der Nähe der Zentren werden Wohnungen für zah-
lungskräftige Mieter gebraucht, ebenso bleiben
einzelne Vororte dieser Schicht vorbehalten.
c) Dem Interesse des Gesamtkapitals entspricht
es, daß die von Staat und Kommunen vorzunehmen-
den unprofitablen Vorleistungen auf bestimmte Orte
konzentriert werden. Die Gemeinschaftsaufgaben
sind in jedem Fall mit Revenueausgaben des Staa-
tes verbunden, sind also Abzug von der Profitmasse,
den das Kapital so klein als möglich zu halten sucht.
"Andererseits sind", wie Jochimsen und Treuner
sagen, "für die Erreichung bestimmter Niveaus
wirtschaftlicher Tátigkeit oder bestimmter Wachs-
tumsraten bestimmte Infrastrukturbündel erforder-
lich. Ist die Ausstattung in einem Teilbereich oder
auch nur in einer Kategorie innerhalb eines Teilbe-
reiches unzureichend, so kann die gesamte poten-
tielle Wirkung der anderen, an sich ausreichenden
Infrastruktureinrichtungen in Frage gestellt sein."
(50) D.h. eine Vorleistung, die das Kapital einen
Abzug in bestimmter Hóhe von der Profitmasse
kostet, hat, an zwei verschiedenen Orten investiert,
nicht die gleiche Wirkung auf den Produktionspreis.
Vielmehr ist ihr Gebrauchswert abhüngig von An-
zahl und Art anderer schon vorhandener Vorleistun-
gen und der Anzahl der davon profitierenden Pro-
duzenten (51).
Die Konzentration der Mittel führt zu einer Raum-
ordnungspolitik, deren Ziel ein System der zentra-
len Orte ist, das sich in Grund- oder Kleinzentren,
Unterzentren, Mittelzentren und Oberzentren glie-
dert (52).
Die Zentren stehen untereinander in einer hierar-
chischen Beziehung, jeweils auf das Zentrum der
nächsthöheren Stufe hin orientiert. Die Erfahrung,
daß die Verdichtungsräume, wenn sie allein den
Gesetzen der kapitalistischen Bodennutzung über-
lassen bleiben, letztendlich in ihrer Funktionsfähig-
keit zusammenbrechen, führt zu Plänen für ihre
Auflockerung: Nebenzentren und Entlastungsorte,
die in günstiger Größe und Entfernung vom Zentrum
einen Teil der Funktionen der Zentren übernehmen
können. Zentrale Orte und Verdichtungsräume mit
Subzentren werden untereinander durch Entwick-
lungsachsen verbunden. Das Oberzentrum liegt da-
bei im Schnittpunkt mehrerer Entwicklungsachsen,
an denen sich die untergeordneten Zentren verschie-
dener Größe aufreihen (53). Leistungsfähige Nah-
verkehrsbänder entlang der Achsen verbinden das
Oberzentrum mit den Subzentren und den ländlichen
Gebieten, "Das den Entwicklungsachsen zugrunde
liegende Ziel, allen in ihrem Bereich liegenden Or-
ten eine hochwertige Versorgung zu ermóglichen,
ist nur dann zu erreichen, wenn der Ausbau der
Entwicklungsachsen im Rahmen einer aufeinander
abgestimmten Raumordnungs- und Stüdtebaupolitik
verfolgt wird. Dazu gehórt es, die verfügbaren
Fórderungsmittel nach Schwerpunkten einzusetzen.
Durch die Konzentration zentraler Einrichtungen,
Arbeitsstätten und Wohnungen an besonders ent-
wicklungsgünstigen Standorten kann innerhalb die-
ses Bereiches eine bessere Verkehrsbedienung und
Versorgung erreicht werden; gleichzeitig werden
die hochwertigen Bandinfrastrukturen in dem not-
wendigen Maße wirtschaftlich ausgenutzt (54)." Das
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Zitat benennt die kapitalistischen Notwendigkeiten
sehr deutlich, denen die Raumordnungs- und Städte-
baupolitik unterliegt und macht zugleich klar, daß
die Verwirklichung nur über Ausweitung der zentral
gesteuerten Planung und unter strengerer finan-
zieller Prioritätensetzung möglich ist. Wir werden
weiter unten herausarbeiten, wie die Instrumente
des StBauFG geeignet sind, diese veränderten öko-
nomischen Notwendigkeiten auch durchzusetzen.
2, Kapital und privates Grundeigentum
an städtischem Boden
Der Boden, der im Interesse des Gesamtkapitals
bzw. einzelner Fraktionen des Kapitals für den Aus-
bau der städtischen Infrastruktur und für die Er-
neuerung und Erweiterung der Städte genutzt werden
soll, steht in der Verfügung eines Grundeigentü-
mers. "Dem Hüuserbau überhaupt ist eine Schranke
gelegt durch das Eigentum eines Dritten am Boden,
worauf das Haus gebaut werden soll." (55) Das pri-
vate Grundeigentum hat aber keineswegs die glei-
chen Interessen in bezug auf den Boden wie das
Kapital, vielmehr verhalten sie sich widersprüch-
lich zueinander (56).
Der Widerspruch von Kapital und privatem Grund-
eigentum wird gegenwärtig auf städtischem Boden
am sichtbarsten. In unserem Zusammenhang ist
wichtig:
a) Die Erfordernisse der Bodenzuteilung im Inte-
resse des Gesamtkapitals, wie wir sie darge-
stellt hatten, kollidieren mit der Art der Boden-
zuteilung nach den Gesetzmäßigkeiten der höch-
sten Grundrente.
b) Das Interesse des privaten Grundeigentums ist
auf die ökonomische Verwertung des Figentum-
titels gerichtet, also auf eine möglichst hohe
Grundrente bzw. deren Erscheinungsform, den
Bodenpreis.
a) Die Folgen einer Bodenzuteilung, die zum Kri-
terium die hóchstmügliche Grundrente pro Flüchen-
einheit nimmt, sind für das Kapital untragbar, da
sie zum Zusammenbruch der Funktionsfühigkeit der
Stadt als Standort mit niedrigerem Kostpreis und
schnellerem Umschlag der Waren führt. Die rüium-
liche Zuordnung der einzelnen Funktionen einer
Stadt geschieht vollig ungeordnet, quasi "naturwüch-
sig', gebaut wird zufüllig dort, wo sich Kapital und
Grundeigentum handelseinig geworden sind, vóllige
Planlosigkeit ist das Ergebnis. Zwischen den Nut-
zungen herrscht ungehemmt Verdrüngungskonkurrenz
Aufgrund der gestiegenen Möglichkeit eines Surplus-
profits erhöht der Grundeigentümer seine Forde-
rungen und wenn das dort angesiedelte Kapital Ab-
züge vom Durchschnittsprofit in Kauf nehmen muß,
wird es sich einen anderen Standort suchen. Be-
stand die alte Nutzung z. B. aus Arbeiterwohnungen.
So übersteigt die erhóhte Miete jetzt den vom Ar-
beiter aufbringbaren Anteil seines Lohnes und die
Nutzungsünderung setzt sich ebenfalls mit tenden-
tieller GesetzmiBigkeit durch.
Die Kennzeichen einer derartigen Stadtentwick-
ARCH- 4 (1972) H. 16