Hans-Jürgen Frank und Roland Wick
STÄDTEPLANERAUSBILDUNG
Zur Diskussion städtebaulicher Ausbildungsformen:
3. Teil - Eigenständiges Städtebau- bzw. Stadtplaner-
studium
Im Jahre 1963 wurde an der TH Aachen eine Untersuchung
angestellt, die den Fehlbedarf an städtebaulich ausgebil-
deten Diplom-Ingenieuren feststellen sollte. Danach hätten
jährlich mindestens 120 Städtebaustudenten ihr Studium in
Nordrhein-Westfalen beginnen müssen, damit die im Jahre
1975 offenen 800 Stellen mit qualifizierten Kräften hätten
besetzt werden können (1).
In anderen Bundesländern ist die Situation ähnlich. Durch
die extrem starke Zunahme der Bevölkerung in Stadtregionen
und die zunehmende Akzeleration der Entwicklung wird der
Bedarf an Städtebauern und Stadtplanern aber noch viel
stärker zunehmen. Es wird geschätzt, daß die Zahl der
Planer in den USA, die im Jahr 1967 ca. 4 500 betrug
(Mitglieder des American Institute of Planners), im Jahr
2000 auf ungefähr 25 000 angewachsen sein wird.
Dem großen quantitativen Fehlbedarf steht ein noch viel
größerer qualitativer Mangel gegenüber.
Qualifizierte städtebauliche Ausbildung ist eine verhältnis-
mäßig junge und noch stark in Entwicklung befindliche
Einrichtung; bis in jüngste Zeit war die Situation durch
autodidaktisches Hereinwachsen herkömmlich ausgebildeter
Architekten in die Aufgaben des Städtebaus gekennzeichnet
Bis vor wenigen Jahren war die einzige Möglichkeit der
Städtebauausbildung in Deutschland innerhalb des Archi-
tekturstudiums. Der Entwicklung folgend haben die meisten
Architekturschulen weitgehende Vertiefungs- oder Speziali-
sierungsmöglichkeiten eingerichtet.
Darüber wurde in ARCH+ 4 näher berichtet.
Aus Gründen der wünschenswerten Intensität und Komplexi-
tät, besonders auch im Hinblick auf vieldisziplinäre Aus-
bildung, sind jedoch seit einigen Jahren Studiengänge in
Form des städtebaulichen Aufbaustudiums an einigen Hoch-
schulen eingerichtet und nach den Empfehlungen des Wissen-
schaftsrates an anderen geplant. Darüber wurde in ARCH+ 3
ausführlich berichtet.
Das Nach- oder Aufbaustudium, das ein komplett abge-
schlossenes Hochschulstudium der verschiedensten Fach-
richtungen voraussetzt, ist die Form, in der in England und
den USA die Mehrzahl aller städtebaulich tätigen Planer
ausgebildet werden. Durch die gemeinsame Weiterbildung
von Absolventen verschiedener an der Planung der Umwelt
beteiligter Einzeldisziplinen ist eine multidisziplinäre Zu-
sammenarbeit schon während des Studiums bestens gewähr-
leistet.
In dieser Situation ist die Einrichtung von eigenständigen
Städtebau- bzw. Planerstudiengängen nicht nur naheliegend,
sondern vielmehr dringend notwendig, um die großen Lük-
ken quantitativer und qualitativer Art vielleicht noch über-
brücken zu können. Dies wird jedoch nur unter großen An-
strengungen und einem nicht unerheblichen; auf alle Fälle
aber weit über herkömmliche Vorstellungen hinausgehenden
Aufwand an finanziellen Mitteln möglich sein.
Mit einer differenzierten Anzahl von Studiengängen, zwi-
schen denen ein großes Maß an Durchlässigkeit und Über-
gangsmöglichkeiten auf verschiedenen Ebenen besteht
(etwa im Sinne der Gesamthochschule, wie dies die Vor-
schläge von Prof. Deilmann und dem BDA vorsehen), könn-
te ein Instrumentarium städtebaulicher Ausbildung geschaf-
fen werden, das dem sich laufend differenzierenden Berufs -
bild des städtebaulich tätigen Planers gemäß wäre .
Nachdem in Großbritannien schon verhältnismäßig lange
Erfahrungen mit eigenständigen Studiengängen für Stadt-
planer bestehen, gibt es diese Möglichkeit nun seit einiger
Zeit auch an deutschen Hochschulen, in Aachen und Berlin
Die neugegründete Universität Dortmund wird in ihrer
Fakultät für Raumplanung ein Planerstudium einrichten und
mit dem WS 69/70 beginnen, dessen Charakteristikum die
Annäherung an die Probleme der Umweltplanung über die
großen übergeordneten Zusammenhänge sein wird.
In den beifolgenden graphischen Darstellungen sollen nun
die zwei schon bestehenden deutschen Studiengänge, das
Schwerpunktstudium Städtebau an der TH Aachen und das
Studium für. Stadt- und Regionalplanung an der TU Berlin
vergleichend dargestellt werden.
Neben der vergleichenden Gegenüberstellung von Ant-
worten eines Fragebogens und der Studienpläne wurden
letztere analysiert und graphisch aufgeschlüsselt.
ARCH + 2 (1969) H.5