Full text: ARCH+ : Studienhefte für architekturbezogene Umweltforschung und -planung (1970, Jg. 3, H. 9-11)

tion zu sein. Die Aufsplitterung der Verantwortlichkeit 
auf zahlreiche zum Teil von, wie in den Falluntersu- 
chungen nachgewiesen, jeder politischen Vertretung un- 
abhängige Trägerschaften hat eine erhebliche Undurch- 
schaubarkeit des Planungsvorganges zur Folge und bewirkt 
daher sicher das Desinteresse an den Standardformulierun- 
gen mit. Autonomie eines für alle Aspekte eines Projektes 
zuständigen Planungsträgers kann das Bewußtwerden der 
Partizipation bei den Benutzern, d.h. Ausführenden der 
Planung bewirken. Dieser Planungsträger wäre zudem in 
der Lage, über den von ihm und dem Benutzer beauftrag- 
ten Entwerfer eine echte komprehensive Planung zu 
leisten und über Angebote von Einrichtungen die Benutzer 
mit neuen Möglichkeiten zu konfrontieren. 
9.2 Diese erhebliche Autonomie, d.h. heißt Macht, die 
hier für den Planträger gefordert wird, ist nur vertretbar 
bei intensiver und unmittelbarer Kontrolle durch den 
Benutzer, wie sie in der Aufgaben- oder Projektorientie- 
rung des imperativen Mandats liegen könnte; exakte 
Ausführungen hierzu müssen besseren Kennern der Dele- 
gationsprobleme vorbehalten bleiben. Diese Vorschläge 
beabsichtigen nur, sowohl Position, d.h. Handlungsfähig- 
keit, des Planträgers als auch des ausführenden Benutzers 
zu stärken, um die für Verbesserungen von Standards not- 
wendige Kommunikation und Mobilität zwischen den 
Aktoren im Planungssystem zu intensivieren. 
10.1.1 Mittelvergabe 
Da projektorientierte Autonomie nicht Autarkie bedeutet, 
sind die einzelnen in der Tendenz dezentral dürchge- 
führten Projekte über die Finanzierung ihres Vorhabens 
von größeren überlagernden Systemen abhängig. Eine 
Möglichkeit, die geforderte Comprihensität der Projekt- 
durchführung zu gewährleisten, kann in einer projektorien- 
tierten Mittelvergabe liegen. Die gegenwärtige Praxis 
ressortorientierter Mittelvergabe scheint die Ansätze 
projektorientierter Planung, da, wo sie wie erwähnt vor- 
liegen, unmöglich zu machen. Das gedachte Verfahren 
würde bedeuten, daß, wie Lage und Hauptanbindungen, 
auch die Gesamtkosten eines Projektes auf einer frühen 
Planstufe festgelegt werden. Das Verhältnis der einzelnen 
Bereiche oder Einrichtungen zueinander kann erst auf der 
letzten Planstufe bestimmt und muß im Laufe der Durch- 
führung ständig korrigiert werden. Ein Planträger, der 
in bezug auf ein begrenztes Projekt autonom ist, erhält 
dadurch eine Ausweitung seines Handlungsspielraumes, 
um "Angebote" zu machen. Ein schnelleres und damit 
eher erkennbares Reagieren auf Aktionen der Benutzer 
kann es diesen ermöglichen, Partizipation mit Willen 
und Bewußtsein auszuüben. 
9.3 Die Position des Entwerfers hätte wie die des Plan- 
trägers durch das imperative Mandat geprägt zu sein, in 
der Form der Auftragsvergabe ist das bereits angedeutet; 
jedoch ist der Entwerfer nicht technischer Erfüllungsge- 
hilfe, sondern durch das Aufzeigen von Entscheidungs- 
punkten und mit Herbeiführung von Entscheidungen am 
Willensbildunas- und Umsetzunasvorgang aktiv beteiligt 
10. Durchführung bzw. Organisation der Planung 
Eine wesentliche Schwierigkeit in den vorgeschlagenen 
Ansätzen dürfte die Abgrenzung von Planungsprojekten, 
d.h. die Herstellung der Planungsautonomien sein. Dieses 
gilt vor allem, da der momentane Trend durch die Ent- 
wicklung nicht projekt-, sondern aspekt- oder ressort- 
orientierter Systeme, vor allem bei der hochtechnisierten 
Industrie und Verwaltung, diesem Konzept zuwider zu 
laufen scheint. Der hier vorgeschlagenen projektorientier- 
ten Dezentralisation scheint ein Zug zur aspektorientier- 
ten Zentralisation gegenüberzustehen. Dieser Gegensatz 
scheint uns auflösbar durch eine entsprechende Planfolge, 
wie sie hier nicht schlüssig entwickelbar ist, sondern nur 
angedeutet werden kann. 
10.1 Pläne als Schnittkräfteformulierung 
Es sind Planfolgen denkbar, die zur Herstellung autono- 
mer Projekte jeweils die Schnittkräfte zu überlagernden 
Projekten oder Planungssystemen darstellen und zu mini- 
mieren versuchen. Ansätze in dieser Richtung liegen in 
Landes- oder Gemeindeentwicklungsplänen, also auch 
streng genommen projektorientierten Handlungsanweisun- 
gen vor, die Schnittkräfte, d.h. gegenseitige Beeinflus- 
sung verschiedener oder sich überlagernder Projekte sind 
nur nicht mit der notwendigen Systematik und klaren Ab- 
sicht durchgeführt. 
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R 
Literaturverzeichnis 
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Besprochen von Brandt in demselben Heft 
Brandt, Stephan, Diplomarbeit 1969. Teilweise 
Veröffentlichung in diesem Heft 
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ARCH+ 3 (1970) H. 9
	        

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