der Immobilien zu und schützt auf diese Weise den
Anleger von den Auswirkungen von Inflation und kurz-
fristigen Konjunkturschwankungen. '' (Aus einer An-
zeige des United States Investment Fund)
Gegen den auf dem Markt sich auf diese Weise bilden-
den Preis für den Gebrauch der Ware Wohnung hilft
kein Lamentieren über den hohen Zinsanteil, über
Profite aus längst amortisierten Häusern etc. Wenn
ein freier Wohnungsmarkt besteht, müssen sich die
Mieten in der geschilderten Weise bilden wie die Prei-
se für beliebige andere Waren. Wer daran grundsätz-
lich etwas ändern will, muß von den Symptomen weg
zu den eigentlichen Voraussetzungen dieser Preisbil-
dung kommen. Solange es jedoch die kapitalistische
Form der Wohnungsnot gibt, wird diese Art des La-
mentierens betrieben und zum Bestandteil einer vor-
geblich reformerischen oder gar revolutionären Poli-
tik. Bereits Engels hatte sich mit dieser Art von
falscher und perspektivloser Kapitalismuskritik aus-
einanderzusetzen; wie sie insbesondere von Proudhon
und seinen Nachfahren betrieben wurde. Beispiele:
"Was der Lohnarbeiter gegenüber dem Kapitalisten,
das ist der Mieter gegenüber dem Hausbesitzer'', und
"So kommt es, daß ein Haus, welches z.B. vor 50
Jahre: gebaut wurde, während dieser Zeit in dem
Ertrag des Mietzinses zwei-, drei-, fünf-, zehnmal
usw. den ursprünglichen Kostenpreis deckte''. Für
diese Form der Kritik lassen sich gerade aus jüngster
Zeit wieder eine Reihe von Beispielen anführen. Diese
Kritik hat insoweit eine Ähnlichkeit mit den Diagnosen,
die von der '"'Besonderheit'' der Ware Wohnung aus-
gehen, als ihr Bezugspunkt außerhalb des Kapitals zu
suchen ist. Das mag für eine politische Agitation nütz-
lich sein; wenn daraus jedoch der Schluß gezogen wird,
man müsse die Zinsen abschaffen oder die Grundrente
("Die Forderung nach Aufhebung des Privateigentums
am Produktionsmittel Boden und damit der kapitalisti-
schen Form der Grundrente erscheint als der richtige
politische Ansatz zur Lösung der '"Wohnungsfrage'',
die in der Verwandlung der Wohnung in ein Produk-
tionsmittel für die Arbeiterklasse besteht. '' Georg
Kohlmaier, Über die Funktion des Architekten, seine
Rechnung mit dem Hauswirt zu machen, ARCH+ 3
(1970) H. 9, S. 12) oder dafür sorgen, daß aus '"amor-
tisierten Häusern'' keine Profite mehr gezogen wer-
den können, verkennt, daß es sich hierbei um normale
Äußerungen der kapitalistischen Produktionsweisen
handelt, die nur mit dieser beseitigt werden können.
II. Wohnungspolitik und Sozialpolitik
Wohnungspolitik im Absolutismus
Versteht man unter Wohnungspolitik den Inbegriff aller
staatlichen Maßnahmen, die sich direkt oder indirekt
mit der Förderung des Wohnungsbaues befassen bzw.
die auf sonstige Interventionen im Wohnbereich ab-
zielen, so gab es eine derartige Politik bereits in den
absolutistischen Staaten, insbesondere im 18. Jahr-
hundert. Dieser Zeitraum des politischen Absolutis-
mus hatte seine ökonomische Ausprägung im Merkan-
tilismus, d.h., daß auch die Wirtschaft vom Staat do-
miniert und diktiert wird, wobei das selbstverständ-
liche Ziel alles Wirtschaftens in der Mehrung des
(monetären) Reichtums des Souveräns beschrieben
wird.
