Full text: ARCH+ : Studienhefte für architekturbezogene Umweltforschung und -planung (1970, Jg. 3, H. 9-11)

einzelnen Teammitglieder unterschiedlich gut informiert 
und wurden daher von der Bevölkerung immer weniger 
als Berater anerkannt. 
Das PT Il etablierte eine straff organisierte Teamarbeit 
in den Quartieren selbst, um die permanente Diskussion 
mit der Öffentlichkeit zu ermöglichen und die Einwoh- 
nerschaft bei akuten kleineren Planungsproblemen zu 
unterstützen (wie z.B. beim Aufstellen von Verkehrs- 
ampeln und Anpflanzen von Bäumen). 
Zu 4) The planner’s Use of Influence: 
Der Plan des PT I scheiterte vor allem deshalb, weil 
dieses Planungsteam der communitywide Bürgergruppe 
und der power elite, der Administration, den größten 
Einfluß auf die Planung ermöglichte. Der Plan des PT | 
wurde von den Nachbarschaftsgruppen abgelehnt, weil 
deutlich erkennbar wurde, daß in dem Plan nur die In- 
teressen weniger, nämlich der power elite, vertreten 
wurden. 
Vergleich der beiden Pläne 
Das PT I1-Projekt erforderte wesentlich geringere Ein- 
griffe in die bestehende Siedlungsstruktur als der Plan 
des PT I, der eine große Grünzone vorsah und, gemäß 
den Wünschen der elite power, die weniger günstigen 
Gebiete des Sanierungsbereiches für Arme, Alte und 
Neger vorsah. 
Der PT I1-Plan stellte noch nicht die Endlösung dar. 1967 
bildete sich eine Gruppe "CAUSE" (Community Assembly 
of Unified South End) aus Negern, Weißen (Armen und 
Mittelschichtlern) und Studenten, die den Planungsaspekt 
der gerechten, sozialen Wohngebietsverteilung noch 
verstärken konnten und die Projektierung zusätzlicher 
"oublic houses" erwirkten. 
Es wird deutlich, daß PT Il eine weniger reaktionäre 
Planung betrieb als PT 1, das vielmehr auf der Grund- 
lage Davidoffschen Pluralismus” eine "gerechtere" Pla- 
nung durchzusetzen versuchte, die durchaus einem 
linksliberalen technokratischen Selbstverständnis der 
Planer entsprechen mag. Der Handlungsspielraum zur 
Veränderung der bestehenden Herrschaftsverhältnisse 
ist indessen bestimmt durch die resignative Anerkennung 
der "objektiven" gesellschaftlichen Normen und Gesetze 
der herrschenden Klasse, worauf Lisa R. Peattie als ein- 
zige zaghaft hinweist. 
2.2 Bart-Studie (Bay Area Rapid Transit) (Rittel, 48) 
Bei dieser Studie handelt es sich um eine Untersuchung, 
die Rittel mit einer Gruppe von Studenten aus Berkeley 
durchführte. Bei der Projektierung eines neuen U-Bahn- 
Netzes um San Franzisco hatten die staatlichen Pla- 
nungsämter es unterlassen, den Einfluß der drei Haupt- 
stationen auf die umliegenden besiedelten Gebiete zu 
untersuchen. Die Stadtplaner hatten ihrem Projekt, das 
als vorbildlich geltende System der kanadischen U-Bahn 
Toronto, zugrunde gelegt. 
Die Studentengruppe aus Berkeley stellte sich die Auf- 
gabe, die Einzugsbereiche für drei Substationen in Oak- 
land, einem Schwerpunkt in dem gesamten U-Bahn-Netz, 
mit Hilfe der ansässigen Bevölkerung zu untersuchen, 
mit dem Ziel, Vorschläge für Sanierungen und Neupla- 
nungen auszuarbeiten . 
