Full text: ARCH+ : Studienhefte für architekturbezogene Umweltforschung und -planung (1970, Jg. 3, H. 9-11)

Diplomseminar an der Architekturfakultät der 
TU Berlin 
| PLANUNG IN DER BÜRGERLICHEN WIRTSCHAFTS- 
THEORIE 
IL KRISENMANAGEMENT 
IL ÖKONOMISCHE ASPEKTE DER INFRASTRUKTUR 
(VERKEHRSPLANUNG) 
Redaktionelle Überarbeitung: 
Hartmut Frank/Hans-Henning Joeres 
Inhalt: 
Planung in der bürgerlichen Wirtschaftstheorie 
1. Eine positive Wissenschaft 
2. Wirtschaftliches Gleichgewicht 
2. Wohlfahrtsökonomie 
Kompensationskriterien 
Subjektive Werttheorie 
Zyklen 
Neue Ökonomie 
Staatseingriff und Sozialstaat 
Redistribution 
10. Mutmaßungen 
(1 
Krisenmanagement 
1. Wachstumstheorie und Globalsteuerung 
Zentralisation der Staatsmacht 
Raumordnungspolitik 
Städtebaupolitik 
Infrastruktur und Bauwirtschaft 
% Infrastruktur , Sozialstaat und Kapitalexpansion 
IL. Ökonomische Aspekte der Infrastruktur 
(Verkehrsplanung) 
1. Unbestrittene Nützlichkeit 
2. Raumbefruchtung 
? Exclusion Principle 
Plebiszit 
Social Costs 
Standortwahl 
Finanzierung und Profit 
7. 
I. Planung in der bürgerlichen Wirtschaftstheorie 
"Ganz allgemein ausgedrückt, nützt der grösste Teil 
der wirtschaftspolitischen Massnahmen einigen wenigen 
Mitgliedern der Gesellschaft, während er allen ande- 
ren schadet. Werden solche Massnahmen dennoch ange- 
wendet, so heißt das, daß der Staat ihre Vorteile 
höher veranschlagt als ihre Nachteile." (1) 
1. Eine positive Wissenschaft 
Die bürgerliche Wirtschaftswissenschaft stilisiert die 
Ökonomie zu einer ’positiven Wissenschaft’, die 
"indifferent (ist) gegenüber Zielen, über deren Sinn und 
Bedeutung sie nicht mit dem gleichen Recht urteilen 
kann, wie über die günstigste Verwendung der Mittel 
zur Erreichung dieser Ziele" (2) und eine Wissenschaft, 
"die das menschliche Verhalten als eine Beziehung 
zwischen Zielen und knappen Mitteln, die alternativen 
Nutzen haben, studiert" (3). Auf solchen und ähnlichen 
Prämissen wird eine deduktive Wissenschaft aufgebaut. 
Diese Prämissen beruhen auf angeblich unbestreitbaren 
Erfahrungstatsachen der-gegenwärtigen Wirtschaft. Histo- 
rische Erscheinungsformen werden nicht prozesshaft, 
sondern als Naturgesetze begriffen. Auf diese Weise 
soll erreicht werden, wissenschaftlich begründet den 
status quo zu perpetuieren und systemimmanent zu opti- 
mieren. Das gesellschaftliche System, von dem ausge- 
gangen wird, ist nicht Gegenstand der Untersuchung. 
Im Gegensatz zur transzendierenden Marx’schen politi- 
schen Ökonomie ist die bürgerliche Ökonomie direkt 
zur Anwendung bestimmtes Herrschaftsmittel; und das in 
zweierlei Hinsicht. 
Einmal als apologetische Ideologie im Überbaubereich, 
durch die Vorgabe der Allgemeingültigkeit dieser 
Wissenschaft für jedwede Gesellschaftsform, für Robin- 
son in gleicher Weise zutreffend wie für die Industrie- 
gesellschaft des Spätkapitalismus. "Die Verallgemeine- 
rungen der Werttheorie sind ebenso anwendbar auf das 
Verhalten des isolierten Menschen wie auf das der 
Exekutive einer kommunistischen Gesellschaft wie auch 
auf das Verhalten des Menschen in einer Tauschwirt- 
schaft." (4) Diese Allgemeingültigkeit soll die auf den 
Ableitungen ihrer Theorien beruhenden Entscheidungen 
sichern, indem sie ihre Prämissen in unangreifbare 
Höhen entrücken. 
In eine Kritik wirtschaftlicher Entscheidungen können 
somit politische Kategorien nicht mehr eingehen, da ja 
vorgeblich die gesellschaftlichen Verhältnisse die Ent- 
scheidungsgrundlage nicht beeinflusst haben. Aus der 
”politischen Ökonomie’ des 19. Jahrhunderts machte 
man deshalb folgerichtig erst eine ’&conomie politique 
pure’ und dann eine positivistische ’Wirtschaftswissen- 
schaft’ 
Ihre zweite Bedeutung als Herrschaftsmittel hat die 
bürgerliche Ökonomie in ihrer Funktion, die Instru- 
ARCH+3 (1970) H. 10
	        

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