„Raumprogrammaufstellung” 32), wie es damals hieß,
gesehen, somit eine Arbeitsteilung vorgenommen inner-
halb der Gebäudeplanung, oder, in der hier verwendeten
Terminologie, der Planung der baulichen Umwelt, nämlich
zwischen der Erstellung des Programms der baulichen Um-
welt auf der einen und der Entwicklung eines Plans auf
der Grundlage dieses Programms auf der anderen Seite.
Was nicht geleistet war, das war die konzeptionelle Her-
ausarbeitung der mittleren Ebene des Betrieb Ssprozesses,
bzw. derjenigen Ebene, auf die sich die Funktionalität der
baulichen Umwelt bezieht, also der Ebene der Tätigkeiten,
als einer einerseits relativ selbständigen in sich zu organi-
sirenden, andererseits mit der baulichen Umwelt verknüpften
Ebene, Aus diesem, von der Konzeption der Nutzungsplanung aus
gesehen, konzeptionellen Mangel erklärt sich, weshalb ein-
zelne Daten zur Tätigkeitsorganisation — wenn man die-
sen Begriff einmal unterstellt — als relativ unabhängig von-
einander betrachtet wurden, und weshalb man glaubte,
diese über eine standardisierende Befragung erheben zu
können, und weshalb die Beziehung zwischen der Tätig-
keitsorganisation und der Organisation der baulichen Um-
welt reduziert wurde auf eine einseitige Beziehung zwi-
schen der Ermittlung der Daten über die Tätigkeiten und
der Erstellung des Programms der baulichen Umwelt.33)
Zwar zeigte sich die Unzulänglichkeit dieses Ansatzes
schon während der Arbeit an den ersten Projekten, aber
die Versuche, dieser Unzulänglichkeit Herr zu werden,
hatten mehr oder weniger spontanen Charakter und wa-
ren nicht verbunden mit einer grundsätzlichen Revision
des ursprünglichen Ansatzes.
Was die Beziehung zwischen der Ermittlung der Daten
über die Tätigkeiten auf der einen und die Planung der
baulichen Umwelt auf der anderen Seite betrifft. so ent-
32) Dieser Terminus ist abgeleitet von dem Terminus
„Raumprogramm“‘, der im Grunde nichts anderes be-
zeichnete als eine Raumliste, die dem Architekten als
Planungsgrundlage diente, Im Zuge der Erhöhung der
Anforderungen an ein solches Programm und der zu-
nehmenden Orientierung mancher Architekten an
Wissenschaftsbereichen wie Informationstheorie und Ky-
bernetik verschob sich allmählich die Bedeutung des Ter-
minus ‚Programm’”, und es wurde zunehmend auch der
Terminus ‚Programmierung’, und zwar ohne nähere Kenn-
zeichnung des Objekts der Programmierung verwendet.
Aber die neuen Bedeutungen dieser Termini sind nicht prä-
zisiert worden; ihr Gebrauch hatte neben oder eigentlich
vor der (beschränkten) informativen Funktion (über den
Symbolcharakter der Termini) auszeichnende Funktion
(über den Signalcharakter der Termini). Legt man die in der
Anmerkung 10 gegebene Definition zugrunde, so enthält
der Begriff der Programmierung ohne nähere Kennzeichnung
des Objekts der Programmierung im Grunde keine andere
Information über den betreffenden Arbeitsbereich, als die,
daß er einer weiteren Arbeitsphase, für welche eben das
Programm entwickelt wird, vorausgeht.
