Full text: ARCH+ : Studienhefte für architekturbezogene Umweltforschung und -planung (1969, Jg. 2, H. 5-8)

Nicholas Bullock, Peter Dickens, Philip Steadman 
EIN THEORETISCHES MODELL FÜR DIE 
UNIVERSITÄTSPLANUNG 
(A Theoretical Model for University Planning) 
Angesichts des gegenwärtigen Streites um die Struktur der 
Universitätsfinanzierung, der Sorgen der Regierung über 
die Effizienz, mit der die Universitäten ihre Gebäude und 
Gelände nutzen sowie der Unzufriedenheit über die jetzige 
Art und Weise, in der Mittel für neue Bauten und Einrich- 
tung bewilligt werden, wird es als Notwendigkeit empfun- 
den, daß eine vernünftige Basis für eine sachliche Dis- 
kussion über die Verwendung der vorhandenen Kapazität 
und Hilfsquellen geführt wird. In Cambridge haben wir 
in den vergangenen zwei Jahren die Beziehungen von 
Zahlen von Universitätsstudenten zum Bauvolumen und 
zur Nutzung von Gelände untersucht. Wir haben dabei 
im Zusammenhang mit einer Universität und unter Beihilfe 
der Verwaltungsfachleute und der Wissenschaftler mehrerer 
Universitäten gearbeitet, aber wir standen auch in Bera- 
tung mit dem University Grants Committee! und wurden 
unterstützt vom Department of Education and Science2 
(seit März 1967). 
Unserer Ansicht nach wird ein theoretisches Modell der 
Planung von Universitäten benötigt, ähnlich dem der Wirt- 
schaftswissenschaften und der Unternehmensforschung. Die- 
ses sollte mit jenen Modellen verglichen werden, die jetzt 
vor allem in Amerika für den Bereich der Stadtplanung 
entwickelt werden (1,2). Das wesentliche Merkmal eines 
solchen Modells wäre die Feststellung umfassender mathe- 
matischer Beziehungen zwischen den verschiedenen Pa- 
rametern, die die baulichen Aspekte der Universitätspla- 
nung bestimmen. Diese würden in erster Linie auf jenen 
Mechanismen der Universitätserweiterung aufbauen, die 
heute angewandt werden - "Die einfachste Funktion eines 
mathematischen Modells besteht in gewissem Sinne inder 
Erklärung der gegenwärtigen Situation" (3), aber ohne die 
vielen Komplikationen, die es in jedem praktischen Falle 
gibt. Somit ist das Modell in erster Linie beschreibend. 
Das Funktionieren des tatsächlichen Systems müßte un- 
tersucht werden, so wie wir es für eine Vielzahl von 
Universitätsgebäuden und -standorten und auch für Lehr- 
modelle in allen Einzelheiten an der London School of 
Economics und an der Universität Newcastle tun konn- 
ten. Wenn aber einmal das Modell so gezeigt werden 
kann, daß sich die Beziehungen der ermittelten Varia- 
blen genügend darstellen lassen, dann liegt der wahre 
Wert des Modells in seiner Fähigkeit der Vorhersage 
1 vergleichbar dem Wissenschaftsrat 
2 Erziehungs- und Wissenschaftsministerium 
durch die Projektion der Variablen in die Zukunft. 
Entweder kann angenommen werden, daß die gegen- 
wärtigen Trends weiterbestehen, in welchem Falle das 
Modell als voraussagend bezeichnet wird: oder aber 
einige Variablen können beeinflußt oder geplant werden 
in welchem Falle es sich um ein Planungs -Modell 
handelt. Steuerung der Variablen kann dann mit eini- 
gem Verständnis für die praktischen Folgen verschiede- 
ner Entscheidungen auf das ganze System (hier die Uni- 
versität) bewirkt werden, und die Fehlschläge können in 
koordinierter Einzelplanung, wie sie jetzt oft durchge- 
führt wird, vermieden werden. Ein mathematisches 
Modell der baulichen Aspekte der Universität würde 
deshalb nicht nur dazu dienen, die gegenwärtige Nut- 
zung von Bauten und Gelände zu beschreiben, son- 
dern es würde auch über deren potentielle Kapazität und 
über die baulichen Folgen der gegenwärtigen massiven 
Expansion der Studentenzahl, die in den nächsten Jah- 
ren fortdauern wird, präzisere als die laufend verfüg- 
baren Informationen liefern. Die vom Robbins Report 
geplanten künftigen Zahlen der Studentenplätze wurden 
jetzt erhöht; im Oktober 1967 ist bereits vom Erzie- 
hungsministerium ein neues Ziel von 220 000 bis 
225 000 Universitätsplätzen für das Jahr 1971 angekün- 
digt worden. Trotz Verdoppelung der Regierungszu- 
schüsse an Universitäten in den letzten fünf Jahren 
wächst der Druck der Nachfrage nach Plätzen ständig, 
und es besteht deshalb für die Universitäten die große 
Notwendigkeit, ihre Räume effektiver zu nutzen. In 
diesem Zusammenhang würde ein "Zukünftiges Zustands- 
modell" Erkenntnis erbringen, mit der eine Wahl zwi- 
schen innerstädtischen, vorstädtischen und ländlichen 
Hochschulstandorten getroffen werden kann. Damit kann 
auch die Auswirkung auf den Lehrbetrieb bestimmt werden: 
a) bei der Aufteilung des Lehrbetriebs auf verschiedene 
Hochschulstandorte 
b) bei der Trennung der Forschung von der Lehre für 
Studienanfänger 
c) oder um die Bedarfsmengen an Raum für neue Lehr- 
methoden 
d) oder für neue Formen des studentischen Wohnens 
vorauszusagen . 
Auf Grund des mathematischen Charakters des Modells 
ARCH+2 (1969) H. 6
	        
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