegensatzpaar:
(1) "bedachtsam, aber sicher" (2) "wer wagt, gewinnt"
Versucht man näher zu bestimmen, was diese Wege un-
terscheidet , so sind relevante Begriffe
für (1)
- Ratio
Analyse
Synthetischer Aufbau
der Lösung
Ständige Rückkopplung
Erzeugung von Varietät
in Teilbereichen
Spektrum an Entschei-
dungen (Parallelunter-
suchungen)
Trend zur Objektivität
für (2)
- Intuition
- Idee
- Sprung ins Dunkle
- Umfassendes Vorgehen
- Erzeugung von Varietät
an Lösungen
- Entscheidungsketten (ra-
sche Folge von Entschei -
dungen)
- Subjektivität
Gemeinsam ist beiden (und allen möglichen Zwischen-
stufen), daß für den Prozeß der Suche nach Lösungen
Strategien eingesetzt werden, mit denen der Raum poten-
tieller und vermuteter Lösungen durchforscht wird,
Die Strategien sind abhängig
- vom Grad der Komplexität des Problems
- von der zur Verfügung stehenden Zeit
von den zur Verfügung stehenden Mitteln
vom Ausbildungsstand der Mitarbeiter zu Beginn der
Problemlösung (Kreativität, vorhandenes Wissen, per-
sönliche Arbeitsmethoden, Fähigkeit zum Team-work
etc.)
Der Wert einer Strategie kann gemessen werden, Ziel
ist eine optimale Lösung des Problems mit möglichst ge-
ringem Aufwand. Für die Lösung komplexer Probleme
unter starkem Zeitdruck (crash program) sind Gruppen
besonders gut geeignet. Wissenschaftliche Methoden zur
Lösung komplexer Probleme in der Architektur wurden
erst vereinzelt vorgeschlagen, denn der Einsatz solcher
Methoden für den Entwurfsvorgang setzt einen langen
Lernprozeß voraus, und Entwerfer, die über derartige
Methoden verfügen. Diese sind wohl zur Zeit kaum zu
erwarten, Die Steigerung der Kreativität und der Pro-
duktivität durch Team-work unter Einsatz kreativer Tech-
niken wie
- morphologische Feldstudien
- check-list
- brainstorming
- synecties etc.
hat in der amerikanischen Weltraumforschung zu überra-
s chenden Ergebnissen geführt,
Der Grundgedanke dabei ist, daß es leichter ist, wissen-
schaftliche Methoden für die bewertende Analyse eines
Lösungsvorschlages einzusetzen als die Lösung synthetisch
aufzubauen. Man schlägt dazu den Weg des "wer wagt,
gewinnt" ein und versucht, optimale Bedingungen für die
Kreativität und Produktivität zu schaffen. Die in ständi-
gem Informationstausch stehenden Gruppen und Individuen
versuchen, in einer festgesetzten Zeit ein möglichst brei-
tes Spektrum an Lösungsvorschlägen zu finden. Dabei
wirkt der Austausch von Assoziationen verschiedener Per-
sonen mit verschiedenen Wissensbereichen als Stimulus,
Der Gruppenvorteil der gegenseitigen Anregung zu ver-
stärkter Entwicklung von Ideen ist desto größer, jever-
schiedenartiger die Repertoires der einzelnen Gruppen-
mitglieder sind, und je größer der Anreiz (Prestigegewinn
etc.) zur Entwicklung neuer Varianten ist. Er nimmt je-
doch mit zunehmender Lebensdauer der Gruppe rasch ab,
- deshalb der Zwang , in möglichst kurzer Zeit zu ent-
wickeln (Osborne: "quantity is wanted"). Die einzelnen
Vorschläge werden mit einem dem Lösungsstand angemes-
senen Aufwand an Darstellung fixiert. Damit ist die
erste Stufe der Problemlösung abgeschlossen.
Das Ziel, das letztlich erreicht werden soll, ist ein
“guter Entwurf", Doch ist die Frage, ob ein vorliegender
Entwurf "gut" ist, weniger leicht und klar zu beantwor-
ten als die Frage, welche schlechten Eigenschaften noch
erkennbar sind. Der Weg zur optimalen Lösung führt über
die Feststellung und nachfolgende Behebung von Unzu-
länglichkeiten.
Das Optimum ist erreicht, wenn die Mängel ein Minimum
ARCH + 1(1968) H.4