Praktisch erscheint nun alles Pachtgeld als Grundrente,
obwohl es sich kategorial aus ganz verschiedenartigen Be-
standteilen zusammensetzen kann. Bevor versucht wird,
das Wesen der eigentlichen Rente zu fassen, sollen daher,
um Verwechslungen auszuschließen, die möglichen Femd
bestandteile der Rente gekennzeichnet werden.
In der Erde kann Kapital investiert werden, wie z. B.
Düngemittel — als mehr kurzfristige Investition — oder
Ent- und Bewässerungsanlagen und Wirtschaftsgebäude
als längerfristige. Hierbei handelt es sich kategorial um
konstantes fixes Kapital, das zunächst auch vom Grund-
eigentümer aufgebracht werden kann. „Der Zins für das
der Erde einverleibte Kapital und die Verbesserung, die
sie so als Produktionsinstrument erhält, kann einen Teil
der Rente bilden, die dem Grundeigentümer vom Pächter
gezahlt wird, aber sie konstituiert nicht die eigentliche
Grundrente, die für den Gebrauch des Bodens als solchen
gezahlt wird ... ” 45)
Historisch wurden diese Kapitalauslagen allerdings häu-
fig vom Pächter gemacht. Nach dem Ablauf der Pachtzeit
fielen die Verbesserungen als „untrennbares Akzidens des
Bodens” an den Grundeigentümer, der im nächsten Ver-
trag eine um diesen Zins erhöhte Rente fordern konnte,
Der steigende Zinsanteil an der Rente ist einer der Gründe
für ihr ständiges Steigen mit dem Fortschritt der Produk-
tivkräfte, Denn „auch diese in Zins auflösliche Rente
wird zur reinen Differentialrente, sobald das augelegte
Kapital amortisiert ist. Dasselbe Kapital müßte sonst als
Kapital doppelt existieren.” 46)
Die Erscheinung einer auf Zins zurückgehenden Rente ver-
führt manche Ökonomen dazu, Rente überhaupt für den
Zins auf ein ausgelegtes Kapital zu halten. Besonders die
Beobachtung, daß der Kaufpreis eines Grundstücks in ei-
ner der Höhe des Zinssatzes entsprechenden Relation zur
Rente steht, scheint die Annahme zu erlauben, daß die
Rente der Zins auf ein imaginäres Kapital ist, das den
Kaufpreis oder Wert des Bodens bildet. Tatsächlich aber
ist der Kaufpreis nicht der Kaufpreis des Bodens, sondern
der Rente, die der Boden abwirft, berechnet nach dem
durchschnittlichen Zinssatz. Die Kapitalisierung der Rente
in ihrem Kaufpreis setzt die Rente voraus, während diese
nicht umgekehrt aus ihrer eigenen Kapitalisierung erklärt
werden kann. Dies-hieße nämlich, die Existenz der
Rente aus ihrer Existenz erklären.
geldes an den Grundeigentümer gezahlt wird. Marx belegt
dies mit Berichten über die Lage der irischen Kleinbauern,
über die Rente bei Kleingärten englischer Fabrikarbeiter
und über die Lage der englischen Pächter während des
Streites um die Korngesetze.
Von hier aus ist es verständlich, „wie Mehrarbeit und
Mehrwert überhaupt mit Gruhdrente, diesem wenigstens
auf der Basis der kapitalistischen Produktionsweise quan-
titativ und qualitativ spezifisch bestimmten Teil des Mehr-
produkts verwechselt wird” 47), und wie es scheinen
kann, „daß dieser besondre und spezifische Bestandteil
des Mehrwerts dadurch erklärt sein, daß man die allge-
meinen Existenzbedingungen von Mehrwert und Profit
überhaupt erklärt.” 48)
Diese Bedingungen’ müssen in der Tat gegeben sein: Die
unmittelbaren Produzenten müssen gezwungen sein,
Mehrarbeit zu verrichten (subjektive Bedingung), und
sie müssen Mehrarbeit auch verrichten können (objektive
Bedingung), d. h. die Produktion der für sie selbst not-
wendigen Lebensmittel darf nicht alle verfügbare Arbeits-
zeit in Anspruch nehmen. Diese Bedingungen sagen jedoch
nichts darüber, wieso und in welcher Höhe sich die Grund-
rente aus der Gesamtmasse des Mehrwerts als besondere
Form desselben abspalten kann.
Diese Frage soll nun in den folgenden Kapiteln beant-
wortet werden. Wir wollen hier nur noch einmal kurz
die Ausgangsthese zusammenfassen:
Die Rente kann sich als Geldrente nur entwickeln auf Ba-
sis der kapitalistischen Warenproduktion. In dem Maße,
in dem sich die Warenproduktion entwickelt und daher
die Produktion von Wert, in dem Maße entwickelt sich
auch die Produktion von Mehrwert. Soweit die Produk-
tion an Boden überhaupt oder an bestimmte Bodenbe-
dingungen geknüpft ist, entwickelt sich aber auch die Fä-
higkeit des Grundeigentums, einen immer größeren Teil
des Mehrwerts vermittels seines Monopols am Boden ab-
zufangen. Die Rente steigt also, gebunden jedoch an die
von ihr unabhängige Entwicklung des Mehrwerts. „Der
Kapitalist ist noch selbständiger Funktionär in der Ent-
wicklung dieses Mehrwerts und Mehrprodukts, Der
Grundeigentümer hat nur den so ohne sein Zutun wach-
senden Anteil am Mehrprodukt und Mehrwert abzufan-
gen. Dies ist das Eigentümliche seiner Stellung . . . ” 49).
Als weiteren Fremdbestandteil kann die Rente einen Ab-
zug vom normalen Arbeitslohn oder vom Durchschnitts-
profit enthalten. Dieser Teil des Arbeitslohnes oder des
Profits erscheint hier in der Form der Rente, weil er
nicht, wie normalerweise, dem Arbeiter oder dem Päch-
terkapitalisten zufällt. sondern in der Form des Pacht-
45) a.2.0.,5. 632.
46) 3a.2.0.,5. 755.
47) a.a.0., 5. 645.
48) a.a.O0., 5. 647.
49) a.a.0.,.5.651.
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