Full text: ARCH+ : Studienhefte für architekturbezogene Umweltforschung und -planung (1968, Jg. 1, H. 1-4)

Järn Jannsen 
kann, in den sozialistischen Staaten herauszubilden, 
während in den anderen Ländern diese Bemühungen 
mehr oder weniger punktiert einsetzen. 
Die Forschung in den sozialistischen Ländern wird be- 
günstigt durch die enge Verbindung zwischen den For- 
schungsinstituten und der staatlichen Exekutive. Das 
ist ein großer Vorteil, aber auch in mancher Beziehung 
ein Nachteil, weil das Ziel sehr weit und groß gefaßt 
ist und gleichzeitig schnell Resultate geliefert werden 
müssen, 
Zum Abschluß möchte ich noch einen Gedanken äus- 
sern, der mich oft beschäftigt. Bei Lichte besehen hat 
die menschliche Gesellschaft noch niemals so unmodern 
gebaut wie heute, Selbst der Primitive wendet beim Bau 
seiner Hütte alle Kenntnisse an, die er besitzt, 
Wir wenden heute weniger Kenntnisse an bei der Umge- 
staltung unserer Städte und der Errichtung von Gebäuden 
als wir besitzen, Das Forschungspotential, das aufgewen- 
det wird, um Städte zu zerstören, ist weitaus größer als 
dasjenige, welches sich mit dem Aufbau beschäftigt. 
Das ist eine Kernfrage. Wenn die Regierung der DDR 
der Regierung der Bundesrepublik die Reduzierung der 
Rüstung um 50 % vorschlägt, dann schließt das auch die 
Möglichkeit einer intensiveren Forschung auf unserem 
Gebiet ein, Die Antwort auf diese Frage schließt in- 
folgedessen auch meine Antwort auf Ihre Frage mit ein, 
ob Forschung in der Architektur notwendig ist. Ich halte 
sie für lebensnotwendia. 
Zu Frage 1: 
Der Doppelsinn des Begriffes Architektur offenbart seine 
ideologische Verirrung: Er bezeichnet zugleich die Tä- 
tigkeit der Planung als auch deren gebautes Resultat in 
Singular und Plural, Dies alles sei unteilbar und als 
Ganzes abgegrenzt, will unterstellen: 
1. Die Einheit von Planen und Bauen 
2. Die Einheit der Planung 
3. Die Einheit des Bauwerks 
Dies ist gemessen an der Realität falsch und als Maxime 
gesellschaftsfeindlich und faschistoid,. 
Zu Frage 2: 
Forschung in der Architektur - angenommen es wäre die 
Tätigkeit gemeint - ist unmöglich. Der Begriff Archi- 
tektur ist im Gegensatz zu Bauingenieurwesen geprägt 
und bezeichnet als solcher den antiwissenschaftlichen 
Zweig der Bauplanung. 
Forschung an der Architektur - angenommen es wäre das 
Gebaute gemeint - existiert in Form der Archäologie, 
Man kann vielleicht polemisch behaupten, Architektur 
- Tätigkeit - sei die Planung von archäologischen und 
bauhistorischen Fundstücken und Architektur - Gebau- 
tes - der Vorrat archäologischer Funde, 
Nein, Planung ist Planung und Forschung ist Forschung. 
Es gibt freilich Forschungszweige, die für Bauplanung 
besondere Relevanz haben: Bauphysik, Baustatik, 
Akustik, Wärmetechnik, Sozialökologie, Verkehrs- 
technik, Wirtschaftsgeografie, Geologie, Hydrologie 
etc, Es könnten außerdem Forschungsaufgaben auf Grund 
von Planungsproblemen gestellt werden, die Bauplanung 
könnte sich wissenschaftlicher Methoden bedienen, auch 
könnte die Technik der Bauplanung zum Gegenstand 
wissenschaftlicher Forschung werden, 
Um die Realität zu beschreiben und die Forderungen 
präzise zu stellen, muß man etwas wortklauberisch sein, 
Einerseits nämlich sind die wissenschaftlichen Voraus- 
setzungen für die Bauplanung viel weiter fortgeschritten 
als dies den Architekturstudenten von Architekturprofes- 
soren verraten wird, andererseits gibt es Probleme in der 
Bauplanung, die mit Hilfe wissenschaftlicher Forschung 
ARCH + 1(1968)H1
	        
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