Wesens der kapitalistischen Produktionsweise abzielen,
während der dritte Band die Erscheinungsformen der ka.
pitalistischen Wirtschaft als Erscheinungsformen des be-
griffenen Wesens darlegt.”” 42)
Die Behandlung der Grundrente setzt also zum einen voll
entwickelte kapitalistische Produktionsverhältnisse vor-
aus, zum andern die vorher erfolgte und begriffene Dar-
stellung des Wesens dieser Produktionsverhältnisse. Unter
diesen Voraussetzungen fällt die Grundrente unter den
Obertitel „Verwandlung von Surplusprofit in Grund-
rente” (Kapital II, sechster Abschnitt), da nur in dieser
Weise die Zahlung einer Grundrente vom Kapitalisten an
den Grundeigentümer stattfinden kann.
Surplusprofite können aus verschiedenen Ursachen ent-
stehen und sich unterschiedlich in Rente umwandeln las-
sen. Das Wesen und die Arten der Rente im einzelnen
sind Gegenstand der Marxschen Analyse, die wir in den
Kapiteln I bis III als Exzerpt wiedergeben. Dabei ist ver-
sucht worden, die wesentlichen Punkte und den gedank-
lichen Zusammenhang so herauszustellen, daß die Arbeit
als Leitfaden und Orientierungshilfe bei der Lektüre des
„Kapital“ dienlich ist, andrerseits aber auch ohne diese Lek:
türe einen verständlichen Einblick in das Rentenpro-
blem gibt.
Das vierte Kapitel faßt die Möglichkeiten, Surplusprofite
in Renten zu verwandeln, oder umgekehrt durch Renten-
forderungen Surplusprofite zu erzwingen, unter dem
Aspekt des Monopols zusammen und leitet über in den
Bodenpreis, in dem die Besonderheiten der einzelnen
Rentenarten völlig eingeebnet erscheinen. Die Preisbil-
dung auf dem Bodenmarkt führt schließlich in die aktu-
elle Problematik der Bodendiskussion, die hier selbstver-
ständlich nicht ausführlich abgehandelt werden kann.
Es ist lediglich beabsichtigt, die Linie von der Stellung
des Grundeigentums in der bürgerlichen Gesellschaft über
das Wesen der Rente bis zu ihren Erscheinungsformen
aufzuzeigen, und das Verständnis der letzteren aus diesem
Zusammenhang zu erschließen.
[. EINLEITENDES: DIE ÖKONOMISCHE REALISIE-
RUNG DES KAPITALISTISCHEN GRUNDEIGEN -
TUMS IN DER GRUNDRENTE
Die Voraussetzung des kapitalistischen Privateigentums
an Grund und Boden, mit dem wir uns hier ausschließlich
befassen, ist die Befreiung der unmittelbaren Produzen-
ten (Sklaven, Leibeigene) aus’ihrer Stellung eines bloßen
Zubehörs zum Bodens einerseits und der Vertreibung der
Masse des Volkes von Grund und Boden andrerseits. Da-
durch wurde das Grundeigentum von der unmittelbaren
Verknüpfung mit Herrschafts- und Knechtschaftsbedingun:
gen gelöst, der Boden wurde zu einer reinen Arbeitsbedin-
gung, die getrennt von der Person des Eigentümers fungie-
ren kann.
42) Jindrich Zeleny, Die Wissenschaftslogik bei Marx und
„Das Kapital”, Frankfurt 1970, 5. 165 £.
Dies geleistet zu haben, ist das historische Verdienst der
kapitalistischen Produktionsweise, die damit erst die be-
wußte Anwendung wissenschaftlicher Agronomie und die
Rationalisierung der Agrikultur ermöglichte.
Die vollständige Durchsetzung der kapitalistischen Produk
tionsweise in der Landwirtschaft zeigt sich in ihrer klassi-
schen Form in England: Der Grundeigentümer verpachtet
seinen Boden als Produktionsbedingung an einen Pächter-
kapitalisten, der seinerseits landwirtschaftliche Lohnarbei-
ter beschäftigt. Der Pächter verfügt über Kapital, das ihm
wie in jeder anderen Produktionssphäre Profit bringen
muß. Er produziert in der Landwirtschaft Weizen, wie er
anderswo als Fabrikant Garn oder Maschinen produzieren
würde, „Die Unterstellung, daß die kapitalistische Produk-
tionsweise sich der Landwirtschaft bemächtigt hat,
schließt ein, daß sie alle Sphären der Produktion und der
bürgerlichen Gesellschaft beherrscht, daß also auch ihre
Bedingungen, wie freie Konkurrenz der Kapitale, Über-
tragbarbeit derselben von einer Produktionssphäre in die
andere, gleiche Höhe des Durchschnittsprofits usw. in ih-
rer ganzen Reife vorhanden sind.” 43)
Es gilt nun zu untersuchen, wie unter diesen Bedingungen
sich das juristische Eigentum bestimmter Personen am Bo-
den ökonomisch realisieren kann, d. h. also wie sie sich
Teile des Mehrwerts aneignen können.
„Das Grundeigentum setzt das Monopol gewisser Personen
voraus, über bestimmte Portionen des Erdkörpers als aus-
schließliche Sphären ihres Privatwillens mit Ausschluß aller
anderen zu verfügen. Dies vorausgesetzt, handelt es sich
darum, den ökonomischen Wert, d. h. die Verwertung die-
ses Monopols auf der Basis der kapitalistischen Produktion
zu entwickeln. Mit der juristischen Macht dieser Personen,
Portionen des Erdballs zu brauchen und zu mißbrauchen,
ist nichts abgemacht. Der Gebrauch derselben hängt ganz
und gar von ökonomischen Bedingungen ab, die von ihrem
Willen unabhängig sind. Die juristische Vorstellung selbst
heißt nichts weiter, als daß der Grundeigentümer mit dem
Boden verfahren kann, wie jeder Warenbesitzer mit seiner
Ware _” 44)
Für den Grundeigentümer stellt sein Grundeigentum — öko-
nomisch gesehen — nichts weiter dar als die Möglichkeit der
Erhebung einer bestimmten Geldsteuer, die er vermittels
seines Monopols für die Benutzung des Bodens von einem
indsutriellen Kapitalisten, dem Pächter, verlangen kann.
Der Pächter zahlt also dem Grundeigentümer eine kontrakt-
lich festgesetzte jährliche Summe für die Erlaubnis, sein
Kapital in diesem besonderen Produktionsfeld anlegen zu
dürfen, Die Geldsumme heißt Grundrente, einerlei, ob sie
von Ackerboden, Bauboden, Bergwerken, Fischerei oder
Wald gezahlt wird
43) MEW 235, a.a.O., S. 627.
44) a.a.O., 5. 628 £.