BERICHTE
Anstelle des an dieser Stelle ursprünglich vorgesehenen
umfassenden Berichts über die inzwischen a.a.O. aus-
führlich behandelte Sommerkonferenz des Massachusetts
Institute of Technology, Cambridge, Mass. und der
Technischen Universität Berlin:
Der Computer in der Universität
Berlin, 22.7.-2.8.1968,
veröffentlichen wir zwei Stellungnahmen, die sich kritisch
mit einigen direkt architekturbezogenen Aspekten der
Vortragsfolge auseinandersetzen,.
Im Anschluß daran stellen wir das im Beitrag von Th. Schröder
erwähnte Urban 5 Programm vor, das am MIT in Zusammen-
arbeit mit dem Cambridge Scientific Center der IBM Data
Processing Division.entwickelt und von N. Negroponte
in Berlin demonstriert wurde.
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Thomas Schröder
COMPUTER - UNTERSTÜTZTES ENTWERFEN
In den Fachbereichen Architektur und Stadtplanung
Der Begriff "computer-unterstütztes Entwerfen" soll hier
den direkten und ständigen Arbeitskontakt mit einem dialog-
fähigen Rechner, also den sogenannten "on-line Betrieb"
mit Hilfe von Sichtgeräten als Ein- und/oder Ausgabe-
station für graphische Information bezeichnen. Nicht ge-
meint ist z.B. die Hinzuziehung eines Rechners für die
Datenauswertung von Statistiken, also das Arbeiten
"off-line" nur mit numerischen Informationen oder die ein-
fache statische Ausgabe von graphischen Informationen.
Bereits 1965 erschienen in der amerikanischen Architektur-
Fachpresse Beiträge über die Einsatzmöglichkeiten von
Computern für Entwurfsaufgaben, die aber in Deutschland
bisher weder in der fachlichen Berichterstattung noch in
der Architektenausbildung ausführlich dargestellt wurden.
Dieser Mangel ist erklärlich, wenn man berücksichtigt, daß
auch in den Vereinigten Staaten die Architektur nicht ge-
rade zu den ersten Disziplinen gehörte, die Umgang mit dem
Computer suchten, sondern ihn erst für sich entdeckte, als
die Frage der Programmierung neu gestellt wurde und sich
die Möglichkeit bot, den Computer unter Umgehung von
Maschinensprachen über den Bildschirm direkt zu steuern.
Das von Nicholas P. Negroponte auf dem Sommer-Kongreß
des MIT und der TU Berlin demonstrierte Programmsystem
URBAN-5 für den computer-unterstützten architektonischen
Entwurf setzt beim Benutzer weder Kenntnisse in der Bedie-
nung eines Computers noch in der Handhabung des Programms
voraus. Allerdings tritt hier neben die Steuerung über den
Bildschirm eine sprachliche Konverstion über Fernschreib-
tastatur und Sondertastatur, die in dem auf dem Berliner
Treffen vorgeführten Umfang wohl hauptsächlich der
Demonstration selbst diente.
Die Grundaufgabe betrifft den Entwurf eines Gebäude-
komplexes aus kubischen Elementen unter Berücksichti-
gung der dafür notwendigen Erdbewegungen. Jede erfun-
dene und auf dem Bildschirm sowohl ausgegebene als auch
korrigierbare Anordnung der Elemente läßt sich auf folgende
Kriterien sofort überprüfen:
- Konstruktive Realisierbarkeit (ausgedrückt durch maxi-
male Spannweiten und Geschoßzahlen)
- Erschließungsmöglichkeiten aller Nutzungseinheiten
- Belichtungsmöglichkeiten der innenliegenden Bereiche.
Der Benutzer des Programms URBAN - 5 kann zusätzlich
zu den genannten Kriterien eigene Einschränkungen formu-
lieren, über deren Einhaltung dann das Programm wacht.
Seine individuelle Taktik gegenüber dem Computer wird
darüberhinaus durch Speicherung bestimmter Daten in
einem persönlichen "Image" festgehalten. Dieses Image
wird vom Computer berücksichtigt, wenn derselbe Benutzer
wieder mit dem Programm arbeitet.
Die Arbeiten Negropontes erscheinen zum gegenwärtigen
Zeitpunkt als eine sinnvolle, vorerst spielerisch darge-
stellte Zusammenfassung einer Reihe von Computerfähig-
keiten, die gerade für den Bereich der Ausbildung nutz-
bar gemacht werden sollten. Denn die normalerweise
aus dem Ein- und Ausgabeteil, dem Rechen- und Leitwerk
bestehende Rechenanlage ist mit ihrer Erweiterung durch den
Bildschirm als "Auge" und Wiedergabegerät in ihren
Anwendungsmöglichkeiten für das Entwerfen weit gefördert
worden. Zum Beispiel korrigiert der Computer ungenau
auf den Bildschirm gezeichnete Figuren bei entsprechender
ARCH + 1(1968) H.4