Full text: ARCH+ : Studienhefte für Planungspraxis und Planungstheorie (1973, Jg. 5, H. 17-20)

Wir betrachten nun die Folgen dieser Art der Bodenzutei- 
lung unter der Herrschaft des kapitalistischen Privateigen- 
tums an Grund und Boden. Es sind dies nicht nur künst- 
liches Zurückhalten und Verteuerung des Bodens, sondern 
auch Planlosigkeit in der räumlichen Zuordnung der Nut- 
zungen, die sich erschwerend für die Entwicklung des Ka- 
pitals auswirkt. Zusätzlich wird eine sinnvolle Planung 
durch die Vielzahl einzelner Besitzer und die Höhe des 
Bodenpreises behindert. In jedem Falle aber belastet das 
Grundeigentum mit seinen Rentenforderungen (heute 
meist in Form der Baulandpreise) die Produktion auch 
unmittelbar. Fortschrittliche Teile des Kapitals waren 
daher seit je der Meinung, die Bodennutzung selbst und 
ihre bestmögliche Ordnung könnten ohne das private 
Grundeigentum billiger und effektiver zu haben sein. 
Diese Frontstellung gegen das Grundeigentum zeigt die 
mehr oder weniger bewußte Einsicht in den Ursprung 
der Rente aus einem ökonomischen Verhältnis zweier 
Klassen. Die Klasse der Kapitalisten versucht nämlich, 
die Last der Renten dadurch abzuschaffen, daß sie die 
Klasse der Grundeigentümer ökonomisch entmachtet. 
Mit diesem Versuch wurde freilich aus gesellschaftspoli- 
tischen Gründen nie ernst gemacht. Und da inzwischen 
die großen Grundeigentümer Kapitalisten und umgekehrt 
eine Menge Kapitalisten Grundeigentümer geworden 
sind, ist eine Klassenauseinandersetzung nicht über die 
Bereinigung der allernötigsten Streitpunkte hinaus denk- 
bar. Vielmehr wird der irrationelle Bodenpreis in der 
„notwendigen Funktion” des Bodenmarktes rationali- 
siert, Zuteilungsinstanz des knappen Faktors Boden zu 
sein. Die Reglementierung des Grundeigentums muß 
sich dann darauf beschränken, den Bodenmarkt funk- 
tionsfähig zu erhalten oder zu machen. Die außerge- 
wöhnlichen Bedingungen dieses Marktes liefern auch stets 
genügend Möglichkeiten und Rechtfertigungen von Ein- 
griffen, deren Erfolge fast immer fragwürdig sind. Denn 
dem bürgerlichen Ökonomen müssen die Gesetze des Bo- 
denmarkts rätselhaft bleiben, da er ihren eigentlichen 
Ursprung nicht anerkennen und vor allem nicht antasten 
kann und darf. Seine Maßnahmen erscheinen aus diesem 
Grunde ausgesprochen hilflos. Absicht, Wirkungsmög- 
lichkeit und Scheitern bestimmter bodenreformerischer 
Details aus den ökonomischen Kategorien und den 
Marktgesetzen nachzuweisen, übersteigt vorerst auch un- 
sere Kräfte, abgesehen davon, daß diese Arbeit nur sinn- 
voll wäre, wenn man Grundlagen der Bodenordnung und 
Nutzungsverteilung unter entwickelten kapitalistischen 
Verhältnissen und darüber hinaus unter den Verhältnissen 
der Übergangsgesellschaften erforschen wollte 
Eigene Reformkonzeptionen sind nicht das Ziel dieser Ar- 
beit. Vielmehr diskutieren wir im folgenden die Rolle des 
Grundeigentums und die Rolle der Bodenreformer in der 
kapitalistischen Gesellschaft, ausgehend vom allgemeinen 
Begriff der Renten als ökonomische Realisierung des kapi- 
talistischen Grundeigentums und ausgehend von ihrem Be- 
deutungswandel in der Entwicklung der kapitalistischen 
Produktionsweise. 
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