Wir betrachten nun die Folgen dieser Art der Bodenzutei-
lung unter der Herrschaft des kapitalistischen Privateigen-
tums an Grund und Boden. Es sind dies nicht nur künst-
liches Zurückhalten und Verteuerung des Bodens, sondern
auch Planlosigkeit in der räumlichen Zuordnung der Nut-
zungen, die sich erschwerend für die Entwicklung des Ka-
pitals auswirkt. Zusätzlich wird eine sinnvolle Planung
durch die Vielzahl einzelner Besitzer und die Höhe des
Bodenpreises behindert. In jedem Falle aber belastet das
Grundeigentum mit seinen Rentenforderungen (heute
meist in Form der Baulandpreise) die Produktion auch
unmittelbar. Fortschrittliche Teile des Kapitals waren
daher seit je der Meinung, die Bodennutzung selbst und
ihre bestmögliche Ordnung könnten ohne das private
Grundeigentum billiger und effektiver zu haben sein.
Diese Frontstellung gegen das Grundeigentum zeigt die
mehr oder weniger bewußte Einsicht in den Ursprung
der Rente aus einem ökonomischen Verhältnis zweier
Klassen. Die Klasse der Kapitalisten versucht nämlich,
die Last der Renten dadurch abzuschaffen, daß sie die
Klasse der Grundeigentümer ökonomisch entmachtet.
Mit diesem Versuch wurde freilich aus gesellschaftspoli-
tischen Gründen nie ernst gemacht. Und da inzwischen
die großen Grundeigentümer Kapitalisten und umgekehrt
eine Menge Kapitalisten Grundeigentümer geworden
sind, ist eine Klassenauseinandersetzung nicht über die
Bereinigung der allernötigsten Streitpunkte hinaus denk-
bar. Vielmehr wird der irrationelle Bodenpreis in der
„notwendigen Funktion” des Bodenmarktes rationali-
siert, Zuteilungsinstanz des knappen Faktors Boden zu
sein. Die Reglementierung des Grundeigentums muß
sich dann darauf beschränken, den Bodenmarkt funk-
tionsfähig zu erhalten oder zu machen. Die außerge-
wöhnlichen Bedingungen dieses Marktes liefern auch stets
genügend Möglichkeiten und Rechtfertigungen von Ein-
griffen, deren Erfolge fast immer fragwürdig sind. Denn
dem bürgerlichen Ökonomen müssen die Gesetze des Bo-
denmarkts rätselhaft bleiben, da er ihren eigentlichen
Ursprung nicht anerkennen und vor allem nicht antasten
kann und darf. Seine Maßnahmen erscheinen aus diesem
Grunde ausgesprochen hilflos. Absicht, Wirkungsmög-
lichkeit und Scheitern bestimmter bodenreformerischer
Details aus den ökonomischen Kategorien und den
Marktgesetzen nachzuweisen, übersteigt vorerst auch un-
sere Kräfte, abgesehen davon, daß diese Arbeit nur sinn-
voll wäre, wenn man Grundlagen der Bodenordnung und
Nutzungsverteilung unter entwickelten kapitalistischen
Verhältnissen und darüber hinaus unter den Verhältnissen
der Übergangsgesellschaften erforschen wollte
Eigene Reformkonzeptionen sind nicht das Ziel dieser Ar-
beit. Vielmehr diskutieren wir im folgenden die Rolle des
Grundeigentums und die Rolle der Bodenreformer in der
kapitalistischen Gesellschaft, ausgehend vom allgemeinen
Begriff der Renten als ökonomische Realisierung des kapi-
talistischen Grundeigentums und ausgehend von ihrem Be-
deutungswandel in der Entwicklung der kapitalistischen
Produktionsweise.
GA