projekt, das im Auftrage des Senators für Bau- und
Wohnungswesen von Berlin durchgeführt wurde. Aufgabe
des Forschungsauftrags war es, Optimierungsmodelle für
die Planung städtischer Wohngebiete zu entwickeln und
diese Modelle an Daten aus Wohngebieten, die in den
letzten zehn Jahren errichtet wurden, zu überprüfen.
Das Modell minimiert die Gesamtkosten je Einwohner bzw.
Quadratmeter Wohnfläche in Abhängigkeit von einer Viel-
zahl technischer und normativer Grenzbedingungen. Die
Gesamtkosten enthalten die Bodenkosten, die Straßenbau-
kosten, die Kosten der Wagenabstellplätze und die eigent-
lichen Gebäudekosten. Die Grenzbedingungen schließen
solche normativen Festsetzungen ein wie Mindestabstand
der Gebäude, Mindestfreifläche je Einwohner, Grund-
flächenzahl und Geschoßflächenzahl sowie technische und
architektonische Bindungen, wie zum Beispiel die Ab-
hängigkeit des Wohnungstyps von der Haustiefe, die Ab-
hängigkeit der Haustiefe von der Orientierung des Gebäudes
zur Himmelsrichtung (Nord-Süd oder Ost-West) oder die
besonderen Bestimmungen für Hochhäuser. Einige Parame-
ter, wie zum Beispiel der Bodenpreis und der Motorisierungs-
koeffizient, werden als Variable behandelt, Das Modell
gibt eine optimale Lösung hinsichtlich der Geschoßzahl,
der Gebäudestruktur (Sechseck, Quadrat, Zeile, Punkt-
haus), der Haustiefe und des Parksystems. Im weiteren
Verlauf wird dieses Modell in ein größeres Modell für die
optimale Planung größerer Flächen als Wohngebiete über-
geführt. Verschiedene (z.B. stochastische, statistische)
Strategien für die Planung von Wohngebieten mit gemischter
Gebäudestruktur werden untersucht und hinsichtlich der
Gesamtkosten je Einwohner verglichen.
Das Modell wurde tatsächlichen Werten aus 53 Bauab-
schaitten aus vier größeren städtischen Wohngebieten
gegenübergestellt. Abweichungen vom Optimum wurden
untersucht und analysiert. Infolge des vertraulichen
Charakters dieser Daten kann im vorliegenden Referat
nur eine allgemeine Beschreibung der angewendeten Ver-
gleichsmethode gegeben werden."
Das studentische Unbehagen an dieser Forschungsarbeit
erscheint ebenso berechtigt wie die Notwendigkeit, solche
Untersuchungen durchzuführen, Die große Gefahr liegt
in einem Mißverständnis der " Optimierung". Sie ist
immer nur gültig hinsichtlich der jeweiligen Voraussetzungen.
Politische Entscheidungsträger, aber auch unkritische
Planer könnten all zu leicht versucht sein, Optimalwerte
zu mißbrauchen, indem sie diese verallgemeinern und
ihre Randbedingungen vergessen. Das hätte besonders zu
Anfang einer solchen Entwicklung verheerende Folgen.
Wäre zum Beispiel |! in einem besonderen Falle das sechs-
geschossige Wohnhaus das Optimum, und die gesamte Wohn-
bebauung würde entsprechend verwirklicht, das Ergebnis
spräche für, nein gegen sich selbst.
Welche Aussagekraft besitzen die Optimalwerte? Je mehr
Einflußgrößen sie berücksichtigen, desto höhere. Erst wenn
alle ausreichend in die Rechnung eingegangen sind,
könnte man diesen Werten allgemeine Bedeutung zuer-
kennen. Davon ist man heute noch sehr weit entfernt,
denn welche Bedürfnisse der "psychischen Bewußtseins-
struktur" sind schon berechenbar? Ein richtiger Ansatz
dazu ist die quantifizierende , mathematische Ästhetik.
Weitere Forschungen wären nötig, etwa auf dem Gebiete
der Psychologie, Soziologie, Verhaltensforschung usw.