Dasselbe gilt übrigens für den Terminus ‚Bedarfsermittlung’
In jeder Phase der Planung wird ein Bedarf angemeldet, der
in der nächsten Phase gedeckt bzw. umgesetzt weitergegeben
wird. So mag in der einen Phase ein Bedarf an soundsoviel-
fachem Luftwechsel angemeldet werden, der in der nächsten
Phase umgesetzt wird in einen Bedarf an soundsoviel Qua-
dratmeter Fensterfläche oder in einen soundsogroßen Lüf-
spricht dieser Planungsansatz einem englischen Ansatz,
der entwickelt wurde unter dem Gesichtspunkt der Sy-
stematisierung der Informationsaufbereitung für die Pla-
nung von baulichen Anlagen für die Armee.34) Dieser
Ansatz basiert auf der Überlegung, daß dem Architekten
als Planungsunterlage nicht ein Raumverzeichnis zu geben
sei, sondern Information über die Tätigkeiten, und daß
die Planung der baulichen Umwelt zur Gänze dem Archi-
tekten zu überlassen sei. Die Planungsunterlagen sollen
aus folgenden Teilen bestehen: einer allgemeinen Beschrei-
bung des Betriebs (organization), einer Liste der Tätigkeiten
(activities), einer Sammlung von Blättern mit verschiede-
nen Tätigkeitsdaten und einer Darstellung der Verbin-
dungen zwischen den Tätigkeiten. Analysiert man die
Projekte, in Bezug auf welche dieser Ansatz entwickelt
wurde, so zeigt sich, daß es sich um Projekte handelt, bei
denen die Nutzungsproblematik sich als eine äußerst ein-
fache darstellt. Die verschiedenen Tätigkeiten, bzw., in
der hier verwendeten Terminologie, Tätigkeitseinheiten,
können nämlich relativ unabhängig von Überlegungen
zur Organisation der baulichen Umwelt bestimmt werden.
da man davon ausgehen kann, daß für jede dieser Einhei-
ten ein besonderer Raum geschaffen werden muß.
Was dieser Ansatz leistet, das ist die Sicherstellung, daß
die Ermittlung der Daten über die Tätigkeitsorganisation
im Hinblick auf den Informationsbedarf der Planung der
baulichen Umwelt erfolgt, und daß die Daten diesem Be-
darf entsprechend organisiert und aufbereitet werden. Für
die Bearbeitung von Planungsaufgaben aber, bei denen
die Ermittlung der Daten über die Tätigkeiten selbst
eine sehr komplexe Aufgabe darstellt und so eng mit
der Planung der baulichen Umwelt verflochten ist, daß
sich aus Entscheidungen bezüglich bestimmter Momente
tungsschachtquerschnitt, der schließlich als ein Bedarf an
Holz oder Glas auftauchen wird usw.
Vgl. Modell einer Ganztagsschule — Programmierung und
Auswertung des Wettbewerbs für das Gymnasium Osterbur:
ken, Hrsg. Kultusministerium Baden-Württemberg, Neckar
Verlag, 1968 (Schriftenreihe A „Bildung in neuer Sicht” des
Kultusministeriums Baden-Würtemberg, Nr. 13), S. 26 fund
Modell einer differenzierten Gesamtschule — Programmie-
rung und Auswertung des Wettbewerbs Weinheim/Bergstraße.
Hrsg. Kultusministerium Baden-Württemberg, Neckar Verlag,
1970 (Schriftenreihe A „Bildung in neuer Sicht” des Kul-
tusministeriums Baden-Württemberg, Nr. 21), S. 11 bis S. 20.
Was den genannten konzeptionellen Mangel betrifft, vgl.
z. B.: Modell einer Ganztagsschule a.a.0. S. 39. Vgl. auch
den Versuch der Definition des Wortes ‚Nutzung” unter Eli-
minierung der passiven Seite des hier verwendeten Begriffs
der Nutzung, nämlich als eine Menge von Tätigkeiten, deren
nähere Bestimmung aber gerade aufgrund des Versuchs dieser
Eliminierung nicht gelingen konnte. (Modell einer diffe-
renzierten Gesamtschule, a.a.0., S. 31). Über den genannten
Mangel kann auch der pauschale Hinweis darauf, daß die Dar-
stellung des Planungsprozesses in ihrer Linearität der Kom-
plexität des Planungsporzesses selbst nicht in vollem Maß ge-
recht wird. nicht hinweghelfen.
23)
34)
Planning a Major Building Programme, Hrsg. Ministry
of Public Building and Works, Her Majesty‘s Stationary
Office, London, 1966, Acitivity Data Method, Hrsg.
Ministry of Public Building and Works, Her Maijesty‘s Statio-
nary Office, London (ohne Datum).
(C