Full text: ARCH+ : Studienhefte für architekturbezogene Umweltforschung und -planung (1970, Jg. 3, H. 9-11)

Bernd Rassmann 
FELD DER HOFFNUNG 
Entwicklung eines Planungsmodells 
Die Hoffnung auf das Eintreten bestimmter Zustände und 
Ereignisse ist zweifellos eine existenzielle Grundlage 
eines jeden erkennenden, planenden und handelnden 
Subjektes. 
Wer irrt, weiß nicht, daß er irrt. Hierin liegt die Un- 
möglichkeit absoluter Erkenntnis. (1) 
Wer handelt, kann nicht an allem zweifeln. Hierin liegt 
die Unmöglichkeit absoluten Zweifelns. 
Irgendwo zwischen relativer Erkenntnis und der Entschei- 
dung zu handeln liegt das Feld der Hoffnung. 
Das Feld der Hoffnung stellt das äußerste Bezugssystem 
von Erkenntnis und Planung dar. 
Weder im Bereich der Erkenntnis noch im Bereich der 
Entscheidung und Planung sind Zustände und Ereignisse 
reine Notwendigkeit. Wäre das Weltsystem, bestehend 
aus einer Menge von Subjekt-Objekt-Beziehungen (Sub- 
jekt-Subjekt-Beziehungen, Objekt-Objekt-Beziehungen), 
determiniert, und könnte das Subjekt alle Elemente, die 
Gesamtstruktur und das Verhalten einer solchen "Welt- 
maschine" ganzheitlich erkennen und verändern, brauch- 
ten wir keine Hoffnung. 
Wir brauchten deshalb keine Hoffnung, weil das Eintre- 
ten von Zuständen und Ereignissen (endogene Erkenntnis- 
zustände, Planungen - exogene geplante Zustände) 
durchgängig determiniert, d.h. reine Notwendigkeiten 
wären. 
"... diese Umwelt ist nun aber nicht so determiniert, 
daß sie ein Gefüge lauter Notwendigkeiten wäre - es 
gäbe sonst keine Optimierung des Verhaltens. Optimie- 
rung setzt stets ein Feld von Möglichkeiten voraus. Die 
Möglichkeit aber ist eine dialektische Einheit, beste- 
hend aus Notwendigkeit und Zufall." (2) 
Wir haben es also immer nur mit Feldern von Möglich- 
keiten zu tun, d.h. Felder, die Wahrscheinlichkeits- 
charakter haben. Realisiert sich eine Möglichkeit, be- 
deutet das, daß sich eine Notwendigkeit im Feld der 
Zufälligkeiten durchsetzt. 
Wir können dann das Feld der Hoffnung als ein Feld von 
Möglichkeiten bezeichnen. Nur weil (wenn) es ein Feld 
von Möglichkeiten gibt, kann es ein Feld der Hoffnung 
Der Aufsatz stellt einen Auszug aus einer Diplomarbeit 
dar. 
Titel: slum-slum clearence-low cost housing 
Universität Stuttgart 1960-70 
geben. Gibt es nur ein Feld von Notwendigkeiten und 
schließen diese Notwendigkeiten die Realisation der 
Werte des handelnden Subjektes grundsätzlich aus, kön- 
nen wir vom Feld der Hoffnungslosigkeit sprechen. 
"... die Intensität des Glaubens ist eine ansteigende 
Funktion der Evidenz, daß ein Problem gelöst werden 
kann." (3) 
In diesem Sinne stellt der Glaube bzw. die Hoffnung eine 
Abstraktion dar, die sich sowohl auf die Subjekt- wie 
auf die Objektseite in einer Erkenntnis- und Planungs- 
situation bezieht. 
Einige grundsätzliche Überlegungen zu dieser Subjekt- 
Objekt-Beziehung und die Ableitung eines Planungsmo- 
dells sind der Gegenstand dieser Darstellung. 
Grundschaltungen und Grundfunktionen der Erkenntnis 
und Planung 
Betrachten wir die Subjekt-Objekt-Beziehung unter 
kybernetischem Aspekt, erscheint die Grundfrage, ob es 
"Dinge an sich". gibt oder ob es nur Ideen über die Dinge 
gibt, müßig. 
Die Auffassung, daß ein Mensch eine Funktion seiner 
Umwelt sei und die Auffassung, daß die Umwelt eine 
Funktion des Bewußtseins sei, bilden eine dialektische 
Einheit. (2) 
1. Das Subjekt wird durch seine Umwelt (Feld der Ob- 
jekte) verändert, ist also ein Produkt seiner Umwelt 
2. Das Subjekt kann diese Umwelt verändern, die Um- 
welt ist also ein Produkt des Menschen. 
Veränderung von Subjekt und Objekt und ihre gegensei- 
tige Abhängigkeit ist darstellbar durch die Transformation 
informationeller und nicht informationeller Flüsse. (4) 
In dem hier gebrauchten Sinne bezieht sich der Subjekt- 
Objekt-Begriff ebenso auf Subjekt-Subjekt-Beziehungen, 
wobei jeweils eine Subjektseite als Objekt der anderen 
Subjektseite erscheint (Gesellschaftssysteme). 
Die gegenseitigen Beziehungen sind folgendermaßen dar- 
stellbar: 
ARCH+ 3 (1970) H. 9
	        
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