Full text: ARCH+ : Studienhefte für architekturbezogene Umweltforschung und -planung (1970, Jg. 3, H. 9-11)

derartige Überlegung fortzusetzen. Andererseits sind 
auch alle diese Bindungen aus der Realität gewonnen, 
obwohl doch diese gerade verändert werden sollte. Es 
muß daher unterbleiben, die inneren Beziehungen des 
Planungssystems systematisch und widerspruchsfrei zu 
entwickeln. Erfolgversprechender könnte es sein, zu 
überlegen, ob die Randbedingungen für Planungssysteme 
als in einer der Weise verändert gedacht werden können, 
daß aus dieser Änderung sich neue Beziehungen im Pla- 
nungssystem entwickeln, die in ihrer Kombination nicht 
vorstellbar sind. Es wird daher im folgenden eine Unter- 
suchung der wesentlichen Planungsbereiche vorgenommen 
um die Abhängigkeit der Rollenbeziehungen, d.h. der 
Handlungsmöglichkeiten der Aktoren von den Randbe- 
dinaungen des jeweiligen planenden Systems zu zeigen. 
7. Falluntersuchung 
Im folgenden sollen einige den Wert eines Wohngebietes 
bestimmende Infrastrukturbereiche untersucht werden. 
Die Untersuchung beschränkt sich auf folgende Fälle: 
A, Grundschule 
B. Kindertagesstätte 
zZ. Gesundheitswesen 
Z.a Präventive Medizin 
C.b Rehabilitierende Medizin 
C.c Krankenhaus 
C.d Ärztepraxen 
D. Läden 
7.1 Jeder der von A...D erwähnten Bereiche wird nach 
folgenden Gesichtspunkten untersucht und beschrieben: 
1. Beschreibung des Planungssubjektes. 
1.1 Identifizierbarkeit und Autonomie des Planungsträ- 
gers. 
1.2 Bindungen zwischen den Rollen des Planungsträgers. 
2. Formulierung des Planungsproduktes, des Standards. 
2.1 Formulierung und Beeinflussung der Standards durch 
ausführende Benutzer. Entwicklunasrichtung der Standards 
Unter Standard soll in den Falluntersuchungen lediglich 
die Relation zwischen Funktionseinheit sowie der dazu- 
gehörigen Mantelbevölkerung verstanden werden. Es ist 
uns klar, daß dieses eine stark vereinfachende Darstel- 
lung des Begriffes Standard ist. Wir beschränken uns hier 
jedoch auf diesen reduzierten Inhalt. Detailliertere 
Überlegungen, die den Rahmen dieser Untersuchung 
sprengen würden, müssen zur exakten Beschreibung eines 
Standards 1. die inneren Funktionsgrößen wie z.B. im 
Bereich der Grundschulplanung: Schulfläche pro Kind, 
Weg-, Zeit-, Relation- und Ausrüstung der Schule, so- 
wie 2. den Anteil der Benutzer in der Mantelbevölke- 
rung mit berücksichtigen. 
7.2 Tabelle zur Beschreibung der Infrastrukturbereiche 
auf Seite 50 
8. Aus der durchgeführten Analyse einiger Planungsbe- 
reiche nach typischen, planungsrelevanten Gesichtspunk- 
ten können folgende Schlüsse gezogen werden: 
8.1 Bedarfsermittlung 
Situationsanalysen stellen keine Ermittlung objektiver 
Bedürfnislagen dar. Standards stellen die Wirksamkeit 
der auf den verschiedenen Bereichen relevanten gesell- 
schaftlichen Kräften dar. Auf Benutzerbedürfnisse bezo- 
gene Zielformulierungen mit planungstechnischen Mitteln 
bedeuten Fortsetzung dieser Kräftestruktur; daß auch 
Befragungen aufgrund ihres situationsbestätigenden Cha- 
rakters keine Möglichkeit sind, benutzerorientierte 
Zielkorrekturen vorzunehmen, wurde bereits von einer 
Anzahl anderer Autoren erwähnt. 
Auch die situationsübertragende Bestimmung von Standards 
(im Projekt A genau so viele KITA-Plätze wie im exi- 
stierenden Objekt B oder dem Querschnitt aus C, D und 
E) stellt eine subjektive Zielsetzung dar, die Zustände 
in den bestehenden Gebieten werden zum Ziel für das 
neue Projekt gemacht. So unvermeidlich dieses Verfah- 
ren für den normierten Bereich etwa der Grundschule ist 
so sehr verschleiert es im Bereich der offenen Standards 
die Tatsache, daß eine Willensbildung vorliegt. 
8.2 Bedarfsplanung 
Aber selbst dieses Verfahren zur Ermittlung von quanti- 
tativen Relationen kann planerisch nicht relevant wer- 
den, da die (in der Tabelle) gezeigte Aufsplitterung der 
Trägerschaft der Einrichtungen eine planvolle Erstellung 
beabsichtigter Standards unmöglich werden läßt. Ein 
Träger kann zwar in kürzester Zeit Wohngebiete erheb- 
licher Größe erstellen und auch mit Bewohnern füllen 
(Wohnungsmangel, Umsetzungen), für die auch nur ver- 
gleichsweise ausreichende Versorgung des Gebietes mit 
öffentlichen Einrichtungen kann er keine Sicherheit 
geben, obwohl gerade in neueren Gebieten eine erheb- 
liche Abhängigkeit der Bewohner von diesen Einrichtun- 
gen vorliegt. (Zum Teil bewirkt durch die Minimalwoh- 
nungen im gegenwärtigen Wohnungsbaustandard, der eine 
zunehmende Auslagerung von ehemaligen "Wohnungs- 
funktionen" zur Folge hat.) Das sogenannte "Einpendeln" 
oder "natürliche Wachsen" des Wohngebietes geschieht - 
durch Marktsituation beeinflußt - mit erheblicher Zeit- 
verzögerung. Die Tatsache, daß z.B. mehrere Jahrgänge 
von Kindern ohne Kindertagesstätten und ohne Kinder- 
ärzte aufwachsen müßten, ist irreversibel. Daß sie z.T. 
auch ohne ausreichende Grundschulen auskommen müs- 
sen, z.B. im Märkischen Viertel Berlin, ist im Gesagten 
dabei noch gar nicht mit einbezogen: dieser Bereich wäre 
weitgehend planbar gewesen, wenn geplant worden wäre 
Eine Bemerkung muß hier noch gemacht werden, obwohl 
sie nahezu selbstverständlich sein sollte: es wird davon 
ausgegangen, daß von Projekt zu Projekt echte Verbes- 
serungen der Standards erreicht werden sollen, die Be- 
fähigung der Reform im Offeschen Sinn ist beabsichtigt. 
9. Realisierungsvorschläge 
Da kein komplettes Planungsmodell entwickelt wurde, 
können auch die Realisierungsvorschläge nur Ansätze 
darstellen; die Unmöglichkeit, hier einen Entwurf zu 
machen. wurde bereits erwähnt. 
9.1 Verantwortlichkeit und Autonomie 
Planungsträger eines Planungsobjektes wie eines umfang- 
reichen Wohngebietes mit allen Einrichtungen hätte eine 
in ihrer Verantwortlichkeit deutlich erkennbare Institu- 
ARCH+.3 (1970) H. 9
	        

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