Selbst mit den Kosten ist nur erst begonnen. Ist man bei
den städteplanerischen Kostenüberlegungen mit statistischen
Verfahren einer großen Zahl von Daten nachgegangen,
so müßten noch die für die Kostenplanung und -Optimierung
der einzelnen Gebäudes wirksamen Gesetzmäßigkeiten
untersucht und in das Verfahren einbezogen werden.
Allein dadurch würde es sich sehr wahrscheinlich stark ver-
ändern. Ein außerordentlich schwieriges Problem ist die
richtige Behandlung der Bodenpreise. Während alle durch
das Bauen entstehenden Kosten von mehr oder weniger
beliebig vermehrbaren Leistungen oder Gütern ausgehen,
ist dar Grund und Boden eine unveränderbare Größe, Ist
er verbraucht, ist er auch durch höchste Preise nicht zu
vermehren. Während es im einzelnen trotzdem sinnvoll
erscheint, wegen der unterschiedlichen Nutzbarkeit von
Grundstücken den Boden auch unterschiedlich zu bewerten,
so ist der tatsächliche Bodenpreis doch eine Zufälligkeit
gemessen an der eigentlichen Unbezahlbarkeit des Bodens,
Es müssen neue Bodenbewertungs-Verfahren für die optimieren-
de Planung entwickelt werden, die das berücksichtigen,
um dem Landverbrauch zu steuern.
Ebenso schwierig wie die Bodenfrage sind Gestaltungspro-
bleme in Optimierungsrechnungen angemessen einzubauen.
Das gilt weniger für ‘die geometrische Form als vielmehr
für die "Einsicht, daß Form eine Funktion hat. Die Funktion
der Form ist auf der bisher unbeachteten Ebene der Beziehun-
gen von Umwelt und Erlebnisstruktur zu suchen (2).
Es ist deutlich, wieviel noch zu tun ist, bis die Gefahr
abnimmt, daß eine zu oberflächliche, mechanistische oder
gar technokratische Ökonomie durch Optimierung tatsäch-
lich zu einer "Brutalisierung" der Planung führt. Auf
keinen Fall dürfen die erarbeiteten "Optimalwerte" heute
schon zur Richtschnur erhoben werden, denn sie berücksich-
tigen zu wenig Einflußgrößen. Der begonnene Weg sollte
jedoch weitergegangen werden. Gerade die Studenten in
ihrem Suchen nach Rationalität müßten auch einen sochen
noch bescheidenen und mit Mängeln behafteten Anfang
begrüßen. Denn wenn der Architektenberuf überhaupt
noch eine Zukunft hat, dann nur, indem er in der rationalen
Durchdringung seines Aufgabengebietes auf der "Höhe der
Zeit" ist, wenn seine Planung ebenso logisch, nachprüfbar
und wissenschaftlich ist wie etwa die der Wirtschaft,
Die Zeitumstände sind für die Weiterentwicklung der
optimierenden Planung günstig, denn mit der elektronischen
Datenverarbeitung ist ein Hilfsmittel gegeben, das erlaubt,
nahezu unendliche Datenmengen bei einem umfassenden
und daher mit Sicherheit sehr komplexen Verfahren zu ver-
arbeiten. Wenn auch der weitere Geng dieser Entwicklung
nicht in Einzelheiten vorausgesagt werden kann, so wird
doch die Planungsfreiheit nicht notwendigerweise verloren
gehen müssen. Die Einflüsse sind zu vielgestaltig, als
daß engbegrenzte Optimalwerte zu erwarten sind. Es werden
sich Planungsspielräume für günstige Entscheidungen herausbil-
den, die auch der schöpferischen Tätigkeit des Architekten
angemessene Freiheit geben.
(1) "Der Computer in der Universität", Sommerkonferenz,
veranstaltet vom MIT und der TUB, 22.7.-2.8.68,
Katalog, Seite 95.
(2) LORENZER, A.:Zielansprache, in: Bauwelt 31/32
1968, S. 961/2; unter der Überschrift "Form und Funktion"
im Katalog des Deutschen Beitrages zur XIV Mailänder
Triennale erschienen.
ARCH + 1(1968) H.4