In diesem Zusammenhang werden staatliche Manufak-
turen errichtet bzw. private Unternehmer in großem
Umfang subventioniert, die der merkantilistischen
Politik untergeordnet sind. In diesem Rahmen wurde
auch der Bau von ’ Wohnungen’ für die Beschäftigten
gefördert, und zwar sowohl durch Steuervergünsti-
gungen (temporärer Erlaß von Grundsteuern etc.) als
auch durch Zuschüsse zu den Baukosten. Daneben
förderte der Souverän den Bau von Wohnungen für
seine Beamten und Militärs. "Die staatliche Förderung
betraf, soweit es sich nicht um große städtebauliche
Maßnahmen handelte, ... insbesondere jenen Woh-
nungsbau, der in Verbindung mit der Errichtung von
Fertigungsstätten der gewerblichen Gütererzeugung
stand und der wohnlichen Versorgung von Beamten
sowie von Angehörigen des Militärs diente.' (Heinrich
Jaschinski, Lehren aus der Geschichte der Wohnungs-
politik, Institut für Siedlungs- und Wohnungswesen der
westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Heft 21,
Münster 1969, S. 9) Eine Wohnungspolitik ist auch
darin zu sehen, daß der absolutistische Staat eine Bo-
denspekulation in den Städten dadurch beschränkte, daß
er Grundstücke unentgeldlich oder zum Ackerwert an
Baulustige abgibt und einen Zwang zur Bebauung da-
durch ausübt, daß er bebaubare Grundstücke zum Ak-
kerwert einziehen kann. Diese Bodenpolitik hatte ihren
Ursprung bereits in den mittelalterlichen Städten. In
Deutschland wurde zudem seit dem 30jährigen Krieg
eine planmäßige Neugründung von Siedlungen und Städten
betrieben; insbesondere von Preußen wurde eine An-
siedlung von Ausländern gefördert, die die Menschen-
verluste der Kriege wieder ausgleichen sollte, Auch
hier wurde eine Baulandspekulation weitgehend ver-
hindert. Die Omnipotenz und allgegenwärtige Präsenz
des Staates kam in den bis ins einzelne gehenden Be-
bauungsplänen zum Ausdruck; insbesondere die Resi-
denzen sollten in erster Linie die angemessene Kulisse
für die Herrscher von Gottes Gnaden abgeben. ''Solche
großzügigen Schöpfungen waren nur möglich, indem
die Fürsten ihre Machtmittel in landesväterlicher Für-
sorge kräftig gebrauchten." (Jaschinski, a.a.0O., S.
25)
Mit dieser absolutistischen Politik wurde jedoch ge-
rade die Klasse der Bourgeosie systematisch gestärkt,
mit dem Ergebnis, daß sie sich nicht mehr bedin-
gungslos dem Souverän unterordnete, sondern sich
insoweit gegen ihn auflehnte, als sie forderte, an den
Ergebnissen ihrer Produktion vorrangig teilzuhaben.
Die vom Merkantilismus eingeleitete industrielle Revo
lution sprengte dessen Rahmen, indem nun die Betä-
tigungsfreiheit des Bürgers gefordert und allmählich
realisiert wurde. Es wurde der allgemeine Nenner
aller fortschrittlichen und bürgerlichen Theorie und
Politik, daß der Staat sich aus dem Wirtschaftsleben
völlig zurückzuziehen habe, damit sich auf dem so de-
finierten freien Markt das Gemeinwohl von selbst ein-
stellen mußte. Mit der Erfüllung dieser Forderung und
der Verwirklichung des ökonomischen Liberalismus
mußte deshalb auch die merkantilistische Wohnungs-
und Bodenpolitik völlig zum Erliegen kommen.
1. Die Ausgangslage: Wohnungsnot im 19. Jahrhundert
Die Wohnungsnot ist kein spezifisches Merkmal kapi-
talistischer Produktionsverhältnisse; ''... im Gegen-
teil, sie hat alle unterdrückten Klassen aller Zeiten
ziemlich gleichmäßig betroffen'' (F. Engels, Zur
ARCH+ 3 (1970) H. 11