Diplomseminar an der Architekturfakultät der
TU Berlin
| PLANUNG IN DER BÜRGERLICHEN WIRTSCHAFTS-
THEORIE
IL KRISENMANAGEMENT
IL ÖKONOMISCHE ASPEKTE DER INFRASTRUKTUR
(VERKEHRSPLANUNG)
Redaktionelle Überarbeitung:
Hartmut Frank/Hans-Henning Joeres
Inhalt:
Planung in der bürgerlichen Wirtschaftstheorie
1. Eine positive Wissenschaft
2. Wirtschaftliches Gleichgewicht
2. Wohlfahrtsökonomie
Kompensationskriterien
Subjektive Werttheorie
Zyklen
Neue Ökonomie
Staatseingriff und Sozialstaat
Redistribution
10. Mutmaßungen
(1
Krisenmanagement
1. Wachstumstheorie und Globalsteuerung
Zentralisation der Staatsmacht
Raumordnungspolitik
Städtebaupolitik
Infrastruktur und Bauwirtschaft
% Infrastruktur , Sozialstaat und Kapitalexpansion
IL. Ökonomische Aspekte der Infrastruktur
(Verkehrsplanung)
1. Unbestrittene Nützlichkeit
2. Raumbefruchtung
? Exclusion Principle
Plebiszit
Social Costs
Standortwahl
Finanzierung und Profit
7.
I. Planung in der bürgerlichen Wirtschaftstheorie
"Ganz allgemein ausgedrückt, nützt der grösste Teil
der wirtschaftspolitischen Massnahmen einigen wenigen
Mitgliedern der Gesellschaft, während er allen ande-
ren schadet. Werden solche Massnahmen dennoch ange-
wendet, so heißt das, daß der Staat ihre Vorteile
höher veranschlagt als ihre Nachteile." (1)
1. Eine positive Wissenschaft
Die bürgerliche Wirtschaftswissenschaft stilisiert die
Ökonomie zu einer ’positiven Wissenschaft’, die
"indifferent (ist) gegenüber Zielen, über deren Sinn und
Bedeutung sie nicht mit dem gleichen Recht urteilen
kann, wie über die günstigste Verwendung der Mittel
zur Erreichung dieser Ziele" (2) und eine Wissenschaft,
"die das menschliche Verhalten als eine Beziehung
zwischen Zielen und knappen Mitteln, die alternativen
Nutzen haben, studiert" (3). Auf solchen und ähnlichen
Prämissen wird eine deduktive Wissenschaft aufgebaut.
Diese Prämissen beruhen auf angeblich unbestreitbaren
Erfahrungstatsachen der-gegenwärtigen Wirtschaft. Histo-
rische Erscheinungsformen werden nicht prozesshaft,
sondern als Naturgesetze begriffen. Auf diese Weise
soll erreicht werden, wissenschaftlich begründet den
status quo zu perpetuieren und systemimmanent zu opti-
mieren. Das gesellschaftliche System, von dem ausge-
gangen wird, ist nicht Gegenstand der Untersuchung.
Im Gegensatz zur transzendierenden Marx’schen politi-
schen Ökonomie ist die bürgerliche Ökonomie direkt
zur Anwendung bestimmtes Herrschaftsmittel; und das in
zweierlei Hinsicht.
Einmal als apologetische Ideologie im Überbaubereich,
durch die Vorgabe der Allgemeingültigkeit dieser
Wissenschaft für jedwede Gesellschaftsform, für Robin-
son in gleicher Weise zutreffend wie für die Industrie-
gesellschaft des Spätkapitalismus. "Die Verallgemeine-
rungen der Werttheorie sind ebenso anwendbar auf das
Verhalten des isolierten Menschen wie auf das der
Exekutive einer kommunistischen Gesellschaft wie auch
auf das Verhalten des Menschen in einer Tauschwirt-
schaft." (4) Diese Allgemeingültigkeit soll die auf den
Ableitungen ihrer Theorien beruhenden Entscheidungen
sichern, indem sie ihre Prämissen in unangreifbare
Höhen entrücken.
In eine Kritik wirtschaftlicher Entscheidungen können
somit politische Kategorien nicht mehr eingehen, da ja
vorgeblich die gesellschaftlichen Verhältnisse die Ent-
scheidungsgrundlage nicht beeinflusst haben. Aus der
”politischen Ökonomie’ des 19. Jahrhunderts machte
man deshalb folgerichtig erst eine ’&conomie politique
pure’ und dann eine positivistische ’Wirtschaftswissen-
schaft’
Ihre zweite Bedeutung als Herrschaftsmittel hat die
bürgerliche Ökonomie in ihrer Funktion, die Instru-
ARCH+3 (1970) H. 10