Die erste Station lag in der Nähe eines großen Stadions 
IC 
inmitten eines "schwarzen Quartiers"; die zweite in 
einer vorwiegend von Weißen bewohnten Kleinindustrie- 
gegend und die. dritte in einer dicht besiedelten Region 
mit vorwiegend weißen Bewohnern irischer Herkunft. 
Von dem Studententeam wurde zunächst die generelle 
Übertragbarkeit des Toronto-Systems bestritten und eine 
Analyse der spezifischen Situation unter Einbeziehung 
der Ortsansässigen vorgenommen und die bestehenden 
Eigentumsverhältnisse sowie die herrschenden sozialen 
Gruppen und deren Repräsentanten ermittelt. 
Rittel betont, daß es sich nicht darum handele, eine 
getreue Repräsentanz aller Nutzer ausfindig zu machen, 
sondern vielmehr um das Aufdecken der Kon- und Diver- 
genz möglichst vieler Standpunkte der einzelnen sozialen 
Gruppen und Individuen. 
Den einzelnen Betroffenen wurden drei Fragen gestellt: 
1) "Was würde Ihrer Meinung nach in diesem Gebiet 
geschehen, sobald das U-Bahn-Netz fertiggestellt 
ist?" 
2) "Ist das, was Sie erwartet, in Ihrem Interesse; haben 
Sie etwas zu befürchten oder zu begrüßen?" 
3) "Was sollte Ihrer Meinung nach statt dessen geschehen?" 
Die Beantwortung der letzten Frage stellt schon eine 
Annäherung an einen Planvorschlag der Betroffenen dar. 
Die Antworten und statements der einzelnen Bürger wur- 
den in Listen einander gegenübergestellt und den Be- 
teiligten vorgelegt, die somit ihre eigene Auffassung 
mit der anderer vergleichen (anonym), ihre Meinung 
beibehalten, ändern oder modifizieren konnten (s. dazu 
Teil C,. Pkt. 2). 
Nach mehreren Durchgängen dieser Art wurden die Be- 
troffenen von den sich als advocate planners begreifen- 
den Studenten angeleitet, Pläne zu lesen und selbst 
Planzeichnungen anzufertigen. 
Außerdem wurden die Bewohner über die Finanzierungs- 
möglichkeiten, die Durchführbarkeit u.a.m. ihrer 
Vorstellungen von den Studenten ständig beraten, so daß 
nach einigen Wochen viele alternative Pläne der Be- 
wohner mit eingetragenen Standorten, möglicher Nutzun- 
gen sowie Finanzierungsvorschlägen vorlagen. Die 
alternativen Pläne für jede Station zeichneten sich durch 
die Nichtübereinstimmung mit der prototypischen Lösung 
der Stadtplanungsbehörde aus. 
Aufgrund der Normierung aller Planunterlagen und 
-zeichen waren die verschiedenen Pläne gut vergleich- 
bar und wurden, von den Studenten graphisch überar- 
beitet, der Stadtplanungsbehörde vorgelegt. Durch die 
Vielfalt alternativer Pläne wurden die "Sachzwänge" 
in der prototypischen behördlichen Planung relativiert. 
Die Stadtplaner wurden angeregt, die verschiedenen 
Pläne weiterzuverfolgen und in den öffentlichen hearings 
der "planning commission" zu diskutieren, die aufgrund 
der neugeschaffenen, breiten Interessenbasis der Bevöl- 
kerung zu einer funktionstüchtigen demokratischen Ein- 
richtung wiederbelebt werden könne. In öffentlichen 
Diskussionen solle deutlich gemacht werden, aufgrund 
welcher politisch-planerischer Maßnahmen welche 
Gruppe oder Person unterstützt, bzw. benachteiligt 
werde. 
Damit sah die Studentengruppe ihre Arbeit als abgeschlos- 
sen an. Die Fortführung des Projekts scheiterte daran, 
ARCH+3 (1970) H. 9
	        
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