mengesetzt ist, entspricht einer Stufe nicht voll entfalte-
ter gesellschaftlicher Produktivkraft der Arbeit mit entspre-
chend relativ geringem Konzentrationsgrad des Kapitals
und einer entsprechend geringen gesellschaftlichen Ar-
beitsteilung.
These II
Mit weiterer Entwicklung der kapitalistischen Produktions-
weise differenziert und verselbständigt sich die beim Archi-
tekten zusammengefaßte Arbeit in eine Reihe gesonderter
Produktions- und Leitungsfunktionen. Der Architekten-
beruf wird somit von der Entfaltung der Produktivkraft
des gesellschaftlichen Arbeitsvermögens ebenso liquidiert
wie ehedem Berufe wie Wagenbauer von der Arbeitstei-
lung der Fabrikproduktion liquidiert wurden.
Wenn wir im folgenden diese Thesen in groben Linien
ableiten wollen, so soll damit insbesondere das methodi-
sche Vorgehen demonstriert werden, das u.E. erforderlich
ist, um den Wust von Irrationalität, Wunschdenken und
hilfloser kurzfristiger Anpassung an den Bedarf des Ar-
beitsmarktes, wodurch der Architektenberuf gegenwärtig
gekennzeichnet ist, einer rationalen Analyse zugänglich
zu machen,und damit eine grundlegende Neudefinition
von Arbeitsfeldern im Bereich der Bauplanung zu ermög-
lichen.
Wir gehen davon aus, daß das Selbstverständnis einer
Berufsgruppe und ihr gesellschaftliches Image Ausdruck
ihrer jeweiligen historischen Funktion im Entwicklungs-
prozeß der arbeitsteiligen gesellschaftlichen Produktion
ist. Um zu zeigen, daß sich im Architektenbild ein be-
stimmtes ideologisches Selbstverständnis von seiner mate-
riellen Basis im gesamtgesellschaftlichen Produktionspro-
zeß losgelöst hat, werden wir zunächst die der vorherr-
schenden Architektenideologie historisch entsprechende
materielle Basis in der Bauproduktion herausarbeiten,
die sich als eine bestimmte Stufe im Entwicklungsprozeß
der Bauproduktion als Teil der gesellschaftlichen Gesamt-
produktion analysieren läßt. In einem zweiten Schritt
werden wir dann einer solchen Bauproduktion die gegen-
wärtig fortgeschrittensten Erscheinungen in diesem Sek-
tor, soweit sie sich bereits als bestimmende Tendenzen
erwiesen haben, gegenüberstellen, um sie von daher als
im großen ganzen historisch überwunden zu kennzeichnen
wir unsere Untersuchung auf die Phase der kapitalistischen
Warenproduktion und den in ihr erscheinenden Formen
des Architektenberufs beschränken. Denn erst mit der
beginnenden kapitalistischen Produktionsweise und der
damit sich durchsetzenden Trennung von Ökonomie
und Politik, von privater Produktion und ihren gesell-
schaftlichen Voraussetzungen, entfalten sich, wie wir
zeigen werden, diejenigen Funktionen des Architekten,
die dem skizzierten ideologischen Selbstverständnis zu-
grunde liegen. Zwar tritt bereits in der vorkapitalistischen
bürgerlichen Produktion, etwa beim Bau spätmittelalter-
licher und barocker Bürgerhäuser der Architekt mit den-
selben Funktionen und derselben gesellschaftlichen
Stellung als unabhängiger, lediglich für das spezifische
Bauvorhaben in Dienst genommener Planer und Koordi-
nator des Bauprozesses auf. Dies bleibt jedoch, ebenso
wie die vorkapitalistische bürgerliche Produktion selbst,
vereinzelte Erscheinung, quasi Anzeichen der heraufdäm-
mernden neuen Epoche der kapitalistischen Produktions-
weise.
In der Regel stand der Architekt im Mittelalter und im Ab:
solutimus im Dienst eines Feudalherren und war mit den
Planungs- und Leitungsfunktionen sämtlicher anfallender
Bautätigkeiten betraut, sei es Palastbau, fürstlicher Sakral-
bau, der Bau von Verteidigungsanlagen oder der Bau ganzer
Städte samt ihrer einzelnen Gebäude. Da in den Feudal-
herren die besitzende Klasse — i.e. Grund und Boden, das
Produktionsmittel der feudalen Produktionsweise, besitzen-
de — mit der politisch herrschenden Klasse unmittelbar in
personeller Identität zusammenfiel, stand der materielle
Reichtum auch zur unmittelbaren gesellschaftlichen Dispo-
sition, so daß die Fülle der anfallenden, gesellschaftlich
notwendigen Bauaufgaben zwar arbeitsteilig, aber unter
dem Kommando eines Bauherren, des Feudalherren in
einem kontinuierlichen Arbeitsprozeß ausgeführt werden
konnte. Die kontinuierliche Bauproduktion erforderte
naturgemäß die-kontinuierliche Wahrnehmung von Funk
tionen der konstruktiven und ästhetischen Planung und
der Organisation und Aufsicht ihrer adäquaten Verwirk-
lichung, die vom dafür in Dienst genommenen Architek-
ten ausgefüllt werden konnten; denn die wissenschaftliche
Grundlage der Bauproduktion war noch nicht so weit
entwickelt, daß in Arbeitsteilung diese Funktionen auf
verschiedene Spezialisten hätte aufgespalten werden
müssen.
Arbeitsfelder des Architekten in den vor-
kapitalistischen Produktionsweisen
Herausbildung der spezifischen Architektentätig-
keit in der Frühphase des Kapitalismus
Eingang in die Geschichtsschreibung hat der Architekt
bereits im frühen Alterum mit Imhotep, dem legendären
Erbauer der Cheopspyramide, gefunden. Vitruv und die
großen Baumeister der Dombauhütten, die sich selbst
ausdrücklich als Architectus bezeichneten, bilden die
nächsten Höhepunkte der ruhmreichen Berufsgeschichte.
Wenn wir jedoch von den eingangs genannten Charakteri-
stica des heutigen Architektenbildes ausgehen, als deren
wichtigstes ‘“Unabhängigkeit‘ genannt wurde. so können
Mit der Durchsetzung der kapitalistischen Produktionswei-
se verselbständigten sich die Planungsfunktionen der gesell-
schaftlichen Bauleistungen wie Straßenbau, Brückenbau,
Verteidigungsanlagen etc. Denn die kapitalistische Produk
tionsweise differenzierte die Bereiche der Bautätigkeit in
öffentlich betriebene, deren Hauptinhalte die Schaffung
von materieller Infrastruktur in Form von Kommunika-